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2412 - Das Wasser von Aar

Titel: 2412 - Das Wasser von Aar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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er besonders stolz auf Fran, die ihn um gut zehn Zentimeter überragte. Trotzdem konnte er sie leicht auf seine Arme heben.
    „Wie fühlst du dich?", fragte Bré.
    Er verkniff sich die Gegenfrage, ob sie das wissenschaftlich oder freundschaftlich meinte, denn er kannte die Antwort: beides selbstverständlich. „Wie ein Landjunge, der dem unbeliebten und gefürchteten Obermotz des Dorfes einen Streich spielt."
    Sie lächelte leicht. „Ein prosaischer Vergleich, doch dürfte er ziemlich genau zutreffen."
    „Der schwierigste Teil an einem Streich ist, nicht erwischt zu werden."
    Seine Miene wurde plötzlich ernst, und ein wehmütiger Ausdruck trat in seine hellen Augen. „Das erinnert mich an einen anderen Jungen vor langer Zeit, der seinem Vater einen gewaltigen Streich spielte ..." Er sah zu Boden, gab sich aber keine Mühe, seine Gefühle zu verbergen. Niemand sonst hatte Anteil an dieser Unterhaltung, und Bré durchschaute ohnehin alles.
    Er gestattete sich einen Anflug von Trauer. Wie sollte das auch so schnell überwunden werden, nach so langer Zeit?
    „Mike", sagte sie und nickte. Genau wie Bull auch sagte sie nie Roi. „Ja. Bei all dem Leid, das er schon durchlebt hat, hätte ihm diese unfassbare Tragödie erspart bleiben müssen. Niemand hat etwas so Grausames verdient, doch für ihn ... dürfte es ungleich schrecklicher gewesen sein."
    Bull hob den Blick und sah wieder auf den Nebel hinaus. „Wie gut ke... kanntest du ihn?", fragte er langsam.
    Auch er hatte gelernt, in den Menschen zu lesen. Brés Stimme war für eine Psychologin in diesem Moment zu wenig distanziert gewesen.
    „Es ist sehr lange her, warte ... Oh, schon über vierzig Jahre", antwortete sie ein wenig erstaunt. „Vor Tom und den Kindern waren wir mal kurz zusammen. Zuerst bat Mike mich um psychologischen Rat, aber es wurde schnell mehr daraus, weil wir beide damals sehr einsam waren. Er redete nicht mit seinem Vater, ich war bindungsunfähig, ruhelos und von den Medien gehetzt. Was uns zusammenhielt, war Verzweiflung. Keine Liebe.
    Als Mike später nach Quinto-Center ging, blieben wir weiterhin in Verbindung."
    „Und niemand kam je dahinter, trotz deiner Medienpräsenz damals?"
    „Du stellst merkwürdige Fragen für jemanden, der Michael Reginald Rhodans Patenonkel ist." Bré schmunzelte still in sich hinein, in Erinnerung.
    „Heute weiß ich, was er damals durchgemacht hat", fuhr sie nach einer Weile fort. „Zweimal war ich schon fast tot, und ich habe anderen den Tod gebracht. Die Identität zu verlieren, wenn dein Gehirn sich in eine willenlose Masse verwandelt ..."
    „Als Psychologin solltest du wissen, dass du keine Schuld trägst, Bré", unterbrach Bull. „Außerdem ist das ebenfalls schon lange her, und du wurdest nicht nur vom Gericht von jeder Schuld freigesprochen."
    „So einfach ist das nicht, Bully", sagte sie ruhig. „Du kannst erst dann damit fertig werden, wenn du bereit bist, die Verantwortung für deine dunkle Seite zu übernehmen, die Schatten auf deine Seele wirft. Es wird nicht dadurch leichter, das man ein willenloses Werkzeug, eine Marionette gewesen ist. Jemand wie du sollte das wissen."
    Statt einer Antwort holte der Unsterbliche sich noch einen Kaffee und für Bré einen Saft.
    Still beobachteten sie den vorüberziehenden Nebel. Der Kurs der LEIF ERIKSSON II verlief am Rand des Querbor-Sektors entlang.
    „Da sind wir also wieder einmal", bemerkte Bré dann. „Und verteidigen unsere Grenzen. Man sollte meinen, dass es genug Platz für alle im Universum gibt, wenn man das da draußen sieht."
    „Neider gibt es überall", meinte Bull leichthin.
    Flüchtig sah er sich um, ohne dass es ihm bewusst war. Ein jahrtausendelang antrainierter Reflex, nie die Umwelt aus dem Blick zu verlieren. Ein Angriff erfolgte selten zu dem Zeitpunkt und aus der Richtung, aus der man ihn erwartete. Es sei denn, man konnte erfolgreich eine Falle zuschnappen lassen. Aber darum ging es auf dieser Mission nicht ... noch nicht.
    Mit Ausnahme des Kommandanten wusste die Besatzung des terranischen Flaggschiffs nicht, was sie am Ziel der Reise erwartete. Der Erfolg der Mission hing von unbedingter Geheimhaltung ab. Der Residenz-Minister konnte nur hoffen, dass sich alle in ihren Zweck Eingeweihten daran hielten, aber dieses Risiko musste er eben eingehen. Der Boden brannte nicht zum ersten Mal unter seinen Füßen. Allerdings war es selten so heiß geworden, denn die Erfüllung ihres Auftrags blieb äußerst fraglich.
    Fran

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