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22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

Titel: 22 - Im Reiche des silbernen Löwen III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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genug war, aber dennoch die Absicht verriet, sich noch weiter, bis zum Kinn hinab, zu verlängern. Wenn ich dazu bemerke, daß diese Nase von den Spuren einer einst auf ihr gesessenen Aleppobeule verschönert wurde, so wird man wohl schon jetzt erraten, wer dieser Gast des Kaffeehauses war. Der bloße, dürre Hals ragte aus einem sehr breiten, umgelegten und tadellos geplätteten Hemdkragen hervor; dann folgte ein graukarierter Schlips, eine graukarierte Weste, ein graukarierter Rock, graukarierte Beinkleider, graukarierte Gamaschen und staubgraue Zugstiefeletten. Um seine Taille ging ein graukarierter Gürtel, in welchem mehrere Revolver und Messer steckten. Von der einen Schulter bis zur anderen Hüfte zog sich hinten und vorn eine schmale, graukarierte Patronenkatze herab. Auf dem Rücken hing in einem graukarierten Überzug ein ungewöhnlich großes Gewehr, und in der Hand trug er ein kleines, welches auch in einer graukarierten Umhüllung steckte.
    Dieser graukarierte Mann ging steif und würdevoll auf eines der an den Wänden liegenden Sitzkissen zu und bog die Knie ein, um sich in orientalischer Weise mit untergeschlagenen Beinen auf dasselbe niederzulassen, verlor dabei aber aus Mangel an Übung und Überfluß an Ungelenkigkeit das Gleichgewicht und kam mit weit ausgespreizten Beinen und einem kräftigen Plumpse derart auf das Kissen nieder, wie ein regelrechter Europäer regelrecht zu sitzen hat.
    „Thunder-storm!“ rief er, darob zornig, aus, besann sich aber sogleich eines Bessern und rief dem Somali in befehlendem Ton das eine Wort zu:
    „Tschibuk!“
    Der ostafrikanische Jüngling nahm eine der Pfeifen, die er gestopft hatte, schob die Spitze in den Mund, legte ein Stück glühende Holzkohle auf den Tabak, sog den letzteren in Brand und reichte dann dem Fremden Tschibuk mit einer graziösen Bewegung hin.
    „Chanzier (Schwein)!“ fuhr ihn dieser an und schlug ihm die Pfeife aus der Hand, daß sie dem Wirt vor die Füße flog.
    Dieser begriff den Grund dieses hier seltsamen Verhaltens und erklärte dem Nikotin-Ganymed:
    „Der Fremde ist ein Inglis, der den Tschibuk nicht aus deinem Maul haben will; er brennt sich den Tabak selber an.“
    Infolge dieser Belehrung holte der Somali eine andere Pfeife und andere Kohle. Der Engländer griff zu und tat einige Züge; da machte seine Nase eine energische, sich sträubende Bewegung, worauf diese zweite Pfeife hin zur ersten flog.
    „Was ist's?“ fragte der Wirt. „Warum wirfst du auch diesen Tschibuk weg?“
    „Duchan (Tabak) miserabel!“ antwortete der Gefrage.
    „Du sprichst vom Tabak, aber ich verstehe dich nicht. Was bedeutet das andere Wort?“
    „Duchan batall!“ lautete nun der ganz arabische Bescheid.
    „Ich habe keinen bessern. Wenn es dir bei mir nicht schmeckt, so kannst du gehen!“
    „Kahwe!“ befahl hierauf der Gast, der ruhig sitzen blieb.
    Der Somali ging zum stets brennenden Mangal (Kohlenbecken), bereitete eine Tasse Kaffee und brachte sie ihm. Der Inglis roch daran, tat versuchsweise einen Schluck, goß dann die Tasse aus und rief mit einer Gebärde des Abscheus:
    „Kahwe battal dschiddan (Der Kaffee ist sehr schlecht)!“
    „Wenn er dir nicht schmeckt, so kannst du gehen!“ meinte der Wirt im orientalischen Gleichmut, fügte aber vorsichtig hinzu, „nachdem du vorher bezahlt hast!“
    „Kaddaisch tamano (Wieviel kostet es)?“ erkundigte sich der Engländer.
    „Ischrin kurusch – zwanzig Piaster.“
    Das war eigentlich eine Prellerei und sollte eine Strafe für das beleidigende Verhalten des Gastes sein. Dieser zog gleichmütig ein Geldstück aus der Tasche und warf es hin; der Somali hob es auf und brachte es dem Wirt.
    Als dieser Miene machte, herauszugeben, deutete der Engländer durch eine wegwerfende Handbewegung an, daß er nichts wiederhaben wolle. Den erstaunten Gesichtern der beiden anderen war deutlich anzusehen, daß der zurückgewiesene Überschuß ein bedeutender war.
    Ich wunderte mich gar nicht über diese Generosität, die meinem alten, braven David Lindsay zur zweiten Natur geworden war. Lindsay – da habe ich nun doch verraten, wer dieser graukarierte Fremde war! Ja, man denke sich mein und Halefs Erstaunen und unsere Freude, Lord Lindsay so unerwartet hier zu sehen! Ich wußte, daß er jetzt jahrelang nicht in seinem Altengland gewesen war; er hatte sich immerwährend auf Reisen befunden und mir vor vierzehn Monaten aus der Kapstadt den letzten Brief geschrieben. Wohin er sich von dort aus wenden

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