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Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition)

Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition)

Titel: Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nink
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    (Qingdao, im August.)
    Aha, da kam die Nächste, Nummer 43. Siebeneisen las die Zahl auf dem kleinen Plastikschild, das sie vorne an ihre Uniform gesteckt hatte. Ihr Name stand in Chinesisch darunter, für alle, die es lesen konnten. Siebeneisen hatte selbst mit der Zahl seine Probleme. Natürlich wusste er nicht, was 43 auf Chinesisch hieß, und natürlich machte das die Konversation nicht wirklich einfacher.
    »Fortythree?«
    Nummer 43 lächelte und blieb an seinem Stuhl stehen. Siebeneisen wusste genau, dass dies nichts zu bedeuten hatte. Gelächelt wurde in diesem Land immer und überall. Zuerst lächeln sie, dachte er, und dann schicken sie dich geradewegs ins Verderben, weil sie die Frage überhaupt nicht verstanden haben. Auf diese Weise war er in den vergangenen Tagen bereits in einem Tanzkurs für Schwangere gelandet, im Büro der Städtischen Grünanlagenverwaltung und in etwas, das mit Sicherheit eine Fälscherwerkstatt für Mobiltelefone war – jedes Mal hatte er zuvor nach dem Weg zu seinem Hotel gefragt. Siebeneisen schaute in Nummer 43s Lächeln.
    »May? I? Order? Something? To eat?« Er gab sich Mühe, jedes Wort mit einer kleinen Geste zu kombinieren.
    Nummer 43 lächelte weiter. Siebeneisen glaubte allerdings, die Andeutung eines Nickens zu erkennen. Einen kurzen Moment lang verspürte er etwas in sich regen, keimen, wachsen, aber dann hatte er das zarte Pflänzchen Hoffnung auch schon mit dem Gartenspaten der Vernunft zerdeppert. Nichts verstand Nummer 43, kein Wort verstand sie. Sie lächelte bloß immerzu weiter. Aus reinem Trotz orderte er ein Wiener Schnitzel mit Pommes. Nummer 43 nickte eifrig und gab Silben von sich, die wie eine Bestätigung klangen. Sie notierte die Bestellung auf ihrem Block oder tat zumindest so, lächelte ihr schönstes Nummer-43-Lächeln und eilte davon. Siebeneisen war sich sicher, dass sie eine weitere Fuhre Bier holen ging. Nie hatte er sich auf seiner langen Reise derart unverstanden gefühlt, das stand fest. Möglicherweise war es sicherer, einfach nichts mehr zu sagen.
    Sie saßen seit dem Morgen um diesen Tisch in der Halle des Bieres auf Qingdaos Oktoberfest. Im Grand Palace Hotel hatte man Siebeneisen geraten, ziemlich früh zum Festivalgelände zu fahren, um noch einen Sitzplatz zu bekommen, es werde sehr voll sein an diesem Sonntag. Und am Abend gebe es ja auch noch das Feuerwerk, das größte in China! In diesem Jahr, hatte ihm der Mann an der Rezeption erzählt, würde es sogar spektakulärer ausfallen als das berühmte Neujahrsfeuerwerk von Hongkong, auf keinen Fall dürfe er das verpassen. Also war Siebeneisen um halb sechs aufgestanden, hatte sich unter die Dusche gequält und anschließend hinunter in die Lobby des Grand Palace. Sein Fahrer wartete bereits. Er saß auf einem Sofa, kontrollierte gerade den Sitz seiner Manschettenknöpfe und war wie immer die Höflichkeit in Person. Als er Siebeneisen entdeckte, sprang er auf. Für einen Moment sah es aus, als wollte er salutieren. Stattdessen verbeugte er sich formvollendet.
    »Guten Morgen! Möchten Sie für heute wirklich keinen Dolmetscher haben? Er könnte schnell hier sein.«
    »Ach nein, lassen Sie es gut sein. Das wird auch ohne gehen. Kein Problem.« Siebeneisen sah, wie sich die Augenbrauen seines Fahrers für einen Moment nach oben wölbten, was er aber ignorierte. Dann gingen sie nach draußen, wo die Limousine wartete und die Hitze.
    Der August ist ein Monat, in dem die Menschenrechtskommission der UN den Nordosten Chinas eigentlich sperren müsste. Schon frühmorgens pappt die Luft wie ein Prittstift; nachmittags hat sie sich dann derart verdichtet, dass sich die Welt nur noch mit halber Geschwindigkeit zu drehen scheint. Obwohl Qingdao am Meer liegt und die Werbebroschüren potenziellen Touristen in tollkühn konstruierten Sätzen »eine ewig lebenden Brise von Ozean frischer!« versprechen, herrschte an diesem Morgen absolute Windstille, und über der Stadt hing ein Geruch von faulendem Seetang. Vor allem aber war es heiß, furchtbar heiß. Wenn man die Straße hinuntersah, schien der Asphalt in der Luft zu wabern. Wie in Afrika, dachte Siebeneisen, als sie auf dem Parkplatz vor dem Oktoberfestgelände hielten. Bloß viel heißer.
    Beim Verlassen der klimatisierten Limousine beschlug seine Brille. Innerhalb von zwei Sekunden war die Welt in Nebel gehüllt, und er stolperte mehr oder weniger orientierungslos in jene Richtung, in der eben noch der Eingang gewesen war – jetzt aber

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