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63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

Titel: 63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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„Aber bitte, wo trafen Sie den alten Brandt?“
    „Hier in der Residenz.“
    „Lebt er vielleicht hier?“
    „Ja, er ist pensioniert worden.“
    „Können Sie mir seine Wohnung angeben?“
    „Sehr genau: Siegesstraße Nummer zehn. Wollen Sie vielleicht mit dem alten Mann sprechen?“
    „Ja. Ich will Ihnen sehr aufrichtig gestehen, daß ich nie so recht an die Schuld seines Sohnes geglaubt habe.“
    „Hatten Sie Ursache dazu?“
    „Direkt nicht. Aber ein Polizist, wie er, mordet nicht. Er trat auch nicht auf wie einer, der sich einer so fürchterlichen Schuld bewußt ist, und gerade die Zeugen, deren Aussagen für ihn verderblich wurden, machten auf mich einen Eindruck, den ich keinen guten nennen kann.“
    „Wer waren die Zeugen?“
    „Die Hauptzeugen waren der Baron Franz von Helfenstein und eben jene Zofe Ella, welche später die Frau des ersteren wurde. Dieser Umstand hat mir immer viel zu denken gegeben.“
    „Wieso?“
    „Es hatte fast den Anschein, als habe er sie nur aus erzwungener Dankbarkeit geheiratet. Übrigens stand die Sache so, daß – nein, das würde denn doch vielleicht zu kühn gesagt sein.“
    „O bitte, sprechen Sie weiter! Wir sind ja allein.“
    „Gut! Brandt klagte nämlich den Baron des Mordes an, dessen er überführt wurde. Beide waren gegeneinander, und später wurde es mir völlig klar, daß derjenige von ihnen, auf den die Anklage zuerst fiel, auch schuldig sein mußte. Übrigens schienen gegen Brandt die Umstände sich geradezu verschworen zu haben. Ich muß wirklich seinen Vater einmal aufsuchen, um einen jetzt unbeeinflußten Blick in die Vergangenheit zu tun.“
    „Hm! Es müßte ihnen unlieb sein, zu erfahren, daß Brandt unschuldig gewesen ist!“
    „Warum das?“
    „Weil Sie auch zu seinen Richtern gehörten.“
    „Ja, Sie haben recht. Doch kann ich mich beruhigen. Wir haben die Schuldfrage gestellt, und sie wurde mit ja beantwortet. Ich hatte nur das Protokoll zu führen, bin also eigentlich am Richteramt selbst nicht beteiligt gewesen. Ich möchte wissen, ob er noch lebt.“
    „Vielleicht.“
    „Ah! Haben Sie eine begründete Vermutung?“
    „Vermutung? Nein. Er war nicht alt; zwanzig Jahre sind unterdessen vergangen; da kann er noch recht gut leben. Erinnern Sie sich nicht einer anderen Zeugin, deren Aussage eigentlich für ihn am verderblichsten wurde?“
    „Sie meinen die Baronesse Alma von Helfenstein?“
    „Ja.“
    „Sehr gut erinnere ich mich ihrer. Sie zeugte gegen ihn, obgleich ihr darob das Herz brechen wollte. Sie bringen mich da auf einen Gedanken. Könnte ich mit ihr sprechen, so wäre es vielleicht möglich, einen Punkt zu finden, auf welchem Fuß zu fassen ist.“
    „Warum sollen Sie nicht mit ihr sprechen können?“
    „Ich habe mir sagen lassen, daß sie sehr zurückgezogen lebt und fast unnahbar ist. Sie trägt noch heute das Trauerkleid, welches sie damals angelegt hat.“
    „Soll ich vielleicht Ihre Bekanntschaft vermitteln?“
    „Durchlaucht kennen die Baronesse?“
    „Ja.“
    „Dann gestehe ich, daß es mir außerordentlich lieb sein würde, ihr vorgestellt zu werden.“
    „Wann, Herr Gerichtsrat?“
    „Nun, baldigst.“
    „Vielleicht heute schon?“
    „Das würde sich doch wohl nicht leicht machen lassen.“
    „Sehr leicht sogar. Wollen Sie die Güte haben, mich am Abend, vielleicht acht Uhr, zu besuchen?“
    „Sie haben die Absicht, mich zur Baronesse zu führen?“
    „Nein. Diese Dame wird bei mir speisen.“
    „Schön, sehr schön. Ich nehme Ihre Einladung mit herzlicher Dankbarkeit an. Darf ich mich vielleicht erkundigen, ob noch andere Herrschaften anwesend sein werden?“
    „Ja. Nämlich erstens der Arzt, von dem wir vorhin sprachen.“
    „Von dem Sie sagen, daß er die Baronin von Helfenstein geraubt habe?“
    „Natürlich!“
    „Wollen Sie mich, den Gerichtsrat, mit einem Mann zusammenbringen, welcher in dieser Weise gegen einen hervorragenden Paragraphen des Strafgesetzes gesündigt hat!“
    „Keine Sorge! Ich weiß, was ich tue. Ich will Ihnen zu Ihrer Beruhigung gestehen, daß er nur mitschuldig ist. Der eigentliche Täter aber bin – ich.“
    Der Gerichtsrat fuhr, fast erschrocken, zurück.
    „Sie? Sie?“ fragte er.
    „Ja. Meine Gründe werden Sie heute abend erfahren. Also weiter. Sie werden ferner außer der Baronesse bei mir finden die Eltern Brandts und den Herrn Assessor von Schubert.“
    „Auch der ist geladen!“
    „Noch nicht. Aber ich bitte, ihn zu benachrichtigen, daß ich mich

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