55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät
erstaunt an. Endlich glaubte er zu erraten, welchen Grund der Baron habe, sich persönlich an dieser gefährlichen Affäre zu beteiligen. Er sagte daher:
„Ah, Sie gehen als eine Art Aufseher mit?“
„Hm!“ brummte der Gefragte, ohne eine weitere Antwort zu geben.
„Um sich zu überzeugen, ob ich ein Feigling bin oder nicht?“
Richemonte hatte das Richtige erraten. Aber Reillac wollte ihn nicht aufs neue erzürnen; daher antwortete er:
„Unsinn! Jemandem eine Kugel durch den Kopf zu treiben ist leichter, als mit dem Dolch in der Faust mit ihm zu kämpfen, wie Sie es ja bereits getan haben.“
„Das meine ich auch“, sagte der Kapitän befriedigt.
„Ich bin überzeugt, daß Sie keinen Fehlschluß tun werden. Wenn ich erkläre, mich persönlich zu beteiligen, so ist das nicht Mißtrauen, sondern es hat seine Gründe.“
„Welche?“
„Es kann einer dem anderen beistehen, wenn irgendein unvorhergesehener Fall eintreten sollte. Sodann ist es diese Nacht sehr finster. Man muß sich vor dem Schuß überzeugen, ob man auch auf den Richtigen zielt.“
„Sie meinen, man muß ihn ansehen?“
„Ja.“
Der Kapitän lachte.
„Das ist allerdings eine sehr ungewöhnliche Ansicht“, sagte er. „Wir ersuchen jeden Vorübergehenden, stehenzubleiben, um sich ansehen zu lassen, und machen also alle Leute auf uns aufmerksam. Und wenn der Richtige kommt, blicken wir auch ihm an die Nase, so daß er Zeit behält, unsere Absicht zu erraten, sich zur Wehr zu stellen und zu entkommen.“
„Sie nehmen die Sache allerding zu hölzern, Kapitän!“
„Wie soll ich sie sonst nehmen, daß Sie sich den Mann erst genau ansehen wollen?“
„Ansehen? Hm!“ lächelte Reillac überlegen. „Ich meine sogar, daß wir ihn vorher erst anleuchten werden.“
„Sind Sie toll?“
„Wenigstens nicht ganz. Ich habe zu Hause ein allerliebstes kleines Blendlaternchen.“
„Das wollen wir holen?“
„Ja. Ferner habe ich ein Paar ausgezeichnete Doppelpistolen. Wir brauchen sie nicht alle zwei. Eine wird genügen“, meinte Reillac voller Zuversicht.
„Das ist allerdings angenehm“, antwortete Richemonte. „Ich möchte nicht gern abermals nach Hause gehen, was doch geschehen müßte, wenn ich mich meiner eigenen Pistolen bedienen wollte.“
„Sehen Sie, daß ich nicht ganz toll bin! Also, wir müssen sichergehen. Passanten gibt es nicht viele; wir werden also nicht auffallen. Übrigens werden wir es jedem Kommenden am Schritt anhören, ob er ein Offizier ist oder nicht. Ferner wissen wir nicht, welchen Weg Königsau einschlagen wird, wenn er heimkehrt. Wir werden ihn also vor seiner Wohnung erwarten müssen. Auf diese Weise läuft er uns ganz sicher in die Hände, ohne daß wir einem anderen lästig fallen.“
„Aber das Anleuchten –?“
„Habe ich nur so gemeint, daß wir ihm, wenn er kommt, das Licht der Blendlaterne für einen Augenblick in das Gesicht fallen lassen. So überzeugen wir uns, daß er es wirklich ist, und zugleich erhalten Sie dabei ein sicheres Ziel. Sie nehmen die Pistole und ich die Laterne. Während ich ihn beleuchte, schießen Sie.“
„Hm, das ist wirklich nicht übel ausgedacht! Aber wenn er uns erkennt?“
„Wir werden im Dunkeln bleiben, und zudem wird er von dem plötzlichen Licht so geblendet sein, daß er gar nichts erkennen kann. Übrigens würde er auf keinen Fall etwas verraten können, da er ja bereits im nächsten Augenblick eine Leiche sein wird.“
Der Kapitän überlegte noch. Die Sache kam ihm zu rasch. Der verunglückte Anschlag war kaum vorbei, so sah er sich auch bereits vor eine Wiederholung gestellt.
„Und wenn es gelingt, was tun wir?“
„Wir entfernen uns natürlich!“ lachte der Baron.
„Wohin?“
„Nach meiner Wohnung. Das gibt ein Alibi.“
„Das bezweifle ich. Ihre Leute werden natürlich unser Kommen bemerken; man wird also wissen, daß wir nicht dagewesen sind.“
„Ich bedaure Sie, Kapitän. Ich bin nicht so töricht, wie Sie es zu sein scheinen. Meine Leute glauben mich in meiner Bibliothek. Dort brennt ein Licht, und niemand hat Zutritt, nicht einmal mein Kammerdiener, auf den ich mich übrigens verlassen könnte.“
„Ah, so haben Sie einen geheimen Ausgang?“
„Natürlich!“
„Oh, Sie sind schlau, Baron!“
„Was wollen Sie! In diesen Zeiten weiß man nie, was passieren kann. Übrigens hat man ja auch sonst seine kleinen Verhältnisse und Abenteuer. Da ist es stets gut, wenn die Dienerschaft mit gutem Gewissen beschwören kann,
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