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Wen die Sehnsucht besiegt

Wen die Sehnsucht besiegt

Titel: Wen die Sehnsucht besiegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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1
    England, 1572
    »Die Erbin von Maidenhall! «
    Joby konnte sich kaum beherrschen, als sie ihren Bruder Jamie und ihre ältere Schwester Berengaria nebeneinander an der Tafel sitzen sah. Jetzt blendete die Schönheit der beiden sie nicht mehr so wie in der frühen Kindheit. Manchmal hatte der Vater sie hoch in die Luft geschwungen und versprochen, eines Tages würde sie genauso schön sein wie Berengaria…
    Aber er hatte nicht die Wahrheit gesagt. Auch in anderen Dingen nicht. Zum Beispiel hatte er behauptet, sie würden stets genug zu essen haben und immer in einem warmen, komfortablen Haus wohnen - und bald würde die Mutter nicht mehr mit ihren Geistern reden. Doch die schlimmste Lüge betraf das ewige Leben.
    Joby warf die dunklen Locken in den Nacken und schaute ihren Bruder an, die Augen voller Sterne. Nachdem sie einige Jungen im Schwertkampf besiegt hatte, war ihr das Haar abgeschnitten worden. Um sich zu rächen, hatte sie ihren Kopf mit warmem Honig und Kiefernharz eingerieben. Inzwischen war es nachgewachsen, das einzige an ihrer äußeren Erscheinung, was ihr gefiel. »Die Erbin von Maidenhall«, wiederholte sie. »O Jamie, denk doch an das viele Geld! Glaubst du, sie badet in einer goldenen Wanne? Geht sie mit Smaragden ins Bett? «
    »Sonst hat sie ja nichts im Bett«, murmelte Rhys, Jamies Gefolgsmann. »Ihr Vater hält sie genauso unter Verschluß wie sein Gold. «
    Leise stöhnte er, als Thomas, Jamies zweiter Gefolgsmann, unter dem Tisch gegen sein Schienbein trat.
    Joby erriet, daß dieser Tritt den armen Rhys zum Schweigen bringen sollte. Weil sie erst zwölf war, dachten alle, sie wüßte nichts vom Leben. Und dabei mußte es bleiben. Natürlich verheimlichte sie ihnen, was sie wußte und was nicht. Nach ihrer Meinung wurde sie ohnehin schon ihrer Freiheit beraubt. Wenn die Erwachsenen erfuhren, was sie wußte, würden sie versuchen herauszufinden, wo sie’s gelernt hatte.
    Jamies Augen funkelten. »Nun, mit Smaragden geht sie wohl nicht ins Bett. Aber vielleicht trägt sie ein seidenes Nachthemd. «
    Träumerisch stützte Joby ihr Kinn in die Hand. »Seide… Italienische oder französische? «
    Alle, die am Tisch saßen, brachen in Gelächter aus, und sie genoß die Aufmerksamkeit, die sie erregte. Wenn sie die Leute auch nicht mit strahlender Schönheit betörte, so trug sie doch wenigstens zur allgemeinen Heiterkeit bei. Dieser Zweig der Familie Montgomery konnte sich keine Spaßmacher beim Dinner leisten. Es gab nicht einmal ausreichend zu essen. Aber Joby bemühte sich, den ansonsten trostlosen Alltag zu beleben.
    Mit einem großen Satz sprang sie auf den Tisch und von dort auf den kalten Steinboden des alten Schlosses. Die Stirn leicht gerunzelt, beobachtete Jamie seine Mutter, die still dasaß und so wenig aß, daß niemand verstand, warum sie nicht verhungerte. Doch sie nahm Jobys unmanierlichen Temperamentsausbruch gar nicht wahr, wie üblich in ihre Traumwelt versunken. Blicklos starrte sie in die Richtung ihrer jüngsten Tochter und schien sie nicht zu sehen. Oder sie wußte nicht, wer es war. Manchmal nannte sie das Mädchen Edward oder Berengaria, oder sie sprach es mit seinem richtigen Namen an - Margaret.
    Jamie musterte wieder seine jüngere Schwester. Wie immer trug sie Pagenkleidung, eine enge Hose und ein Wams. Zum tausendsten Mal überlegte er, nun müsse er sie endlich zwingen, sich wie ein Mädchen anzuziehen. Doch das brachte er nicht übers Herz. Sie würde früh genug heranwachsen und das rauhe Leben kennenlernen. Deshalb sollte sie so lange wie möglich ein Kind bleiben.
    »Und was hat sie tagsüber an? « fragte sie. Nur fünf Leute saßen am Tisch, und nun kamen die wenigen Diener, die immer noch für die Familie arbeiteten, aus der Küche in die Halle. Aber sie stellte sich vor, auf einer Bühne vor der Königin und zahlreichen Zuschauern zu stehen. Gähnend streckte sie sich und spielte eine Frau, die am Morgen aus dem Bett stieg. »Bring mir meinen goldenen Nachttopf! « befahl sie einer Phantasie-Zofe und wurde von Berengarias Gelächter belohnt. Wenn Joby ihre Schwester amüsierte, würde Jamie der Posse nicht Einhalt gebieten.
    Mit vulgären Gesten tat Joby so, als würde sie den Saum eines Nachthemds hochheben und sich auf einen Topf setzen. »Oh, diese Smaragde sind so hart! « jammerte sie und rutschte umher.
    Jamie tuschelte mit Berengaria. Dann hob er die Brauen, um Joby zu bedeuten, sie dürfe nicht zu weit gehen. Würdevoll erhob sie sich. »Hol mir

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