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22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

Titel: 22 - Im Reiche des silbernen Löwen III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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umwenden muß, wenn er ihn auszugeben hat und ihn vielleicht auch dann noch wieder in die Tasche steckt. In dieser Beziehung hatten wir an Lindsay einen höchst schätzbaren Kameraden gehabt, dessen Noblesse für einen anderen an meiner Stelle sehr wahrscheinlich eine gute Einnahmequelle gewesen wäre. Und schließlich war, um auch das nicht zu vergessen, seine Originalität für uns eine nie versiegende Quelle stiller Heiterkeit gewesen, und es durfte angenommen werden, daß wir nun wieder aus ihr schöpfen dürften.
    Wir sahen, daß er, obgleich der Wirt ihn schon zweimal zum Gehen aufgefordert hatte, in aller Behaglichkeit seinen Sitz behielt. Er schien über etwas nachzudenken, wahrscheinlich darüber, was er noch verlangen und aber auch verzehren könne, denn ihm, dem personifizierten Gentleman, war es fatal, in einem öffentlichen Lokal zu sitzen, ohne eine anständige Zeche machen zu können. Endlich war ihm ein Einfall gekommen:
    „Frank Kahwe!“ verlangte er.
    Unter Frank Kahwe oder Frank Kahwese, fränkischem Kaffee, versteht man Schokolade.
    „Habe ich nicht“, antwortete der Wirt.
    „Kakao!“
    „Ich weiß nicht, was das ist.“
    „Sherry!“
    „Das verstehe ich nicht.“
    Da öffnete Lindsay den Mund zu einem sperrangelweiten Gähnen. Er fühlte sich dadurch, daß er nicht bekam, was er verlangte, gelangweilt, und seine Nase blickte tief in das jetzt unter ihr gähnende, mit kräftigen Zähnen umsäumte Loch, ob nicht doch vielleicht daraus ein Wunsch erscheinen werde, der zu erfüllen sei. Und da kam er auch:
    „Scherbet!“ erklang das erlösende Wort.
    Der Somali beeilte sich, das verlangte Zuckerwasser mit Fruchtsaft zu bringen, und bekam dafür ein so reichliches Bakschisch zugeworfen, daß sein Gesicht vor Freude glänzte und er sich durch eine dreimalige tiefe Verneigung bedankte.
    Lindsay hob das Getränk zum Mund und versuchte es; es schien ihm zu schmecken, denn er tat dann noch einen tiefen Zug. Indem er das Gefäß wieder absetzte, fiel sein Blick hinein. Da wurden seine Augen noch einmal so groß; sein Gesicht nahm den Ausdruck des Entsetzens an, und seine Nase sträubte sich vor Schreck empor.
    „All devils!“ rief er aus, den Scherbet weit von sich streckend.
    „Da ist ja ein – ein – – – ein – – – wie heißt snail auf arabisch?“
    „Ich weiß wieder nicht, was du meinst“, antwortete der Wirt. „Ist etwas in dem Scherbet? Zeig her! Ich will sehen, was es ist.“
    Durch die Freigebigkeit Lindsays dienstwillig gemacht, sprang er auf, nahm ihm das Getränk aus der Hand und sah nun dasselbe, was der Englishman gesehen hatte. Ohne aber ebenso zu erschrecken, sagte er vielmehr im ruhigsten Tone:
    „Eine Bazzaka, eine ganz kleine Bazzaka (Schnecke), gar nicht viel länger als mein Mittelfinger nur! Allah hat sie ebenso geschaffen, wie er uns geschaffen hat; wer könnte sich da grauen! Es wäre schade, jammerschade um die Süßigkeit. Ich werde dir einen anderen Scherbet bringen lassen.“
    Er nahm die Schnecke heraus, warf sie fort, trank die Limonade bis auf den letzten Tropfen aus und setzte sich dann wieder auf seinen Platz. Als dann der Somali Ersatz brachte, deutete ihm Lindsay durch eine sehr entschiedene Handbewegung an, daß er das Zeug gar nicht sehen, am allerwenigsten aber trinken möge, worauf der braune Jüngling es für weltgeschichtlich notwendig hielt, das verschmähte Getränk sich in das eigene Gemüt zu dirigieren.
    Als er dies vollbracht hatte, trat er mit seinem nackten Fuß die Schnecke breit und zog sich dann triumphierend zu seinem Kaffeefeuer zurück. Lindsay aber machte ein Gesicht, als ob die Qualen aller an unheilbarem Weltschmerz leidenden Menschenkinder in sein Inneres eingezogen seien, und seine Nase, die bekanntlich mit ihren Regungen sich zu den Gefühlen ihres Herrn in steter Kongruenz befand, hing trauernd ihre aus Abscheu vor der Bazzaka ganz weiß gewordene Spitze nieder. Diese doppelte Betrübnis machte einen so tiefen Eindruck auf den Wirt, daß er den in seinem Innern vollständig aus dem Gleichgewicht gebrachten Gentleman fragte:
    „Ist dir übel geworden? Dann rate ich dir, einen Araki zu trinken.“
    „Araki?“ fuhr Lindsay auf. „Ja, einen Arak will ich haben, aber klein darf er nicht sein!“
    „Er wird so groß sein, daß auch ich mittrinken kann.“
    „Ich danke! Wenn du auch trinken willst, so laß einen für dich besonders kommen!“
    „Auch so groß wie der deinige?“
    „Ja.“
    Da ertönte die Stimme

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