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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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will man sich an Ihnen rächen?“
    „Anton war zum Schein der Geliebte der Zofe, hatte aber nur die Absicht, sie betreffs ihrer Herrschaft auszuforschen.“
    „Und Sie, was haben Sie verbrochen?“
    „Ganz dasselbe. Ich habe ein anderes Mädchen auszuhorchen gehabt, kann aber nicht begreifen, warum ich da auch mit hineingezogen werden soll. Direkt habe ich der Zofe doch nichts zuleide getan! Sie müßte mit der dicken Jette im Komplott sein, mit der sie allerdings gestern im Tivoli lange Zeit gesprochen hatte.“
    Er sagte das mehr für sich hin als für Hauck; dieser aber fragte in lebhaftem Ton:
    „Die dicke Jette! Ach, nicht wahr, die Zofe war gestern im Tivoli?“
    „Ja, und Mehnert machte sich viel mit ihr zu schaffen.“
    „Meinen Sie mit der dicken Jette etwa die kleine Dicke, welche mit der Zofe beisammensaß?“
    „Ja.“
    „Und dann auch mit ihr ging?“
    „Wie? Sie ist auch mit ihr gegangen?“
    „Ja.“
    „Ich habe aber die Dicke noch später gesehen, als die Zofe längst fort war!“
    „Weil sie wiedergekommen ist.“
    „So so! Aber Sie sprechen ganz erregt. Was haben Sie? Warum konnten Sie vorhin, als Mehnert von der Zofe Abschied nahm, sich so wenig beherrschen, daß Sie beinahe ganz laut geworden wären?“
    „Das geschah vor Freude, wie ich bereits sagte. Ein Wort, welches ich hörte, brachte mir die ganze Erinnerung an gestern zurück. Ich war natürlich ganz glücklich darüber.“
    „Welches Wort?“
    „Die Werner im Loch!“
    „Ach so! Auch mir geht jetzt ein Licht auf.“
    „Gestern ging ich nämlich im Tivoli an der Zofe und der Jette vorüber und hörte, daß die Werner in das Gefängnis müsse. Das waren die Worte, die mich veranlaßten, den Saal zu verlassen, und die mir heute doch gar nicht wieder einfallen wollten.“
    „Sie haben natürlich geglaubt, daß diese Drohung gegen Laura gerichtet sei?“
    „Jawohl.“
    „Das ist nicht der Fall, sondern sie galt ihrer Schwester Emilie, meiner Verlobten. Diese beiden Mädchen wollen sich rächen, an mir und Anton, weil wir sie verlassen haben. Wie sie es anfangen wollen, das weiß ich freilich nicht. Jedenfalls aber haben die erwähnten Ringe und auch der vorhin in den Kasten gesteckte Brief darauf Bezug. Ich werde natürlich noch während der Nacht den Kasten öffnen lassen. Dann wird es sich finden, was sie beabsichtigen.“
    „Vielleicht kann ich Ihnen eine Mitteilung machen, welche Ihnen schon jetzt Licht bringt.“
    „Welche Mitteilung?“
    „Die beiden Mädchen sind gestern abend in dem Palais des Barons gewesen.“
    „Guter Freund, da irren Sie sich sehr.“
    „O nein.“
    „Die Schlüssel, alle die es gibt, befinden sich in meiner und Antons Verwahrung. Wir wohnen jetzt im Palais.“
    „So? Aber die Mädchen hatten auch Schlüssel.“
    „Ich weiß nicht, was ich denken soll. Sie sprechen mit solcher Ruhe und Überzeugung; aber ich kann nicht glauben, daß Ella – ah, als Zofe konnte sie sich freilich auf irgendeine Weise Schlüssel verschaffen!“
    „Sehen Sie!“
    „Sie sah mich und Anton im Tivoli; sie war also sicher, hier nicht überrascht zu werden. Was aber wollte sie?“
    „Das weiß ich freilich nicht.“
    „Zwei Mädels, so allein, abends in das weitläufige, finstere und verrufene Gebäude. Sie müssen sich da eigentlich ganz entsetzlich gefürchtet haben.“
    „Wenn es sich um Eifersucht und Rache handelt, pflegt ein Mädchen gar nicht mehr an Furcht zu denken.“
    „Das ist freilich wahr. Zu welcher Tür sollen sie aber eingedrungen sein?“
    „Durch das kleine Pförtchen dort hinter der Ecke.“
    „Ah! Das war die geheime Passage auch des Hauptmanns. Haben Sie sie wirklich dort eintreten sehen?“
    „Eintreten nicht, aber herauskommen. Ich ging ihnen nach. Als ich dort um jene Ecke kam, waren sie verschwunden. Es gab keine Erklärung, als daß sie durch die Pforte in das Palais gegangen seien. Ich beobachtete die Fenster und bemerkte wirklich baldigst einen Schein wie von einer schlecht verwahrten Laterne.“
    „Wo?“
    „Im ersten Stock, da im fünften und sechsten Fenster.“
    „Dort ist das Boudoir der Baronin gewesen. Dort gibt es noch Schmuck und Geschmei – Donnerwetter!“
    „Was ist's?“
    „Mir geht da nicht nur ein Licht, sondern gleich eine ganze Stearinfabrik auf. Es ist sicher so, wie ich denke: Sie haben die beiden Ringe gestohlen, welche uns der Geliebte der Zofe in die Hand spielen mußte, damit es heißen könne, wir hätten sie unterschlagen. Gut ausgesonnen!

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