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2012 - Folge 1 - Botschaft aus Stein

2012 - Folge 1 - Botschaft aus Stein

Titel: 2012 - Folge 1 - Botschaft aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei
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trugen, war äußerst detailliert herausgearbeitet, doch von außen hereinwachsende Wurzeln hatten das Werk längst gesprengt und rettungslos geschädigt. Dichtes Pilzgeflecht wucherte in den Rissen. Tom sah, dass es von Asseln und Würmern wimmelte.
    »Die Anlage ist zum überwiegenden Teil in einem jämmerlichen Zustand«, kommentierte der Professor. »Aber was hier investiert werden müsste, würde in anderen Bereichen fehlen, wo die finanziellen Mittel ebenfalls denkbar knapp sind.«
    Ein schon halb zerfallenes Bildfries weckte Ericsons Interesse. Von der Darstellung war nicht sehr viel übrig, dennoch hatte er den Eindruck, diese Anordnung schon gesehen zu haben. Branson beobachtete ihn genau. »Sie wissen es, Tom?«
    »Ich bin mir nicht sicher. Ich fühle mich an das Dekor eines Keramikgefäßes erinnert...«
    »Die scheußlichen Herren der Unterwelt Xibalhä mit all ihren Problemen«, sagte Branson. »In der Mitte, die Figur, das sollte der Gott mit dem fleischlosen Schädel sein. Die Parasiten der rechten Gestalt sind noch einigermaßen deutlich zu erkennen.«
    Xibalha, das war das Ziel aller Verstorbenen. Die Unterwelt der Maya entsprach in keiner Weise den christlichen Vorstellungen einer Hölle. Nach Xibalha, dem Ort der Furcht, kamen alle, die eines natürlichen Todes gestorben waren. Das war das unterste Stockwerk im Kosmos der Maya. Die Mitte nahm die Erde ein und darüber war nur noch der Himmel, der alle empfing, die gewaltsam ihr Leben lassen mussten.
    »Es gibt sehr viele Darstellungen hier, die eine leere Unterwelt zeigen. Sie werden prägnanter, je tiefer wir ins Zentrum der Ruinen vorstoßen.«
    »Sie wissen, dass die Toten in der Unterwelt die widerlichen Götter überlisten können«, erwiderte Ericson. »Wenn sie siegen, steigen sie als Himmelskörper auf.« Er trat von der Wand zurück und ging weiter. Im Hintergrund gab es Durchgänge zu weiteren Räumen.
    Mehrere Kisten standen im Raum verteilt vor den Wänden. Die Beschriftungen verrieten, dass sie stoßempfindliche Ausrüstungsgegenstände enthielten. Davor stapelten sich in Folie eingeschweißte Sechserpacks Mineralwasser und eine Fülle unterschiedlicher Konservendosen, dazu ein gasbetriebener Campingkocher. Ein Müllsack war halb voll mit benutztem Plastikgeschirr und Verpackungen. Drei stabile Luftmatratzen dienten als Schlaflager. »Suchen Sie sich eine davon aus.«
    Der Professor ließ ihn nicht aus den Augen, das wurde Ericson in diesem Moment erst richtig bewusst. Eigentlich versuchten sie gegenseitig, einander einzuschätzen.
    »Ich denke, dass wir beide hier zum Erfolg kommen werden«, stellte der Grabungsleiter fest. »Die Stele ...« Er biss sich auf die Unterlippe. »Ach was, kommen Sie einfach mit - ich zeige Ihnen alles.« Die Wandbilder veränderten sich, je weiter sie vordrangen. Tom fand eine vollständige, wenn auch stark in Mitleidenschaft gezogene Darstellung des Schöpfungsmythos der Maya. Die Götter hatten mehrere Anläufe unternehmen müssen, um die Menschen entstehen zu lassen. Beim ersten Mal konnten diese sich nicht richtig artikulieren, dann verfügten sie weder über Gedanken noch Gefühle und hatten teils furchterregende körperliche Makel. Jeden ihrer fehlerhaften Versuche hatten die Götter wieder vernichtet. »Ist es den Göttern beim dritten Mal gelungen?«
    Erst als er Bransons irritierten Blick auf sich fühlte, wurde sich Ericson bewusst, dass er die Frage laut ausgesprochen hatte.
    »Sie meinen die Schöpfungsversuche?«, fragte der Professor. »Soll ich Ihnen eine Antwort geben?«
    »Haben Sie denn eine?«
    »Noch nicht. Aber ich hoffe, bald.«
    Kälte lag plötzlich in Bransons Stimme.
    Nahezu zwei Stunden nahm der Rundgang in Anspruch. Danach saßen die beiden Männer auf den Ausrüstungskisten beieinander. Tom trank aus einer der Wasserflaschen. Branson brühte sich einen Kaffee, dessen kräftiges Aroma sogar den Dieselgeruch überlagerte. Er musterte seinen Gast aus zusammengekniffenen Augen.
    »Und? Was halten Sie davon, Tom?«
    Ericson zögerte. »Die Tempelanlage konzentriert sich auf den Alten Feuergott«, antwortete er nachdenklich. Aus einer aufgeweichten Pappverpackung zog er eine Dose mit gesalzenen Erdnüssen hervor und öffnete sie. Branson hob abwehrend die Hand, als Tom ihm die Dose hinhielt. »Der Alte Feuergott gehört zwar zu den ältesten Gottheiten der Maya, aber hier hat es den Anschein, als gäbe es nur noch ihn.«
    Branson zog lediglich eine Braue hoch. Es war deutlich, dass

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