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226 - Das Schädeldorf

226 - Das Schädeldorf

Titel: 226 - Das Schädeldorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn
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Bretterverschlag sicherte den Zugang. Das Holz war so verzogen, dass es sich weder nach innen drücken, noch nach außen ziehen ließ. Kurzerhand trat Matt dagegen. Er leuchtete mit seiner Stablampe in die entstandene Öffnung.
    Verwitterte Stufen führten nach unten. Hintereinander stiegen sie vorsichtig hinab und gelangten in einen quadratischen Raum. Von der Decke hingen unzählige Spinnweben. Verstaubte Kisten und Truhen stapelten sich vor den gemauerten Wänden. In der Frontseite gegenüber dem Eingang glänzte eine metallene Tür. Doch als sie sich ihr näherten, erkannten sie, dass es kein Metall, sondern eine kompakte kristallisierte Masse war, die aus der Wand quoll. Matt untersuchte das seltsame Material. »Sieht organisch aus, ist aber hart wie Stahl«, sagte er nachdenklich.
    Yann legte seine Hand auf die Masse. Sie war wirklich steinhart, fühlte sich dabei jedoch warm an. Einen Moment lang glaubte er sogar, ein leichtes Pulsieren unter seinen Fingern zu spüren. Aber das kam wohl eher daher, dass seine klammkalten Glieder sich hier unten langsam aufzuwärmen begannen.
    Irgendeine Idee?, wandte sich Yann mental an seine beiden »Untermieter«.
    Auf dem Mars gab es Käfer, deren Nester ähnlich beschaffen waren, gab Gilam’esh zurück.
    »Vielleicht Käfer?«, fragte Yann laut in die Runde.
    Aruula rieb sich fröstelnd die Unterarme. »Das müssten aber verdammt große Käfer sein«, sagte sie unbehaglich.
    »Dann müsste es hier Exkremente und Spuren geben«, warf Matt ein. »Ich tippe eher auf eine Art Baumharz.«
    Die Gefährten richteten sich für ihren nächtlichen Aufenthalt ein. Aruula entfachte ein Feuer und holte Kartoffeln, Gemüseknollen und getrocknetes Fleisch aus ihrem Proviantbeutel. Yann staunte nicht schlecht, als Matt einen verbeulten Topf und einen Kanister mit Wasser aus seinem Rucksack zauberte. Sogar eine Flasche Wein hatte er vom Schiff mitgenommen.
    »Das lass ich mir gefallen!« Gut gelaunt machte sich der Einäugige daran, ein Süppchen zu kochen. Ein paar Stunden später lagen die Freunde satt und zufrieden auf ihren Lagern um das Feuer. Eine Weile rätselten sie noch, was es mit dieser kristallinen Masse auf sich hatte und was sich wohl hinter der verstopften Öffnung befand, doch schließlich versiegten die Gespräche. Im Dahindämmern hörte Yann Haggard noch, wie Matt und Aruula miteinander scherzten. Dann schlief er ein.
    Sehr viel später schreckte er aus dem Schlaf, Hellwach setzte er sich auf. Das Feuer war fast heruntergebrannt. Matt schlief. Der Platz an seiner Seite war leer: Aruula hielt Wache. Mit gekreuzten Beinen saß sie neben der Treppe. Das Schwert lag in ihrem Schoss. Vielleicht schlief sie auch. Vergeblich versuchte Yann zu erkennen, ob sie die Augen geöffnet hatte. Egal! Vermutlich war sie es gewesen, die ihn geweckt hatte.
    Langsam ließ er sich zurück auf seine Decke sinken. Kaum hatte er sein gesundes Auge geschlossen, als vor dem blinden ein Flimmern einsetzte. Anfangs waren es nur graue Striche und Schleier. Dann nahmen sie Farben an; grell rote Kleckse und blaue Balken. Sie flossen zusammen und richteten sich zu flaschenähnlichen Gebilden auf. Langsam waberten sie auf den Seher zu. Die Energiegestalten fühlten sich kalt und bedrohlich an. Yann versuchte herauszufinden aus welcher Richtung sie kamen. Sein Herz begann wie wild zu pochen. Keuchend richtete er sich auf und starrte auf die kristalline Masse. Ohne Zweifel kamen sie von dort!
    »Ich spüre es auch«, hörte er in seinem Rücken die Barbarin flüstern.
    ***
    Dezember 1977, Battambang, Kambodscha
    Die Mittagssonne stand über dem Tonle Sap. Sein Wasser versorgte die umliegenden Reisfelder mit Feuchtigkeit und würde weit über die beginnende Trockenzeit hinweg ausreichen. Besonders im Norden des Sees strotzte die Landschaft von üppigem Grün. Nur ein einzelner Fleck hob sich in seiner Farblosigkeit ab: das Arbeitslager Tonle Sap.
    Unzählige Wellblechhütten und graue Zelte drängten sich auf der Fläche von der Größe einer Kleinstadt. Um sie herum waren Holzbalustraden errichtet, auf denen Männer in olivfarbenen Uniformen das Lager bewachten. Ihre Unterkunft befand sich neben dem riesigen Eingangstor und war das einzige Steinhaus an diesem trostlosen Ort: ein lang gezogener, zweistöckiger Gebäudetrakt, der düster aus der rotbraunen Erde ragte.
    Auf dem Platz davor standen Lastwagen, Jeeps, Viehkarren und ungefähr zwanzig Holzgestelle, die mit Stacheldraht umwickelt waren: Einen

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