Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes

WOLFSTRÄUMER
    Im Traum gingen er und der Wolf Seite an Seite. Kein Hunger raubte seinen Gliedern die Kraft oder verwirrte seinen Kopf. Er ging in flottem Tempo, der Wolf in lässigem Trab dicht hinter ihm.
    »Da!« Der Wolf wies mit der Schnauze nach vorn. »Siehst du? Dort im Süden?« Vor seinen Augen funkelte das Große Eis, eine bedrohliche Wand aus Kälte und blauem Eis unter Gebirgen von Schnee.
    Beim Näherkommen geriet ein von breiten Ufern gesäumter Fluß in ihr Blickfeld. Der Fluß brach aus einer Felsspalte hervor.
    »Das ist der Weg, Mann des Volkes.« Die Stimme des Tieres hallte als Echo von den Felswänden wider. »Ich zeige dir den rettenden Weg…«
    Gedrängt von der Verheißung einer Furcht einflößenden Vision führte ein Weltabgeschiedener, mutiger Träumer sein Volk auf eine heldenhafte Wanderung. Sie entdeckten einen fruchtbaren, unberührten Kontinent. Dieser wurde zur Heimat des Volkes und seiner Nachkommen. Das ist die wahre Geschichte der ersten Amerikaner, die monumentale Saga der »People of the Wolf«.
HAUPTPERSONEN
    Getrieben von der Macht eines Traums erkämpften eine Handvoll Männer und Frauen mühsam den Weg in ein neues Land der Verheißung und des Überflusses …
    DER IM LICHT LÄUFT Der junge Jäger, der Liebe und Macht opfert, um einer mystischen Vision zu folgen, und der den Namen WOLFSTRÄUMER erhält.
    TANZENDE FÜCHSIN Die mutige junge Frau, die die Demütigungen eines alten Schamanen und eines hochmütigen Kriegers erduldet, um Wolfsträumer zu folgen und ihr Volk in ein glorreiches Schicksal zu führen.
    RABENJÄGER Wolfsträumers düsterer Zwillingsbruder, der sich der Vision seines Bruders widersetzt und das Volk auf den Weg eines blutigen Rachefeldzugs führt.
    REIHER Die von allen unabhängige Medizinfrau, die Wolfsträumer als Schüler annimmt und in die Geheimnisse ihrer Ehrfurchtgebietenden Kräfte einweiht.
    EISFEUER Kriegshäuptling des Mammut-Clans, Feind des Volkes, dessen lange streng gehütetes Geheimnis das Schicksal von Wolfsträumer und seinem Volk nachhaltig verändern wird.

EINLEITUNG
    FÜR RICHARD S. WHEELER
    DER HALF, DEN TRAUM ZU VERWIRKLICHEN
    Der kleine Laster holperte und schleuderte über den unebenen, von Dornengestrüpp überwucherten Boden. Die geländegängigen Reifen mit dem tiefen Profil wirbelten kleine Wolken roten Staubes auf.
    Mit dem Allradantrieb kämpfte sich der Wagen einen erodierten Hang hinauf, schwankte und hüpfte über die üppig mit blaugrünem Salbei bewachsene Hochebene und steuerte hinüber zu einem Parkplatz zwischen gelben Baumaschinen, die unterhalb des Hangs auf der anderen Seite der Ebene abgestellt waren.
    Der Wagen hielt. Der aromatische Duft von zermalmtem Salbei hing in der Luft, und unangenehmer alkalischer Staub schwebte wie leichter Nebel über der Landschaft. Zwei Planierraupen, ein Bagger und ein spezieller Grabbagger für eine Pipeline standen ordentlich aufgereiht neben kleineren Baumaschinen, Last und Geländewagen. Kein Motorengeräusch war zu hören, nur das unablässige Wispern des Windes, in das sich leises Stimmengewirr mischte.
    Schwungvoll öffnete der Fahrer die Tür, sprang aus dem Wagen, streckte und dehnte den Körper nach der anstrengenden Fahrt. Aus dem Graben, in dem einmal die Leitung verlaufen sollte, tauchten ein paar Köpfe mit gelben Schutzhelmen auf.
    »Na endlich!« Ein Vorarbeiter stemmte die Arme auf den Grabenrand und wuchtete sich ächzend heraus. »Wird aber auch Zeit, daß Sie kommen. Ihr verdammten Archäologen kostet mich eine Stange Geld! Bis zum zehnten Dezember muß die Leitung verlegt sein. Jeder Tag Verspätung bedeutet eine Mehrausgabe von zehntausend Dollar. Der Bauunternehmer wird toben, das kann ich Ihnen sagen.«
    Der Fahrer schüttelte ihm die Hand und nickte verständnisvoll. »Ja, ich weiß. Also los. Sehen wir gleich nach, was anliegt. Normalerweise wird man in einem solchen Boden kaum fündig, obwohl er unter geomorphologischen Gesichtspunkten an die fünfzehntausend Jahre alt sein muß. Das bedeutet das Ende des Pleistozäns. Wir haben es hier mit Tiefengestein zu tun. Könnte schon eine Fundstätte sein, vielleicht ein Grab. Wer weiß?«
    Der Fahrer wandte sich wieder seinem kleinen Laster zu, beugte sich über den Schalthebel und holte schließlich nach längerem Herumhantieren eine alte Munitionskiste aus Militärbeständen und einen ramponierten Aktenkoffer hervor.
    Die beiden Männer kehrten zum Graben zurück und blickten hinunter. Der Bagger hatte