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57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

Titel: 57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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im Wald und der Aufenthalt Napoleons auf dem Meierhof Jeanette zugrunde. Dies war aber auch das einzig Wahre daran. Er fügte Ausschmückungen und Episoden hinzu, welche nur zu dem Zweck erfunden waren, ihn selbst in einem günstigen Licht, die Königsaus aber in einem desto gehässigeren erscheinen zu lassen. Als er geendet hatte, meinte der Graf:
    „So also ist es gewesen! Interessant, höchst interessant! Ich will Ihnen gestehen, lieber Kapitän, daß Sie mir gleich im Augenblick unserer ersten Begegnung eine warme Sympathie eingeflößt haben. Jetzt verstehen wir einander noch besser, und ich denke, daß eine Gelegenheit kommen wird, den Gefühlen, welche wir beiderseits hegen, einen Ausdruck zu geben, der dieser deutschen Familie nicht angenehm sein wird. Ich bin nicht der Mann, der eines Menschen Verderben will, aber einem Königsau werde ich niemals verzeihen können, daß er diesen Namen trägt. Reichen wir uns die Hand zu dem Übereinkommen, uns gegenseitig zu unterstützen, wenn es gilt, denen, welche uns auf eine solche Weise beleidigten, zu zeigen, daß ein Franzose sich wenigstens von einem Deutschen nie ungeahndet beleidigen läßt!“
    Nichts konnte dem Kapitän willkommener sein, als diese Aufforderung. Er schlug sofort in die dargebotene Hand des Grafen und sagte:
    „Ich bin von ganzem Herzen bereit, auf ein solches Bündnis einzugehen. Es liegt in der menschlichen Natur, ja, es ist sogar die heiligste Pflicht eines jeden, der sich einen Mann nennt, keine Beleidigung ungerächt zu lassen. Wir erfüllen also nur diese Pflicht, indem wir die Absicht, welche Sie andeuteten, zur Wirklichkeit werden lassen.“
    „Sie haben recht. Ich bin heute zur Kaiserin befohlen und werde nicht versäumen, die Angelegenheit des Barons de Sainte-Marie zum Vortrag zu bringen. Daß Baron de Sainte-Marie der Mörder seiner Frau gewesen ist, darf der Sohn nicht entgelten. Und daß dieser letztere zugleich der Sohn eines Mädchens ist, welches nicht zum Adel gehörte, kann auch kein Hindernis sein, die Rechte, welche sein Vater beanspruchen durfte, auf ihn übergehen zu lassen. Bringen Sie ihn umgehend zu mir, und dann werde ich Ihnen morgen am Vormittag mitteilen, welche Hoffnungen wir hegen dürfen!“
    Diese für den nächsten Morgen angekündigte Unterhaltung fand statt, und es stellte sich heraus, daß Richemonte allerdings große Hoffnungen hegen durfte, seinen Plan in Erfüllung gehen zu sehen. Der Kaiser hatte verlangt, ihn in einer Privataudienz zu empfangen, bei welcher auch die Kaiserin zugegen sein sollte. Diese letztere, die einstige Dame des im höchsten Grad schlüpfrigen spanischen Hofs, goutierte gewisse Dinge, welche sonst nicht vor das Ohr einer Dame zu gehören pflegen. Sie war begierig, etwas über die letzte Liebe Napoleons zu erfahren, und interessierte sich daher schon im voraus lebhaft für den Mann, welcher ihr diesen Genuß bereiten sollte.
    Die Audienz fand statt. Richemonte verstand es, diese Gelegenheit zu benutzen. Er stellte seine damaligen Erlebnisse und Taten in ein möglichst vorteilhaftes Licht, gab sich sozusagen als Märtyrer, und als er entlassen wurde, ging er mit der Gewißheit von dannen, daß er, der einst aus der Armee Gestoßene, rehabilitiert werde. Und was den angeblichen Sohn des in Afrika verstorbenen Barons de Sainte-Marie betrifft, so hatte Napoleon der Dritte sich alle auf ihn bezüglichen Legitimationen und Dokumente vorlegen lassen, sich nach Durchsicht derselben befriedigt erklärt und das Versprechen gegeben, diese Angelegenheit sofort in die besten Hände niederzulegen.
    Um diese Zeit befand Gebhard von Königsau sich in der Heimat, und so war es die vollzählige Familie, welche von der amtlichen Mitteilung getroffen wurde, daß ein Sohn des einst verschwundenen Sainte-Marie erschienen sei und die Rückgabe des ihm rechtmäßigerweise zukommenden Erbes verlange.
    Es wurde sofort der Rat eines tüchtigen Juristen eingeholt; er bestand in einem Achselzucken. Die Achseln anderer Sachverständigen wurden ebenso gezuckt. Darauf ging die Nachricht ein, daß die betreffende Person sich vollständig als der Sohn des Barons ausgewiesen habe und selbst vom Kaiser als derselbe anerkannt worden sei. Sollte man einen langwierigen Aktenkampf beginnen, dessen Ende gar nicht abzusehen war? Nein! Königsau, Vater und Sohn, entschlossen sich, den Meierhof abzutreten, und in Wahrheit mußten sie noch froh sein, daß ihnen nicht auch noch zugemutet wurde, für die Zeit, während

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