2465 - Nach der Stasis
und sollten nun ausgerechnet an CHEOS-TAI scheitern, dem GESETZ-Geber, dem während der Retroversion von Tare-Scharm entscheidende Bedeutung zugekommen war?
Was konnte das anderes sein als eine bitterböse Ironie des Schicksals?
Das Schlimme daran war, dass Mondra keine Ahnung hatte, wer den GESETZ-Geber gerade beherrschte und für den Einsatz der goldenen Roboter gegen die Terraner verantwortlich war. Vor allem fragte sie sich, warum der Angriff erfolgt war.
Überleben und die Handlungsfreiheit behalten waren die wichtigsten Forderungen. Ihr kleines Erkundungsteam war das einzige, das es nicht mehr geschafft hatte, die JULES VERNE rechtzeitig zu erreichen. Erst war Mondra deshalb schockiert gewesen. Mittlerweile fühlte sie jedoch Dankbarkeit dafür, dass sie diese Chance erhalten hatte.
Mit wachsender Geschwindigkeit durchquerte sie die Halle, permanent darauf gefasst, von goldenen Robotern angegriffen zu werden. Aber nichts geschah.
Sie musste die Befehlsgewalt über CHEOS-TAI zurückgewinnen. Danach die JULES VERNE wiederfinden oder zumindest Kenntnis über das Schicksal des Schiffes und seiner Besatzung erlangen. Anschließend galt es, mit CHEOSTAI Kurs auf die Milchstraße zu nehmen!
Nie hatte Mondra Diamond sich so zerrissen gefühlt wie jetzt. Grimmige Entschlossenheit beherrschte ihr Denken.
*
Etwas veränderte sich vor ihnen. Die Passivanzeige der SERUN-Ortung erschien mit einem Mal diffus. Mondra riskierte dennoch nicht, auf aktive Ortung umzuschalten. Nur wegen einer unklaren Messung wollte sie keinesfalls die Aufmerksamkeit der Gegner wecken.
Zu viel hängt davon ab, mich lange frei bewegen und umsehen zu können ...
Dieser Satz stieg ohne Mondras Zutun in ihr auf. Das waren nicht ihre Worte, nicht einmal ihre eigenen Gedanken. Sie glaubte, eine fremde Stimme reden zu hören – eine helle, leicht heiser klingende Stimme, die ihr dennoch seltsam vertraut erschien. Zumal der akustische Part untrennbar mit dem Bild einer Ameise verbunden war. Vor ihrem inneren Auge sah Mondra das winzige Tier aus der Vogelperspektive, gerade so weit entfernt, dass sie es erkennen konnte. Im Hintergrund wurden monströse Baumstämme von Antigravtraktoren an Bord eines Standardcontainers verladen. Diese Szene brachte einen Hauch von Unbeschwertheit, zugleich aber atemlose Anspannung.
Mondra wusste sofort, was da an die Oberfläche ihrer Erinnerung gespült wurde: Szenen einer Trivid-Serie für Kinder, ihre erste faszinierende Begegnung mit Raumschiffen und fremden Völkern. Hank, die Ameise – mit Tropenhölzern aus dem terranischen Regenwald nach Olymp verschleppt und von dort aus weiter in die Galaxis. Knapp drei Jahre alt, hatte Agalija Teekate jeder neuen Folge entgegengefiebert, den Geheimnissen des Raumflugs und der Milchstraße aus der Perspektive eines winzigen Insekts.
Seit Tagen befand sie sich nun in der Situation jenes Hank, für den sogar Alltägliches zum unüberwindbaren Hindernis geworden war. Trotzdem hatte das winzige Insekt alle Schwierigkeiten gemeistert.
Wahrscheinlich stammte der Ameisenvergleich, der durch ihre Gedanken spukte, aus dieser Trivid-Serie. Ärgerlich auf sich selbst, wischte Mondra die Erinnerungsfetzen beiseite. Die kleine Agalija, die auf ihrem Heimatplaneten Horrikos noch eine heile Welt erlebt hatte, gab es schon lange nicht mehr.
Als Zirkusartistin Mondra Diamond war sie im Einflussbereich der Liga Freier Terraner aufgetreten, hatte sich schließlich beim Terranischen Liga-Dienst beworben und war zur Agentin ausgebildet worden. Währenddessen von einer unruhigen Sehnsucht getrieben, dem Drang nach der Ferne, nach dem Neuen und Unbekannten. Irritiert fragte sie sich, ob sie das von Hank gelernt hatte.
Unwillig wischte Mondra diese Überlegungen beiseite. Die Ortungsdaten ließen auf energetische Verwerfungen schließen, die sich nur wenige Kilometer voraus aufbauten. Sie fürchtete plötzlich, zu spät zu kommen. Im schlimmsten Fall war das Ausrüstungsdepot aufgespürt worden.
Wer hatte das Kommando in CHEOSTAI übernommen? Mondra glaubte nicht, dass sie es ausschließlich mit den goldenen Kampfrobotern zu tun hatte. Maschinen wie diese führten Befehle aus, doch ihnen fehlte in aller Regel die Kapazität für einen umfassenden Überblick.
Wie auch immer, Perrys Versuch, die bestehenden Befehlsrechte zu verändern, hatte möglicherweise das Desaster ausgelöst.
Im Nachhinein, fand Mondra, war die Ursache leicht zuzuordnen. Vielleicht ein Fehler der
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