2328 - Mission der Sol
antwortete ich. „Oder genauso schwer."
Es war der Tag danach.
Und wie alle Tage danach war es ein schlechter. Der Tag, an dem man seine Wunden leckte, die physischen wie die psychischen.
Die physischen waren glimpflich ausgefallen. Beide SOL-Zellen sowie das Mittelstück des Schiffs hatten unversehrt den Rendezvouspunkt erreicht. Dasselbe galt für die ausgeschleusten Beiboote. Eine Korvette, die überfällig gewesen war, hatte einen alternativen, näher am Duff-System gelegenen Rendezvouspunkt aufgesucht. Triebwerksprobleme aufgrund des mittlerweile nachweislich ansteigenden Hyperwiderstands hatten ihr keine andere Wahl gelassen.
Die Diskusraumer hatten sich nicht für unsere Schiffe interessiert, sondern hatten Duff VII und die Station angesteuert, als existierten wir nicht.
Don Kerk'radian hatte mit der SZ-1 keinen Versuch unternommen, sie aufzuhalten. „Ich weiß, wann es Zeit zu schießen ist", hatte er erklärt, als die SZ-1 sich am Rendezvouspunkt einfand, „und wann es Zeit ist, die Beine in die Hand zu nehmen."
Dem war nichts hinzuzufügen, und Dao hatte seine Worte schweigend akzeptiert.
Damit hatte die SOL nicht einmal einen Kratzer abbekommen. Eigentlich ein Grund zur Freude, aber irgendwie wollte ich das schale Gefühl nicht loswerden, dass wir mehr Glück als Verstand gehabt hatten. Was wäre geschehen, wenn die Diskusraumer nicht nur an der Station auf Duff VII, sondern auch an uns Interesse gefunden hätten?
Zudem blieben unsere psychischen Wunden. Und um sie zu lecken und aus ihnen zu lernen, waren wir in einem Besprechungsraum der SOL zusammengekommen: Dao und ich, die Expeditionsleiter, Fee Kellind, die Kommandantin der SOL, und Blo Rakane, als Leiter der Wissenschaftsteams.
Ein kleiner Kreis, aber der Lage angemessen: Wunden zu lecken ist aus gutem Grund eine Tätigkeit, die man hinter verschlossenen Türen praktiziert. „Ihr hattet unverschämtes Glück!", hielt Fee Kellind Dao, Blo und mir vor. „Ich habe:auf dem Flug hierher eine Testreihe mit unbelebten Objekten durchführen lassen. Die Ausfallrate bei Transmittertransporten liegt inzwischen bei über, 50 Prozent. Eigentlich solltet ihr tot sein!"
„Danke. Was für eine tröstliche Eröffnung", entgegnete ich und bedachte Fee mit meinem Smiler-Lächeln. Eine Strafe, die sie eigentlich nicht verdient hatte - Fees Zorn war ein Ausdruck der Sorgen, die sie ausgestanden hatte -, aber ich war nicht in der Stimmung, mit Ruhe und Überlegenheit auf Angriffe zu reagieren. Unser Transmittersprung war gelungen, doch in meinem Schädel hatte sich ein hartnäckiges Kopfweh festgesetzt. Ein lästiges Pochen, das den Bemühungen der Bordmediker hartnäckig widerstand. Eine Art Nachglühen hyperphysikalischer Effekte, hatten die Mediker schließlich geschlossen und aufgegeben. Kein Grund, sich deshalb Sorgen zu machen. In ein paar Tagen würde es verschwunden sein, als hätte es nie existiert.
Klang einleuchtend, aber ich bezweifelte es. In meinem Kopf rumorten mehr als hyperphysikalische Effekte, nämlich handfeste Befürchtungen - und die, spürte ich, würden in den nächsten Tagen und Wochen einen Teufel tun und sich in Wohlgefallen auflösen. Im Gegenteil. „Spar dir dein kryptisches Grinsen!" Fee schien es nicht besser als mir zu ergehen. Sie legte nach. „Ihr habt unverantwortlich gehandelt! Der beste Wissenschaftler der Milchstraße und die Leiter einer Expedition von über hunderttausend Seelen, zwei Millionen Lichtjahre von der Heimat entfernt, während uns das Universum Stück für Stück den Teppich unter den Maschinen wegzieht - was habt ihr euch eigentlich dabei gedacht?"
„Wir haben den Expeditionszweck erfüllt. Wichtige ..."
„Wieso habt ihr es nicht anderen überlassen? Wieso musstet ihr gerade eure eigene Haut hinhalten?"
„Du sagst es ja: Es war unsere eigene Haut."
„Die euch längst nicht mehr gehört!
Sie gehört der SOL und ihrer Besatzung, der Menschheit und allen Völkern der Milchstraße und der Lokalen ..."
„Das reicht, Fee. Wir sind nicht die Retter des Universums."
„Eben! Die Station war gerammelt voll mit Spezialisten. Ihr hättet nur fragen müssen, die Freiwilligen hätten euch überrannt!"
„Ich kann nicht von anderen erwarten, was ich nicht selbst bereit bin zu tun."
Fee schnappte nach Luft. „Du ..."
Sie kam nicht weiter. „Hört auf. Streit führt uns nicht weiter." Es kam von Dao. Sie hatte bislang schweigend auf ihrem Stuhl gesessen, die Beine an den Oberkörper gezogen. Ganz die
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