2159 - Raumschiff Leuchtkraft
wieder aufzufinden. Er dachte eine ganze Weile nach, bevor er sich entschied, einen Versuch mit dem Funkgerät zu unternehmen. Grund des Zögerns war nicht die Furcht vor Entdeckung, sondern ironischerweise der Gedanke, dass Monkey jeglichen Funkkontakt sicher abgelehnt hätte. „Monkey! Können Sie mich hören?
Monkey!"
Keine Antwort. Alaska Saedelaere hatte instinktiv nicht damit gerechnet und empfand deshalb keine Überraschung.
Eine Stunde lang wanderte er einfach geradeaus. Noch immer keine Spur. Monkey hatte entweder die Uferseite gewechselt aus welchem Grund, ,oder er war ertrunken?
Alaska Saedelaere wunderte sich, dass der blasphemische Gedanke ihm so leicht durch den Kopf ging. Sein Begleiter war ein Unsterblicher, sein Tod gewiss eine Katastrophe für die Menschheit. Dennoch brachte der Träger der Haut es nicht fertig, echte Betroffenheit zu empfinden.
Davon abgesehen, Oxtorner waren zäh und Monkey vielleicht der zäheste von allen.
In Gedanken stelle Saedelaere eine Liste der Dinge auf, die dringlich zu tun waren: Erstens musste er Samburi finden. Zweitens musste er die Abschaltung des Schwarms Kys Chamei verhindern. Drittens musste er Monkey ausfindig machen.
Und viertens musste er einen Weg aus dem Raumschiff LEUCHTKRAFT finden. Die Nummer eins auf seiner Liste kam nicht von ungefähr.
Saedelaere betete insgeheim, Samburi möge mit der geheimnisvollen Humanoiden aus der Höhle identisch sein. Etwas an ihrem Anblick berührte sein Gefühl. Er konnte nichts dagegen tun, dass sie von der Sekunde der ersten Begegnung an in seinem Kopf einen Platz hatte.
Saedelaere hörte im selben Moment ein seltsames pfeifendes Geräusch.
Der ehemalige Maskenträger, heute Träger der Haut, hob den Kopf, blickte über die Felsengrate hoch Richtung Abendsonne und gewahrte von stromabwärts her eine Formation keilförmiger Gleiter.
Saedelaere zählte elf Maschinen. Sie waren das erste Zeichen hoch stehender Technologie, das er in der Flusswelt der LEUCHTKRAFT zu Gesicht bekam.
Die Gleiter zogen über ihn weg, schätzungsweise mit halber Schallgeschwindigkeit, ohne von dem Eindringling Notiz zu nehmen, und verschwanden in Gegenrichtung unter dem Horizont.
Alaska, nähre mich!, vernahm er die mentale Stimme der Haut. Ich bin sehr, sehr hungrig.
Im Geist antwortete er: Es ist noch lange nicht Zeit.
Saedelaere spürte ein unruhiges Kräuseln in seinem Nacken, doch die Haut wagte nicht, seine Entscheidung in Frage zu stellen.
Er stapfte am Ufer entlang, in einer scheinbar sinnlosen Wanderung, und brachte eine scharfe Biegung hinter sich. Der Fluss war an dieser Stelle gefährlich. Diverse Strudel zeichneten sich über seichten Stellen als Kräuselung auf dem Wasser ab.
Aber das war es nicht, was Saedelaere aufmerken ließ. Stattdessen fiel sein Blick auf eine Art Festung, die einige hundert Meter über dem Strom in den Felsen gebaut war.
Die Burg bestand aus schwarzem Gestein. Tiefschwarz wie ein Zeitbrunnen oder wie die Augen der Frau aus der Höhle, die vielleicht Samburi Yura war.
Alaska Saedelaere machte unterhalb der Festung eine schmale, gewundene, in blanken Stein gehauene Treppe aus, die vom Ufersaum bis hoch zum Burgtor führte.
Die Treppe befand sich auf seiner Seite des Stroms. Zum Glück, denn er hätte an dieser Stelle den Fluss nicht durchqueren können.
Saedelaere hatte wenig Hoffnung, Monkey ausgerechnet in der Festung wiederzufinden. Dennoch fasste er die Treppe ins Auge. Die Stufen waren unregelmäßig in den Stein gehauen, meist um die dreißig Zentimeter hoch, passend für Terraner wie für Zwergandroiden.
Saedelaere empfand die Festung als bedrohlich. Es gab weder Bewohner, die sich sehen ließen, noch Zeichen einer Nutzung, noch gab es Hinweise, wer in dieser Gegend für eine Burg eine Verwendung hatte.
Die Festung wirkte wie ein Gefängnis. Wie ein Verlies für einen ewigen, unsterblichen Gefangenen.
Saedelaere brachte die letzten Stufen mit aufgestellten Nackenhaaren hinter sich. Obwohl er wusste, dass es Unsinn war, dass ihm im Anzug der Vernichtung nichts passieren konnte.
Die Pforte der Festung stand offen. Der Boden bestand aus Holz und wies Spuren einer Jahrhunderte dauernden Nutzung auf. Dennoch vernahm Saedelaere keinen Laut aus dem Inneren.
Er betrat ein mit marmorartigem Stein getäfeltes Entree. Das Geräusch seiner Schritte hallte tausendfach wider. „Hallo!", rief er in der Sprache der Mächtigen. Seine Stimme klang hohl und unpersönlich. „Ich bin ein Besucher!
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