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2312

2312

Titel: 2312 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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umgehen sollten. Wahram wies seine Kollegen darauf hin, dass man Terminator schon bald wieder aufbauen und neu beziehen würde und die Stadt somit nach wie vor ein Bündnispartner sei, mit dem sie bereits eine Abmachung hatten. Alex’ Tod änderte nichts an dieser Abmachung. Wahram war klar, dass er damit zwar nur das Offensichtliche aussprach, dadurch aber trotzdem voreingenommen erschien, was er auch war, weshalb er sich im Anschluss schweigend anhörte, was die anderen zu sagen hatten. Sie warteten mit keinen großen Überraschungen auf: Vielen hatte die Abmachung mit Merkur von Anfang an nicht gefallen, und jetzt kehrten sie zu ihren alten Standpunkten zurück und sprachen sich dafür aus, dass man direkt mit einer Art Vulkan-Liga oder sogar mit einzelnen Vulkanoiden verhandeln sollte. Schließlich handelte es sich nicht um Raumschiffe, sondern um kleine Asteroiden in einer stabilen Umlaufbahn mit einer Entfernung zwischen 0,06 und 0,21 astronomischen Einheiten von der Sonne – dreißig Kilometer durchmessende Felsbrocken, deren sonnenzugewandte Seiten weißglühend waren und die gerade groß genug waren, um ihre Solettas auszufächern und in ihrem Innern die kleinen Habitate zu beherbergen, in denen ihre Betreiber oder Verehrer lebten. Einige von Wahrams Kollegen beharrten darauf, dass es sich bei ihnen um Stadtstaaten wie alle anderen auch handelte, die nicht von einer externen Macht wie Terminator repräsentiert werden sollten, ganz egal, welche Zusagen Alex gemacht hatte. Wie es denn den Stadtstaaten der Saturn-Liga gefallen würde, wenn irgendeine Partei vom Jupiter Anspruch darauf erhob, sie zu vertreten, nur weil ihre Umlaufbahn zwischen dem Saturn und dem Rest der menschlichen Zivilisation verlief? Hatte Terminator in diesem Fall nicht letztlich damit argumentiert? Handelte es sich dabei nicht in Wirklichkeit um einen weiteren Schritt hin zu dem, was manche als die Alexandrinische Integration bezeichne ten – den Versuch, an den KIs vorbei das Sonnensystem zu einen, und zwar unter Alex?
    Nicht direkt, hatten andere sehr zur Erleichterung Wahrams eingewandt. Er hatte zusammen mit Alex an eben diesem Projekt gearbeitet, und obwohl die Beschreibung seiner Kollegen nur bedingt darauf zutraf, wäre das angesichts ihrer Anschuldigungen schwer zu erläutern gewesen. Da war es sehr viel besser, die Diskussion als stiller Beobachter mitzuverfolgen und zu warten, bis sie sich totlief und der Rat sich auf seine gemächliche Art einem neuen Thema zuwandte. Der Hauptgrund dafür, dass das ein Weilchen dauern würde, waren die Ratsmitglieder von Hyperion und Tethys: Sie waren beide ziemlich ausschweifend und schossen sich zwanghaft auf irgendwelche nur für sie interessanten Kleinigkeiten ein. Der Rat war eine der vielen Organisationen in der Saturn-Liga, die aus zeitweilig einberufenen Mitarbeitern bestand, und die ständige Belegschaft, die ihnen unter die Arme greifen sollte, musste die Vorgänge oft dezent vorantreiben und ihre Arbeitgeber unmerklich durch die Entscheidungsprozesse leiten. Doch einige der Minister, die durch das Los bestimmt worden waren und ein Jahr lang die Verantwortung für das Wohlergehen des Saturn-Systems trugen, wollten die volle Kontrolle über ihre Entscheidungen haben und die bestmöglichen Entscheidungen treffen, indem sie sich umfassend informierten. In der Theorie war das bewundernswert, doch in der Praxis quälend langwierig.
    So ging bei dieser Diskussion der Streit hin und her zwischen der Meinung, dass Merkur in diesem Fall der legitime oder zumindest vereinbarte Makler war, der ihnen darüber hinaus auch Schwierigkeiten bereiten konnte – und dem Saturn außerdem einiges anzubieten hatte –, und der Meinung, dass die Merkurianer Schleichhändler waren, denen es gelungen war, sich den kleinen neuen Siedlungen einwärts von ihnen als Schutzgeldracket aufzupressen, und dass man sie deshalb in diesem ihrem Winter des Unglücks aus dem Geschäft manövrieren sollte.
    Letztlich kam der Rat zu dem Ergebnis, das Wahram bereits seit Stunden vorhergesehen hatte: Da Wahram die Merkurianer so sehr mochte, sollte er selbst zu ihnen zurückkehren, um die Lage vor Ort in Augenschein zu nehmen, mit den Löwenjungen zu reden und in Erfahrung zu bringen, wer die nächste Löwin sein würde, sowie anschließend den Vulkanoiden einen Besuch abstatten und sie fragen, was sie von der Vorgehensweise hielten, die Merkur dem Saturn vorgeschlagen hatte. Man wies ihn an, ihr Abkommen falls möglich so

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