Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen
liegen, schlägt aber einen weiten Bogen um ihn herum, denn die Aurikel haben ein höchst unangenehmes Souvenir hinterlassen. Auch gibt es noch ganz andere Delikatessen als bloß Kohl. Besonders Zuckerrüben! Aber die richtige Sorte muß es sein! Die kleine, niedliche; höchstens drei Stück auf ein Pfund! Das ist ungeheuer zart! Das zerläuft fast auf der Zunge! Man weiß auch, wo sie wachsen. Andere Ziegen haben es verraten. Nämlich grad aus dem Wirtshause heraus, bloß über die Straße hinüber und dann die hohe Böschung hinauf, da liegt das große Zuckerrübenfeld. Man geht zwar nicht aufs Stehlen aus; aber die alte Bauernregel sagt: Ein Rüblein in Ehren – – ist nicht zu verwehren. Na, also – –!
Das Karlinchen geht leise um das Etablissement herum, klettert drüben an der Böschung hinauf und sieht dann das Feld wie eine grenzenlose Seligkeit weit vor sich ausgebreitet. Eben will sie das Rüblein, das einzige, beim Schopfe fassen, da hört sie plötzlich ganz in der Nähe sagen:
»Es ist nur eine Ziege. Wir können sitzen bleiben.«
Sie erschrickt zwar ein klein wenig, aber da sie sich an der Rübe noch nicht vergriffen hat, so ist für diesmal ihr Gewissen rein. Es kann sie weder ein Gendarm noch sonst wer arretieren. Dagegen aber hat nun sie die Pflicht, sich angelegentlichst darum zu bekümmern, was für Vagabunden sich bei nachtschlafender Zeit hier in der Nähe der kostbaren Rüben herumzutreiben haben. Im Falle einer Kollision hat sie ja ihre Hörner! Sie tut also, als ob sie es nur auf das jedermann erlaubte Gras der Böschung abgesehen habe, und frißt sich immer näher an den wilden Schlehenbusch, hinter welchem die Worte hervorgeklungen sind.
»Ich bin kolossal neugierig, ob es klappen wird,« sagte jetzt eine zweite Stimme. »Geht er darauf ein, so machen wir einen Schlager, der uns Hunderttausende einbringt.«
»Aber wenn er nicht ehrlich ist, so verlieren wir auch alles, was wir dabei riskieren, und das ist ein Vermögen, wie es in dieser armen Gegend gewiß kein Mensch besitzt!«
»Er ist noch reicher. Für mich gibt es also keine Angst. Bei einem solchen Geschäft ist es selbstverständlich, daß er Vorherzahlung fordert; aber er liefert dann auch zweifellos. Uebrigens gehen wir ja ohne Revers auf gar nichts ein! Wenn ich irgend eine Besorgnis habe, so ist es die, daß er es unserm Kompagnon übelnimmt, uns verraten zu haben, wer das Geldmännle eigentlich ist. Dieser war der einzige, der es bisher wußte. Er hat schon mit dem alten, kleinen Musterwirte lohnende Geschäfte gemacht. Die Höhe der Summen, um welche es sich bei dem jetzigen handelt, wird seinen Verrat wahrscheinlich entschuldigen. Hauptsache ist, daß wir uns so verhalten, wie das Geldmännle es im Verkehr mit ihm eingeführt hat: Vertrauen zu ihm, Zahlung gleich bei der Bestellung, keine überflüssigen Anforderungen, möglichste Kürze in allem, was man tut und sagt. Horch! Die Tür geht auf. Es sind zwei Personen. Er bringt ihn also mit. Das ist ein gutes Zeichen. Er hat ihn überredet. Nun mache mir ja nicht etwa den Fehler, durch Mißtrauen oder Weitschweifigkeiten alles wieder zu verderben.«
»Ich werde schweigen. Sag’ du, was zu sagen ist! Aber mache mir auch dann keinen Vorwurf, wenn wir mit einem Schlage zu Bettlern werden!«
»Lächerlich! Uebrigens wären wir dann genau wieder das, was wir gewesen sind, wenn wir nicht gar etwas noch anderes waren!«
Sie hatten bisher gesessen. Jetzt standen sie auf. Das Karlinchen sah, daß sie städtisch gekleidet waren. Sie duckte sich ganz nahe an den Busch, denn diese Sache kam ihr trotz ihrer Hörner denn doch etwas bedenklich vor. Zwei Männer näherten sich über die Straße herüber. Sie stiegen die Böschung herauf. Der eine von ihnen war der Herr Frömmelt. Dieser schaute die Wartenden scharf an, als er sie erreicht hatte, und fragte in kurzem, fast gebieterischem Tone:
»Sie sind Bankiers, meine Herren?«
Der von ihnen, welcher sprechen sollte, antwortete:
»Hm! Aufrichtigkeit gegen Aufrichtigkeit! Sie sind das sogenannte Geldmännle und nennen sich den Musterwirt. Wir sind Ritter des sogenannten Glückes und nennen uns Bankiers. Sie wissen, was wir wollen?«
»Ja. Ich war über die Schwatzhaftigkeit Ihres Kompagnons empört. Sie hätte ihm leicht das Leben kosten können, wird es ihm auch kosten, wenn er weiter schwatzt! Aber Ihre Aufrichtigkeit gefällt mir. Ich bin geneigt, das Geschäft mit Ihnen abzuschließen.«
»Trotz der Sie jedenfalls
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