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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Santa Fé wurde abgelohnt und kehrte mit den Pferden nach der Stadt zurück.
    Der Besitzer der Estancia war gewiß ein wohlhabender Mann, dennoch konnte die Einrichtung seiner Wohnung nicht einmal mit derjenigen eines deutschen Arbeiters verglichen werden. Die vier Lehmwände waren nackt und leer. Es gab einen alten Tisch, zwei noch ältere Stühle und mehrere niedrige Schemel. Eine Gitarre hing in der Ecke. Das war alles. Der Majordomus lud zum Sitzen ein und begab sich nach der Küche, um den üblichen Mate zu holen, welcher jedem Gast sofort vorgesetzt wird.
    Mate ist Paraguay-Tee; er wird aus den Blättern und Stengeln von Hex paraguyensis gewonnen und hat die Form eines groben Pulvers. Man tut eine Prise desselben in einen kleinen, ausgehöhlten Flaschenkürbis und gießt kochendes Wasser darauf. Der Tee wird nicht getrunken, sondern mit einer dünnen, metallenen Röhre, Bombilla genannt, die man in den Mund nimmt, aus dem Kürbis sogen. Da die Bombilla sehr heiß wird, verbrennen sich Ausländer, welche diese Art des Trinkens nicht gewöhnt sind, gewöhnlich Lippen und Zunge, bis sie gelernt haben, vorsichtig zu sein.
    Solchen Mate bekamen die drei Gäste. Der Chirurg sog das Getränk mit Vorsicht in den Mund, Fritze war lange genug im Land gewesen, um zu wissen, daß er sich in acht zu nehmen habe; der Doktor aber brachte dem Mate sofort den Tribut, welchen in der Regel jeder Ausländer ihm bringt. Die Bombilla war heiß, und er sog zu kräftig, infolgedessen er zuviel des wohl achtzig Grad nach Reaumur haltenden Tees in den Mund bekam. Er verbrannte sich, und da er es für unanständig hielt, den Mate auszuspucken, schluckte er ihn hinab. Natürlich verbrannte er sich auch den Schlund und rief, indem er sein Gesicht schmerzlich verzog: „O weh, meine Lippen, mein Gaumen, mein Schlund, lateinisch Labia, Palatum und Gluttus genannt! Das ist ja der reine Teufelstrank, ganz geeignet, die Verdammten in der Hölle innerlich zu martern! Ich danke ganz ergebenst für dieses Ilex-Wasser!“
    „Dat habe ick bei die ersten Versuche ooch jesagt“, meinte Fritze. „Bei zu kräftige Anziehungskraft verfeuerwerkert man sich die Jeschmacksorgane, doch dauert's nicht lange, bis man sich injerichtet und den richtigen Manometerdruck anjewöhnt hat. Trinken Sie man weiter, Herr Doktor!“
    „Fällt mir gar nicht ein! Ich glaube, mein Schlund ist eine einzige Brandblase!“
    Er war durch kein Zureden zu bewegen, noch einen Zug zu tun. Die beiden anderen aber hatten ihre Calabazas (Flaschenkürbisse) bald ausgeleert, und dann wurden sie von dem Majordomus aufgefordert, sich mit nach dem Korral zu begeben, um dem hochinteressanten Zeichnen der Rinder beizuwohnen.
    Don Parmesan legte seinen roten Poncho, sein Kopftuch und die Chiripa ab, welche beide von derselben Farbe waren. Von Morgenstern nach dem Grund befragt, antwortete er: „Wissen Euer Gnaden noch nicht, daß die rote Farbe diese halbwilden Rinder reizt? Wer rot gekleidet ist, soll sich hüten, einem Toro nahe zu kommen.“
    „Meinen Sie? Meines Wissens ist es nur vom Puter wissenschaftlich festgestellt, daß er gegen diese schöne Farbe idiosynkrasiert. Aber daß auch das Rind, Bos auf lateinisch, denselben Widerwillen besitzt, ist wohl hie und da geäußert, aber noch von keinem Zoologen mit unumstößlichen Beispielen belegt worden. Da ich nun Zoologe bin und hier eine so vortreffliche Gelegenheit finde, mir hier den Stoff zu einer gelehrten Abhandlung über dieses Thema zu sammeln, so würde es eine Sünde gegen die Wissenschaft sein, wenn ich meine roten Kleidungsstücke ablegen wollte.“
    „Aber Sie begeben sich in Gefahr, Señor!“
    „Der echte Jünger der Wissenschaft darf, wenn es gilt, ein Problem zu lösen, nicht fragen, ob eine Gefahr damit verbunden ist. Ich bleibe also angekleidet, wie ich bin.“
    „Ick ooch“, stimmte Fritze bei. „Da ich der Diener eines Zoologen bin, darf mir selbst der größte Ochse nichts anderes als nur ein Gegenstand dieser edlen Wissenschaft sein.“
    Der Majordomus hatte jedenfalls seine eigenen Gedanken, hielt es aber nicht für nötig, auch seinerseits eine Warnung auszusprechen, die doch auch ohne Erfolg gewesen wäre. Man ging hinaus. Der Haupteingang des Korrals war zu, doch gab es neben demselben eine kleine, schmale Öffnung, durch welche ein Mensch schlüpfen konnte; diese benutzten die drei Gäste, um in den Korral zu kommen. Der Majordomus blieb außerhalb desselben.
    Der Rodeo, wie man das Zusammentreiben

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