266 - Das Todesschiff
du?«
»O ja! Einen Mann wie dich hab ich mir schon immer gewünscht! Als du eben sagtest, dass ich schön bin und alle mich lieben, wusste ich genau, dass du der Richtige bist.« Sie legte eine Hand auf seinen Arm. »Könntest du dir vorstellen, an meiner Seite die Weltmeere zu befahren?« Sie deutete zur Duopfa hinüber. »Ich bin jetzt Besitzerin eines stolzen Freibeuterschiffes… Glaubst du, wir kriegen eine Mannschaft zusammen, die mich als Käpt'n akzeptiert?«
»Kannst du dir denn vorstellen, dass ich nach allem, was wir heute erlebt haben, noch einmal aufs Meer hinaus fahren würde?«, entgegnete Sepp.
Blondyne schaute ihn an. Dann runzelte sie die Stirn und sagte: »Nein, eigentlich nicht.«
Sepp wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte, aber eins war ihm klar: Von der See und den Schattenwesen, die auf ihr kreuzten, hatte er für alle Zeiten die Nase voll.
»Dann müssen sich unsere Wege wohl trennen«, sagte Sepp. »Ich werde zusehen, dass ich Land gewinne.« Er zwinkerte ihr zu. »Mich zieht es zu den Sarazynen, wo jeder Bärtige Anspruch auf zweiundsiebzig Jungfern hat.«
»Das mit den Jungfern ist vermutlich nur ein Mythos«, sagte Blondyne. »Aber ich wünsche dir trotzdem alles Gute, Sepp…«
»Ich dir auch.« Sepp Nüssli umarmte sie und wandte sich der Promenade zu. Er seufzte stumm. Blondyne würde sich vermutlich schnell über den Verlust hinwegtrösten. Für ihn blieb wieder mal nichts anderes übrig als das Junggesellenleben…
Aber das konnte doch einen Ex-Spion nicht schrecken! Irgendwo, das wusste er genau, wartete auch auf ihn das Glück.
***
Tausend Jahre nach dem Reich
Um sie herum war nichts als Rauch und Ruß. Die Instrumente spielten seit geraumer Zeit verrückt. Leonie versuchte in Erfahrung zu bringen, wo sie waren. Hauptsturmführer Holtz sprach ihr Mut zu, obwohl auch er nur ein Nervenbündel war.
Er und Hasso von Traven hatten das Leck im Heck der Maschine notdürftig abgedichtet und die Seesäcke und Kisten sortiert. Das »Mysterium No. 471« blieb verschwunden. Es sah tatsächlich so aus, als wäre es wie ein Geschoss hinaus geflogen, als sie die blaue Zone durchquert hatten, diese flimmernde Lichtsäule, die sie sich so wenig erklären konnten wie alles andere.
Dazu gehörte auch, dass die Luft irgendwie… dünner war. Erst hatten sie gedacht, es läge an dem Loch im Rumpf und der Flughöhe. Aber auch nachdem die Ju 52 tiefer gegangen war, fiel ihnen das Atmen schwer. Dazu kam der Ruß, der allmählich die Motoren verstopfte. Lange würden sie sich nicht mehr in der Luft halten können; sie mussten einen Landplatz finden. Was schwierig werden würde, wenn sie bei einer maximalen Sichtweite von fünfzig Metern nicht mal den Boden sehen konnten.
»Wo sind wir, verdammt noch mal?«, keuchte Holtz.
Leonie antwortete nicht. Hassos Magen registrierte jedoch, dass sie noch tiefer ging. Die schwarzen Schwaden lichteten sich allmählich.
»Da! Da!«, rief Holtz. »Land!«
Hasso, der auf einer Kiste gesessen und vor sich hin gestiert hatte, wuchtete sich hoch. »Es ist Sylt!«, hörte er Holtz freudig sagen. »Die Küstenlinie ist unverkennbar!«
Sylt? Aber das lag rund siebenhundert Kilometer westlich von Gotenhafen! Wie sollten sie diese Strecke in weniger als einer halben Stunde geschafft haben? Die Ju 52/3m brachte es auf eine Höchstgeschwindigkeit von zweihundertfünfzig Stundenkilometern!
»Sylt?«, fragte auch Leonie zweifelnd. »Das kann nicht sein!«
Hasso zog sich an der Wand entlang in die Kanzel und hielt sich an der Rückenlehne des Kopilotensitzes fest. Ihm war speiübel, und es wurde sekündlich schlimmer.
»Nein… das kann wirklich nicht sein…« Holtz' Stimme transportierte das nackte Grauen. Hasso überlief ein kalter Schauer, und er vergaß, sich zu übergeben.
Sie flogen über eine grauenhaft verödete Insel hinweg. Durch den allgegenwärtigen Ruß sah er schmutziggraue Erde und steinigen Grund. Keinen Baum, keinen Grashalm, kein Haus - nichts!
Sein erster Gedanke galt den Alliierten. Sie hatten die Insel in die Steinzeit zurückgebombt!
Nein, dummes Zeug, unmöglich. Es gab keine Bombe, die solch eine Zerstörung anrichten konnte. Oder doch…?
»Was ist da passiert?«, krächzte Leonie.
»Ich hab keine Ahnung«, murmelte Holtz mit Grabesstimme. »Aber es muss einen vernichtenden Angriff auf unser Vaterland gegeben haben…«
»Den wir verschlafen haben, oder was?« Hasso spürte irrationale Heiterkeit in sich aufsteigen. Das
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