2018 - Der Untergang der Krone
Augenzeugen beizuwohnen.
Es dauerte Tage, bis der Schmetterling mit der Sporenwolke verschmolzen war und eine Einheit bildete. Dann passierte etliche Tage nichts weiter, was die Rautak selbst mit ihren sensibelsten Ortungsgeräten hätten anmessen können.
Sie sahen lediglich durch ihre Fernsichtgeräte, wie die Gestalt des Schmetterlings durch den Staub der Sporenwolke hindurchschien. Der Schmetterling wechselte beständig die Farben und die Muster seiner Flügel, die faszinierenden Spiralformen schienen ein Eigenleben zu entwickeln, als wollten sie die inneren Lebensprozesse dokumentieren.
Sorrmo dehnte ihre Sporenwolke aus und zog sie wieder zusammen, wie um ihre neu gewonnene Lebenskraft zu zeigen. Es war wie das Atmen einer höheren Entität. Die Pulsation der Dunkelwolke, anfangs noch träge und in Stunden zu messen, wurde rascher. Und sie dehnte sich in den Plusphasen immer weiter aus, während sie in den Minusphasen kaum mehr schrumpfte.
Bald erreichten ihre Ausläufer die äußersten Planeten des Auroch-Maxo-Systems und drangen bei der nächsten Plusphase bereits zu den inneren Planeten vor - tangierten schließlich die Sonne selbst.
Damit war der Prozeß noch lange nicht abgeschlossen.
Die Form des Schmetterlings war längst verblaßt, hatte sich während der voranschreitenden Verschmelzung aufgelöst, Aber man hätte weder sagen können, daß Sorrmo Koridecc absorbiert hatte, noch war der umgekehrte Fall eingetreten.
Es war einfach so, daß die beiden Entitäten auf eine nicht vorhersehbare - oder beabsichtigte - Weise miteinander reagierten. Sie hatten etwas in Gang gesetzt, was nicht mehr aufzuhalten war.
Die Sporenwolke war nun eins mit dem Schmetterling. Aber beide waren sie deshalb keine Einheit.
In dem Konglomerat aus zwei gegenpoligen Wesenheiten wurden Kräfte wirksam, die gegeneinander wirkten.
Sorrmo-Koridecc hatte längst eine Ausdehnung erreicht, die weit über die Grenzen des Auroch-Maxo-Systems hinausreichte und die Sonne mit all ihren Planeten einhüllte.
Noch einmal fiel die Sporenwolke in sich zusammen, bevor sie sich in einer unglaublichen psionischen Explosion entlud.
Es war wie die Geburt einer Supernova! Nur auf gewisse Art weit elementarer. Und insgesamt viel weitreichender als jede Supernova. Die Eruption kostete die Sporenwolke sechzig Prozent ihrer Gesamtmasse. Die Sporen wurden mit solcher Wucht davongeschleudert, daß sie im Laufe der Zeit die gesamte riesige Kugelgalaxis durchdrungen - und sogar über ihre Grenzen hinaustrieben.
Die restlichen vierzig Prozent, die am Ort der Eruption verblieben waren, kontrahierten wieder. Sie formierten sich schließlich zu einer extrem verdünnten, fünfdimensional strahlenden, linsenförmigen Wolke mit einer größten Ausdehnung von etwa fünfzig Lichtstunden. Und dieses unglaublich riesenhafte Gebilde hüllte von nun an das Auroch-Maxo-System ein.
Was wie ein Ereignis von elementarer Vernichtungskraft gewirkt hatte, war in Wirklichkeit der Entstehungsprozeß von etwas Neuen. In der Tat war alles den Sporen innewohnende Leben von Sorrmo abgetötet worden. Auch das, was Koridecc „belebt" hatte, war nun nicht mehr.
Was übriggeblieben war, war eine mächtige Wolke aus ultrahochfrequentem, hyperenergetisch aufgeladenem kosmischen Staub. Doch dieser Staub hatte einen neuen Status erlangt, er hatte ein neues Bewußtsein gebildet. Aus der wundersamen Synthese von Schmetterling und Sporenwolke war eine neue Entität entstanden.
Eine Wesenheit mit dem Status einer Superintelligenz.
Es war die Koridecc-Substanz, die für die neue Entität den Namen ESTARTU prägte.
In der Sprache des Koridecc bedeutete dieser Begriff soviel wie grenzenloses Glück.
DIE SCHULE DER KOSMOLOGEN
I.
Es fragte der Schüler den Lehrer: „Verehrter Meister Isgaben, ist es denn in den Analekten belegt, daß Rautak wie Alei-Gynosa, Avy-Sonder und die anderen zu ihrer Zeit wirklich gewirkt haben?"
Der Lehrer antwortete: „Mein lieber Fangue, du darfst das nicht so eng sehen. Namen sind wie Schall und Rauch. Es kommt auf die Charaktere an, die einst durch das Auftauchen von Sorrmo geprägt wurden. Und die sind absolut stimmig."
Schüler: „Aber verehrter Meister Isgaben, ist es denn auch Rechtens, so konkrete Aussagen über ein Thema zu machen, für das es keine Zeitzeugen gibt? Ich meine ..."
Lehrer: „Was wir tun, ist legitim, Fangue, da kannst du mir vertrauen. Es ist der künstlerischen Freiheit gestattet, solche Aussagen zu machen, solange
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