2492 - KOLTOROC
trotz des Helmfilters die Tränen in die Augen trieb. Die Helligkeit vertrieb die Finsternis Meter um Meter.
Kurz breitete sich unendliche Erleichterung in ihr aus.
Also doch! Ihre Vermutung, ihre wahnwitzige Hoffnung hatte sich erfüllt. Der Angriff hatte nicht gelingen können, und sie ... sie hatte überlebt.
Noch lebe ich, korrigierte sie sich. Noch ist es nicht vorbei.
Die Finsternis lauerte am Rand des Landefelds, wogte vor und zurück, schien den Mut für einen neuerlichen Angriff sammeln zu wollen, der dann auch sie mit sich reißen würde.
Voller Entsetzen sah sie sich um. Das Landefeld zwischen den beiden Hälften der Stadt war leer. Jocashn war verschwunden, als hätte er nie dort gestanden, und auch ... ihr Schiff.
Die Walze.
Die Finsternis hat sie mit sich genommen, wurde ihr klar. Wenn das Element der Finsternis sich lange genug manifestierte, stieg die Wahrscheinlichkeit, dass dabei Personen und Gegenstände verschwanden. Wohin, das wusste niemand, und daher stellte das Element einen enormen Machtfaktor aufseiten der Chaotarchen dar.
Eines wusste Inkadye aber: Die Kosmokraten würden nicht begeistert sein, eins ihrer Schiffe verloren zu haben, und auch nicht, dass das Projekt Koltoroc gescheitert war.
Vielleicht ... nur vielleicht ... würde sie ja lange genug überleben, um ihnen oder ihren Beauftragten berichten zu können, was in Serdragon geschehen war.
Ein schreckliches Kreischen drang an ihr Ohr, nach dem eingebildeten Gebrüll der Raubtiere das erste Geräusch, das sie vernahm, seit die Finsternis sich gesenkt hatte. Sie spürte ein Dröhnen und Trommeln unter ihren Füßen und glaubte zu sehen, wie sich die hohen Türme der Humanoidenhälfte der Lichtstadt bogen, zur Seite gedrückt von einer unsichtbaren Kraft, bis sie zu zerbrechen drohten. Gleichzeitig zuckte die Finsternis zurück, als sei sie von reinem Licht versengt worden.
Nicht von Licht, dachte Inkadye. Sie wusste, was geschehen war.
Das Element aus der Urzeit des Universums war auf das Potenzialfeld getroffen, das auf der Basis von Biophoren erschaffen worden war.
Deshalb waren die Kosmokraten der Ansicht gewesen, das Projekt Koltoroc sei sicher, zumindest vor dem Element der Finsternis. Deshalb hatten sie keine Vorkehrungen gegen diesen einen speziellen Fall getroffen. Nach allem, was die Kosmokraten wussten, musste der Angriff des Elements der Finsternis gegen die Biophore fehlschlagen.
Und er war grausam fehlgeschlagen.
Inkadye spürte, wie einige der On-und Noon-Quanten, die Koltoroc bildeten, freigesetzt wurden und Teile des Elements der Finsternis abspalteten und an sich banden. Aus einer der Lebenssporen und einem Fragment des Elements entstand ... etwas. Ein Quant.
Ein einzelnes Quant der Finsternis.
Die Sorgorin nahm dessen mentale Präsenz wahr, und sie unterschied sich völlig von der des Potenzialfelds. Erneut konnte sie keine einzelnen Gedanken oder Äußerungen verstehen, nur Gefühle. Sie erfasste Eindrücke, und die brachten sie fast um den Verstand.
Schmerz.
Unerträgliche Qualen.
Das Quant der Finsternis, der Ableger des Elements, der sich mit On- und Noon-Quanten vereinigt hatte, litt.
Sein Leid war unvorstellbar. Es konnte nicht ertragen, in diesem Universum existieren zu müssen, und war nur von einem Wunsch beseelt: wieder mit dem Element der Finsternis vereinigt zu werden.
Das Element als Ganzes verkraftete, sich in einer Welt zu befinden, die ihm fremd war. Das winzig kleine Quant aber nicht.
Die Finsternis um sie herum wich endgültig. Einen Moment lang herrschte ein seltsames, fremdes Zwielicht. Die Türme der Lichtstadt schrumpften zu geduckten, bodenständigen Ringbauten, die insektenbauähnlichen, irdenen Kringel der anderen Hälfte der Stadt strebten in die Höhe, dem kalten Nichts entgegen. Oben war unten, schwarz war weiß, links war rechts.
Das Element der Finsternis tritt die Flucht an, wurde Inkadye klar. Insofern haben die Kosmokraten recht behalten. Das Element kann die Lichtstadt nicht zerstören.
Aber es konnte sie ... verändern.
*
Da war etwas.
Das Quant der Finsternis löste sich auf, ging eine Verbindung mit dem Potenzialfeld ein, und etwas anderes entstand.
Die Vermächtnisse und die Bewusstseine der Auper'como und des Kollogoms, diese eigentlich unvereinbaren Gegensätze, wie sie nun erkannte ...
Meine Mission ist gescheitert. Meine Mission war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Es kann keine Übereinkunft geben zwischen diesen Gegensätzen.
... und
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