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226 - Das Schädeldorf

226 - Das Schädeldorf

Titel: 226 - Das Schädeldorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn
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Was sollte er machen? Von seiner Antwort schien es abzuhängen, ob dort unten jemand starb oder nicht. Aber vielleicht bluffte der Offizier nur! Lann Than starrte ihn an, als ob der leibhaftige Teufel vor ihm stände. Nein, dieser Mann bluffte nicht! »Ich bekenne mich schuldig!«, sagte der Maler mit bebender Stimme.
    Die Miene des Uniformierten blieb ausdruckslos. »Schafft ihn nach Phnom Penh in das Sicherheitsgefängnis S-21!«, befahl er seinen Leuten. Er kehrte an seinen Schreibtisch zurück und verschwand wieder hinter der Akte.
    Als der Maler in den Hof gebracht wurde, sah er die Menschen, mit denen er hierher gekommen war. Sie standen in einer Reihe. Ein Bewaffneter hielt sie in Schach. Am Ende der Reihe lag der leblose Körper des kleinen Jungen, dem er noch vor wenigen Minuten die Geschichte von Karsi’signak erzählt hatte.
    Lann Than heulte vor Wut. Hass stieg in ihm auf. Verbotener Hass! Grimmig starrte er seinen Wächter an. Sollte er ihn überwältigen? Die Macht dazu hatte er! Keiner würde es merken. Er würde in dessen Körper in das Offizierszimmer zurückkehren und den verfluchten Mörder einfach töten. Und dann? Dann hätte er sich für immer verloren und würde nie wieder nach Karsi’signak zurückkehren können!
    ***
    September 2524, Mekong-Delta, Vietnam
    Matt saß auf einem Mauervorsprung und ließ seine Augen über die Ruinen wandern. Bis auf wenige bizarre Gebilde, die wie magere Riesen aus der Erde ragten, hatten Zeit und Wetter an ihren Steinen genagt. Aber Matt war sich sicher: Diese Stadt wurde schon in längst vergangenen Zeiten dem Erdboden gleich gemacht! Wahrscheinlich durch Trümmerteile des Kometen, vielleicht auch durch ein späteres Unglück! So genau vermochte er das nicht zu sagen. Auf jeden Fall war heute alles von der Natur überwuchert und keine Spur deutete auf menschliches Leben hin. Nur Dschungel, verwitterte Mauern, hier und da Metallteile und dazwischen ein paar Wildschweine und Echsen.
    Matt stand auf und machte sich auf den Weg zu den anderen. In der Ferne glaubte er das Meer rauschen zu hören. Aber eigentlich war das kaum möglich. Er war mindestens achtzehn Meilen vom einstigen Hafen dieser Stadt entfernt.
    Als er eine kreisrunde Lichtung erreichte, warteten dort Aruula und Yann auf ihn. Sie hatten sich getrennt, um die Ruinen nach Menschen abzusuchen. Doch auch die Gefährten waren nicht fündig geworden. »Lasst uns zurück gehen und die Yacht reparieren«, schlug Matt vor. »Was wir noch an Alkoholvorräten haben, wird ausreichen, um einige Meilen an der Küste entlang zu fahren. Irgendwo werden wir schon auf einen Hafen stoßen.«
    Gemeinsam traten sie den Rückweg an. Seit den frühen Morgenstunden hatte es aufgehört zu regnen. Jetzt war die Mittagssonne von grauen Wolken verhangen und ein angenehmer Wind wehte. Matt erzählte seinen Begleitern, dass er davon ausging, es handele sich bei den Ruinen um das einstige Saigon. »Ho-Chi-Minh-Stadt wurde es nach den Kriegen genannt.«
    »Mir scheint, die Menschheit war in vergangenen Zeiten ausschließlich damit beschäftigt, Kriege zu führen«, unterbrach ihn der alte Seher. »Um was wurde denn hier gekämpft?«
    Drax setzte gerade zu einer Antwort an, als in ihrem Rücken lärmende Geräusche ertönten. Blitzschnell suchten sie hinter den mächtigen Wurzeln eines Kapok-Baumes Deckung. Eine Horde aufgebrachter Wildschweine trampelte an ihnen vorüber. Offensichtlich liefen sie vor irgendetwas davon. Matt spähte über das Holzgeflecht. Rechts von ihm erhob sich ein Wall aus Mauertrümmern. Dahinter war ein heiseres Schnaufen zu hören. In der nächsten Sekunde sprangen ein Dutzend graue Gestalten über den Wall. Taratzen! Matt duckte sich so schnell er konnte. Die waren wirklich das Letzte, was sie jetzt brauchen konnten. Er hasste diese halbintelligenten Rattenwesen und wollte es keinesfalls auf einen Kampf mit ihnen ankommen lassen.
    Erst als nichts mehr von der Jagdmeute zu hören war, verließen die Gefährten ihr Versteck. Mit gezückten Waffen folgten sie lautlos dem Pfad, der aus dem Ruinendschungel hinaus führte. Doch sie kamen nicht weit! Offensichtlich hatte eine Nachhut des Taratzentrupps sie entdeckt. Es waren fünf struppige Bestien, die sich den Freunden in den Weg stellten.
    Obwohl sie in gebückter Haltung lauerten, wusste Matt, dass sie ihn um eine halbe Kopflänge überragten. In ihren geöffneten Rachen blitzten messerscharfe Zähne. Ihre kräftigen Schwänze fegten unruhig über den

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