55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät
Blücher den Freiersmann gemacht habe?“
„Ja.“
„So steht dieser Königsau bei dem Marschall gut?“
„Höchst wahrscheinlich.“
„So, daß dieser ihn auch einmal einladen könnte, mit ihm zu speisen?“
„Gewiß, Blücher soll in dieser Beziehung ja ganz und gar nicht penibel sein.“
„Gut, gut, da hätten wir ja gleich einen Modus!“
„Erkläre dich deutlicher!“
„Nun, wohlan! Es kommt ein Ordonnanzoffizier in einer Equipage zu Madame Richemonte, natürlich ein deutscher Ordonnanzoffizier, gnädiger Herr.“
„Weiter, weiter!“ sagte Reillac, ganz begierig, den Plan Pierres zu vernehmen.
„Dieser Offizier bringt die Empfehlung von dem Marschall; Mademoiselle Margot ist eingeladen, das Souper mit demselben einzunehmen. Ihr Bräutigam ist ebenso eingeladen, holt sie aber nicht ab, weil er überrascht werden soll. Er weiß gar nicht, daß Mademoiselle erscheinen wird.“
„Schlaukopf, ich beginne zu ahnen!“
„Nicht wahr?“
„Aber ein Fehler, ein sehr großer Fehler!“
„Welcher, gnädiger Herr?“
„Die Mutter ist nicht mit eingeladen, das würde sehr auffallen.“
„Ah, sagten der gnädige Herr nicht, daß sie krank sei?“
„Allerdings.“
„Nun, da hat man ja gleich die gute Ausrede. Die Ordonnanz hat zu melden, daß der Marschall wegen ihres Unwohlseins lebhaft bedaure, die gnädige Frau nicht auch bei sich zu sehen. Das wird wohl genügen?“
„Jedenfalls.“
„Nun kenne ich da an der Seine in einem kleinen Gäßchen einen heruntergekommenen Apotheker, welcher davon lebt, daß er gewisse Sachen, welche der Privatmann sonst nicht erhält, an seine guten Freunde verkauft.“
„Bist du einer dieser guten Freunde?“
„Ich schmeichle es mir“, antwortete Pierre lächelnd. „Er besitzt ein Parfüm, davon einige Tropfen in ein Taschentuch geträufelt und einer Dame vor das Gesicht gehalten, machen, daß diese sofort die Besinnung verliert.“
„Schurke!“ lachte der Baron. „Hast du selbst dieses Parfüm bereits erprobt?“
„Mit Ihrer gnädigen Erlaubnis, ja“, antwortete Pierre zynisch.
„An wem? An einer Dame?“
„Natürlich! An einem Herrn würde die Probe zu uninteressant sein.“
„Du bist und bleibst ein schlechter Kerl.“
„Danke, gnädiger Herr!“ sagte Pierre mit einer sarkastischen Verbeugung.
„Fahre fort!“
„Also Mademoiselle sitzt mit der Ordonnanz im Wagen. Der Offizier träufelt zwei Tropfen des Parfüms auf ein Tuch und hält es ihr vor das Näschen.“
„Du bist bei Gott ein Bösewicht!“ bemerkte der Baron. „Weiter. Verliert sie sofort die Besinnung?“
„Sofort“, antwortete der durchtriebene Diener.
„Auf wie lange?“ forschte der Baron weiter.
„Auf eine halbe Stunde“, erklärte der Domestike.
„Es schadet ihr nichts?“ fragte der Baron lauernd.
„Im Gegenteil. Es stärkt sie außerordentlich. Sie erwacht wie nach einem langen, gesunden Schlaf und fühlt sich ganz frisch und wohl“, beruhigte der schurkische Kammerdiener seinen würdigen Herrn.
„Und dann? Ah, wo erwacht sie? Beim Feldmarschall Blücher?“
„Damit würde Ihnen wohl nicht gedient sein!“
„Wo denn sonst?“
„Natürlich bei Ihnen.“
„Ah, Teufel!“
„In Ihrem Vorsaal, in Ihrem Empfangs- oder Arbeitszimmer; sie wird überhaupt da erwachen, wo sie es für gut und bequem halten, gnädiger Herr.“
„Höre, dein Plan hat vieles für sich, aber er ist etwas zu phantastisch.“
„Wie phantastisch?“
„Er ist nicht gut auszuführen.“
„Das finde ich nicht, gnädiger Herr.“
„Man muß sich der Ordonnanz und dem Kutscher geradezu auf Gnade und Ungnade ergeben.“
„Das ist ganz und gar nicht notwendig.“
„Woher die Ordonnanz nehmen?“
„Oh, ich kenne einen jungen Mann, welcher für zwei- bis dreihundert Franken recht gern für eine halbe Stunde die Uniform eines deutschen Offiziers anlegen würde.“
„Hat er das nötige Geschick?“
„Oh, sehr! Er ist Schauspieler.“
„Hm! Er müßte Deutsch verstehen und sprechen.“
„Das tut er vollständig.“
„Er müßte verschwiegen sein.“
„Das ist er im höchsten Grad.“
„Kannst du garantieren?“
„Vollständig!“
„So mußt du seiner sehr sicher sein, denn bei der geringsten Plauderei würdest du deine Stelle bei mir einbüßen. Verstehst du wohl?“
„Ich verstehe, brauche aber keine Sorge zu haben. Der junge Mann ist – mein Sohn.“
Der Baron sah den Diener erstaunt an.
„Dein Sohn?“ sagte er. „Du warst ja nie
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