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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Dienerschaft bereits vorher bis an die Tür des Vorzimmers herbeigezogen hatte, so stand sie jetzt sofort und zahlreich zur Verfügung.
    „Schafft diesen Menschen fort!“ gebot der Graf. „Er ist verrückt!“
    Statt aller Antwort drehte sich Sternau nach den Domestiken um und schritt auf sie zu. Sie konnten nicht einmal dem bloßen Eindruck seiner Gestalt und seiner Augen widerstehen; sie wichen vor ihm zurück bis hinaus auf den Korridor, worauf er hinter ihnen die Tür verschloß, den Schlüssel zu sich steckte und lächelnd zu den Gegnern zurückkehrte.
    „Graf, Ihre Leute versagen Ihnen den Gehorsam“, bemerkte er sehr gleichmütig. „Verlangen Sie es nicht anders von einem Fremden, den Sie ohne Grund zu beleidigen trachten, obgleich er nur in Ihrem eigenen Interesse an dieser Stelle steht und stets gewohnt gewesen ist, selbst von den höchsten und distinguiertesten Herrschaften mit Achtung behandelt zu werden.“
    „Ich frage Sie, ob Sie mir gehorchen werden!“ rief der Angeredete jetzt außer sich. „Geben Sie augenblicklich den Schlüssel heraus.“
    „Gemach! Er gehört einstweilen mir, denn ich bin gegenwärtig Herr der Situation!“
    „Mensch, ich ohrfeige dich!“ schrie Alfonzo wütend.
    Er sprang auf den Arzt zu und hob die Hand zum Schlag, stieß aber sofort einen gräßlichen Schrei des Schmerzes aus, denn Sternau hatte diese Hand ergriffen und mit einer so fürchterlichen Stärke zusammengepreßt, daß die Knochen prasselten und das Blut hervorspritzte.
    Auf diesen Schrei öffnete sich langsam die Stubentür, und es erschien eine Gestalt, die ganz wohl geeignet war, der Situation einen anderen Stempel aufzudrücken, Achtung und Mitleid zu erregen.
    Der Eintretende war blind, das sah man auf den ersten Blick; aber seine lichtlosen Augen schienen dennoch das Vermögen zu besitzen, die Umgebung zu beherrschen. Seine lange, jetzt durch Leiden abgemagerte Gestalt war in ein weißes Tuch gehüllt, welches wie ein Grabgewand von den Schultern bis auf den Boden herniederwallte. Sein edel gezeichnetes Angesicht war todesbleich, und seine an den Schläfen ergrauten Haare hingen wie gefesselte Schlangen in dichten Strähnen bis in den Nacken hernieder.
    Es war, als sei ein Geist aus der Gruft gestiegen, um den ruhestörenden Streit der Sterblichen zu bannen.
    Dieser Mann war der Graf Emanuel de Rodriganda-Sevilla. Die Chloroformierung war noch nicht vollendet gewesen.
    Er hatte das Bewußtsein wiedererlangt und den Streit vernommen; darum war er, sich fest in das Tuch hüllend, vom Operationstisch herabgestiegen und hier eingetreten.
    „Was gibt es da? Wer redet hier? Warum beginnt man nicht mit dem Werk?“ fragte er, indem er seine toten Augen im Halbkreis herumgehen ließ.
    Rosa eilte auf ihn zu und schlang in überströmender Zärtlichkeit die Arme um ihn.
    „Mein Vater, mein teurer, lieber Vater!“ rief sie. „Der Heiligen Jungfrau sei Dank, daß man noch nicht begonnen hat! Nun darf man dich nicht töten.“
    „Töten? Wer wollte es denn tun, mein Kind?“
    „Oh, du wärst gestorben, sicher und gewiß; ich weiß es, ich ahne es, ich fühle es.“
    „Die kindliche Liebe und die Angst sprechen aus dir, meine liebe Tochter. Du hättest uns nicht stören sollen.“
    „Recht so, Vater!“ fiel hier der junge Graf ein. „Sie hat uns unterbrochen, und zwar in welch unglaublich auffälliger Weise! Ich will dir nur sagen, daß sie sogar die Tür hat einbrechen lassen. Sage selbst, ob dies einer Prinzessin Rodriganda würdig ist!“
    „Hast du dies wirklich getan, mein liebes Kind?“ fragte der Graf mit einem milden, ungläubigen Lächeln.
    „Ja, ich habe es allerdings getan, Papa“, antwortete sie.
    Und dann fuhr sie in edler Aufrichtigkeit fort:
    „Dein Zustand erfordert die allerhöchste Vorsicht, und dein teures Leben ist mir viel zu kostbar, als daß ich diese Vorsicht versäumen sollte. Du darfst nur von solchen Männern behandelt werden, zu denen ich Vertrauen habe; ich bemerke aber, daß man sich übereilt und dein Leben nicht mit der nötigen Sorgfalt behandelt. Ich starb fast vor Angst und Sorge. Ich schrieb nach Paris und erbat mir von Professor Letourbier einen Operateur, dem ich dich anvertrauen kann, und da nun derselbe heute gekommen ist, wollte man ihn nicht zu dir lassen. Wirst du dich noch wundern, daß ich den Eintritt erzwungen habe?“
    Er neigte lächelnd das müde Haupt und sagte:
    „Meine Ärzte besitzen mein vollständiges Vertrauen, und wenn man dir die Stunde der

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