3 Weihnachtsgeschichten - Erst ich ein Stück, dann du
sagt er und lacht. „Ich glaube, dass Weihnachten alle Wünsche in Erfüllung gehen.“
„Wollen wir’s hoffen!“, meint Mama und sieht ein bisschen besorgt aus.
Ehe Timmi ins Bett geht, legt er den Wunschzettel in seinem Zimmer auf die Fensterbank. Am nächsten Morgen wird der Umschlag verschwunden sein. Das weiß er genau. Er lehnt seinen Kopf gegen das Glas und schaut einen Augenblick hinaus in die Nacht. Er sieht eine Sternschnuppe über den Himmel wandern. Sicher ist das ein gutes Zeichen.
Nachts hat Timmi einen tollen Traum.
Er reitet als Cowboy über die Prärie.
Zuerst prasselt der Regen, dann brennt die Sonne. Sein Hut mit der breiten Krempe spendet ihm Schutz und Schatten. Sein feuriger Hengst gehorcht dem Klang seiner Stimme und dem Druck seiner Stiefel. Ganz allein treibt er eine große Viehherde vor sich her. Er kennt den Weg und das Ziel. Er fürchtet sich nicht.
„Jippiiih!“, ruft Timmi.
Leider wacht er jetzt auf. Schade, dass der Traum schon zu Ende ist! Vielleicht hätten im nächsten Moment hinter irgendeinem Busch ein paar Indianer gelauert. Mit denen wäre er gewiss fertig geworden.
Nun, was nicht ist, kann ja eines Tages noch werden! Timmi springt aus dem Bett und läuft zur Fensterbank. Sein Wunschzettel ist weg und Weihnachten ist ein Stückchen näher gerückt.
Timmi erzählt keinem Menschen
von seinem Wunschzettel.
Auch nicht seiner Freundin Hanna.
Er kennt Hanna schon aus dem Kindergarten. Jetzt geht sie in die zweite Klasse wie er. Oft treffen sie sich nachmittags zum Spielen, mal bei Hanna und mal bei Timmi.
Heute hocken sie in Hannas Zimmer auf dem Teppich und bauen aus Legosteinen ein Schloss – ein Schloss für Hannas Prinzessin. Dabei gibt es diese Prinzessin noch gar nicht. Hanna hat sie sich nämlich erst zu Weihnachten gewünscht.
Die Prinzessin soll blond sein und blaue Augen haben. Ihre Haare sollen mindestens bis auf die Schultern reichen. Ihre Arme und Beine müssen sich gut bewegen
lassen, damit man sie leicht an- und ausziehen kann. Natürlich hat sich Hanna auch schöne Kleider für die Prinzessin gewünscht. Am liebsten in Rosa. Dazu einen langen Umhang, einen kurzen Schleier und ein goldenes Krönchen.
Gestern hat Hanna alle Sachen
auf ihren Wunschzettel geschrieben.
Jetzt fragt sie Timmi neugierig:
„Was ist denn dein größter Wunsch?“
Timmi baut eben mit großer Sorgfalt einen Balkon an das Schloss. Er blickt nicht auf, sondern murmelt vor sich hin: „Das sage ich dir, wenn er in Erfüllung gegangen ist.“
„Also Weihnachten?“, fragt Hanna.
„Klar, Weihnachten!“, antwortet Timmi. Aber ausnahmsweise denkt er nicht an seinen eigenen Wunsch, sondern an Hannas fein gekleidete Prinzessin, die wahrscheinlich mitsamt ihren rosa Klamotten schön verpackt unterm Tannenbaum liegen wird.
Ganz plötzlich hat er ein komisches Gefühl in der Magengegend. – Warum bloß? Er war doch bis vor Kurzem ganz sicher, dass Weihnachten alle Wünsche in Erfüllung gehen. Auch wenn man sich das jetzt noch nicht vorstellen kann.
Wohin Timmi auch kommt, es ist überall das Gleiche. Alle Kinder reden von Weihnachten und von den Geschenken, auf die sie hoffen.
Simon wünscht sich
ein Skateboard.
Lisa wünscht sich eine Babypuppe.
Robert wünscht sich eine Ritterburg.
Nele wünscht sich Schlittschuhe.
Tobias wünscht sich eine Gitarre.
Alle erzählen, was sie auf ihre Wunschzettel geschrieben haben. Keiner macht ein Geheimnis aus seinen Wünschen. Nur Timmi zuckt die Achseln, wenn man ihn fragt. Wahr scheinlich fürchtet er, dass die anderen sich an die Stirn tippen und sagen: „Wie stellst du dir das denn vor?“
Tatsächlich weiß Timmi selbst nicht, wie er sich das vorstellt. Tagsüber denkt er nicht weiter darüber nach, nachts reitet er als Cowboy durch die Prärie. Alles andere wird sich Weihnachten finden.
So kommt der Heilige Abend. Alles ist wie immer und wie es sich da gehört: das bescheidene Mittagessen, der endlose Nachmittag, das Teetrinken mit Oma und Opa, der gemeinsame Gang in die Kirche und der Heimweg durch die festlich geschmückten Straßen der Stadt.
Schließlich das Warten auf die Bescherung! Timmi sitzt mit Oma und Opa in der Küche und spielt ein Kartenspiel. Dann noch eins. Und noch eins. Im Wohnzimmer sind Mama und Papa schwer beschäftigt. Allerlei geheimnisvolle Geräusche dringen herüber.
Irgendwann hört man ein Läuten.
Kommt es vom Silberglöckchen?
Nein, es ist bloß das Telefon.
Wer ruft denn da
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