bekam er den Jeep und die alte Suerte Loca, die, in Miss Lucky umgetauft, noch immer in Polizeigewahrsam im Hafen von Morro Bay lag. Für Strafe und Liegegebühr würde ich aufkommen, den Schaden an Aufbau und Instrumenten wollte er in Eigenregie beheben.
“Wird mir guttun”, meinte er, und dass er ohnehin vorhatte, ein paar Kilochen abzunehmen. Aber den Jeep würde er gleich verkaufen. Sein Käfer sei noch zu gut. Den könne er nach den vielen Jahren nicht einfach zum alten Eisen werfen.
Ich hatte meinen Anteil zu Wong gebracht. Es war wirklich ein ordentlicher Batzen. Ein Fünftel der Sore. Verblüffend, was so ein Drogenfritze in drei Wochen einnimmt. Jedenfalls gab mir Wong einen Freundschaftspreis, als er mitkriegte, wie viel Geld er für mich transferieren sollte. Ein Teil nach Liechtenstein, ein Teil nach Spanien, das meiste an einen Herrn Hamid in Genf. Ich hatte durch Wong drei Notare beauftragt, die Kohle abzuholen und auf eigenen Anderkonten zu verwahren. Erst mal. Der Zinsverlust juckte mich nicht. Ich würde mir gut überlegen müssen, wie ich das Geld anlege. Sicher anlege.
Zorbian starb am Tag nach unserem Abenteuer. Ich war gerade von Wong gekommen, hatte mich auf der Ranch in mein Zimmer gesetzt, als das Telefon klingelte und einer der Nazis meldete, dass Herr Bobby mich sprechen will. Er sei tot, sagte Bobby, und er sei friedlich gestorben. Wenn ich ins Haus am Meer kommen wolle, hätte er noch ein Abschiedsgeschenk.
Er gab mir die Pässe, die schönen, gab uns damit ein neues Leben. Er würde wegziehen, sagte er mir, er wolle nicht in der Gegend bleiben. Zu viele schöne Erinnerungen, die jetzt nur verblassen würden.
Ich hörte kurz darauf von Winston, dass Bobby ihm die Ranch anbot, aber Winston lehnte ab. Er wollte auch langsamer machen, sagte er, wollte vielleicht zu seiner Tochter ziehen und eine kleine Privatflugzeugwerft aufmachen. Oder vielleicht doch Kofis Angebot annehmen und mit neuem Namen, neuen Papieren und US-Staatsangehörigkeit im Zeugenschutzprogramm verschwinden. Hatte Doc schon getan.
Herr Perez sorgte noch ein letztes Mal für Aufregung. Doc hatte mich angerufen, um sich zu verabschieden. Bei der Gelegenheit erzählte er, dass Kofi der Meinung war, Perez´ Arbeitgeber hätten auf das viele gestohlene Geld, die abgepasste Ladung Drogen und die Viertelmillion in bar, die am Tag nach dem Überfall auf Perez´ Privatkonto bei der County Savings Bank of Ventura auftauchte, branchentypisch reagiert. Sie hätten ein paar ihrer Herren aus Mexiko nach Silver Strand geschickt, um die Ursache der seltsamen Zufälle zu erfragen. Julie sei an dem betreffenden Vormittag mit einem ihrer Bodyguards nach Santa Barbara zum Einkaufen gefahren, und als sie zurückkam, sei die Villa bis auf die Grundmauern abgebrannt gewesen. Der Hausherr wurde in einer angekokelten Ecke des Gästehauses gefunden, ein gewaltiges Loch in der schönen Stirn, den abgeschnittenen Penis im Mund. Was darauf schließen ließ, dass sich jemand von Herrn Perez betrogen fühlte und der Welt zeigte, dass das keine Art war, mit fremdem Gut umzugehen.
Julie, sagte Doc, habe sich umgeschaut, ins Auto gesetzt und wegbringen lassen. Man wisse nicht, wo sie sei.
Ich wusste, wo Marisol und Ricky waren. Neben mir, auf Sitzen A und B der Reihe 37. Winnipeg-Paris, und ein paar Tage darauf eine Stunde von Paris nach Ibiza. Irgendeiner hatte mir vor langer Zeit erzählt, dass dort die Brandung gut sei. Ich wollte wieder surfen. Und dass es ganz lustig sei. Mal sehen. Wir sprachen alle spanisch. Da würde man sich schnell einleben.
Die Maschine brummte, den Film kannte ich, die Flugbegleiterin war schon seit einer Stunde nicht mehr aufgetaucht, und zwischen uns und Grönland war eine dicke Wolkendecke. Ich schaute Marisol an, die sich über unseren schlafenden Sohn beugte. Ich streichelte ihre Hand. Sie blickte hoch und lächelte mich an.
Im Kopfhörer lief einer meiner Lieblingssongs. Hoyt Axton sang ein Lied, das er während der Jugendrevolution schrieb; Never been to Spain. Ich auch nicht. Aber ich lasse mich überraschen.
Impressum
Peter J. Kraus: Aasgeier
© 2012 by Peter J. Kraus, Hot Springs, AR 71913, USA
Alle Rechte vorbehalten
Umschlaggestaltung: Peter J. Kraus
Konvertierung: PJK
[email protected] www.peterjkraus.com
Geier heißt der erste Teil dieser Geschichte, zuerst 2003 bei Knaur, München, erschienen. Geier ist als E-Book auf Amazon zu