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Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen

Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen

Titel: Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Hunderttalerscheine. Ich leihe sie ihm. Haben Sie keine Sorge, sie sind echt. Mit der Falschheit ist’s bei mir vorüber! Nun gehen Sie!«
    Er gab ihm die bereit liegenden Scheine in die Hand und schob ihn zur Tür hinaus. – – –
    Am Nachmittag stellten sich die ersten fremden Gäste ein, nämlich die Herrschaften aus Brüssel mit dem Herrn aus Mexiko. Sie nahmen Zimmer im Gasthofe, wo der Krämer schon froh seines Geschäftes wartete, und gingen dann hinüber nach dem Bergle. Der Mexikaner sprach nur sehr gebrochen, was besonders dem Karlinchen sehr viel Spaß machte. Es kam ihr halb deutsch und halb spanisch, keineswegs aber erzgebirgisch vor. Sie konnte vieles nicht verstehen, was er sagte; aber das ihr nun bekannte Wort Rebozo kam so häufig vor, daß sie dennoch wußte, woran sie war. Das Herzle mußte alles vorzeigen, was sie für die Ausstellung bereit liegen hatte. Man war entzückt, so entzückt, daß man eine Tasse Kaffee nach der andern trank, ohne sie zu zählen. Die Mutter mußte die Kanne drei-oder gar viermal neu aufgießen. Nicht etwa ›Bliemchenkaffee‹, der eine riesenhafte Verleumdung ist, denn nirgends wird der Kaffee so gut und so verständnisinnig gekocht wie grad in Sachsen. Das Karlinchen weiß das ganz genau, denn sie kann es täglich dreimal mit eigenen Augen sehen. Von der so hochgepriesenen ›Karlsbader Mischung‹ aber kommt ihr schon der Geruch so widerwärtig panslavisch vor! Eine richtige Ziege beobachtet eben alles!
    Der Herr Lehrer ließ sich entschuldigen. Er könne heut’ nicht kommen, weil er gar so viel zu tun habe. Man ging zeitig schlafen. Das Karlinchen auch. Sie wollte punkt zwölf Uhr wieder in das Dorf hinüber, denn die Tür stand auf. Es war aber noch nicht ganz um zehn. Darum beschloß sie, vorher ein kleines Nickerchen zu machen. Leider aber ist es mit so einem Nickerchen stets eine eigene Sache. Das nickt und nickt, bis man so fest eingenickt ist, daß man sich gar nicht wieder aufnicken kann! Als das Karlinchen wieder zu sich selbst kam, war es schon heller, lichter Tag, und die Mutter stand mit dem Melkeimer vor dem Stalle. Glücklicherweise hatte die Ziege von Blaukohl und von Rosenkohl, sogar auch von Zuckerrüben geträumt. Vielleicht hatte das einigen Einfluß auf die Wirklichkeit. Sie ging also nicht ganz hoffnungslos hinaus und stellte sich in Positur. Da kam ihr ein köstlicher Gedanke.
    »Wie wäre es, wenn ich den Melkeimer hypnotisierte?« dachte sie. »Hilft die Suggestion bei der Mutter, so hilft sie höchst wahrscheinlich auch bei ihm!«
    Sie wendete also den Kopf, so weit es ging, nach hinten und nahm ihn scharf und drohend in die Augen.
Probatum est!
Der Eimer wurde voll. Zwar fühlte sie sich dann etwas angegriffen und ermüdet, aber die Quetschkartoffeln mit Roggenkleie und einer Prise Feldkümmel daran machten das schnell wieder gut. Besonders der Feldkümmel wirkt im höchsten Grade belebend!
    Die fremden Herrschaften kamen wieder. Sie brachten den Herrn Lehrer mit, den sie als Schriftführer des Komitees schon brieflich kennen gelernt hatten. Er teilte den Frauen einigermaßen enttäuscht mit, daß ein Brief des Herrn Ministers angekommen sei. Man solle morgen mit der Eröffnung nicht auf ihn warten. Uebermorgen aber werde er sicher im Dorfe sein, und die anderen Herren auch. Das warf eine kleine Trübung auf die frohe Stimmung, in der man sich befand, war aber nicht zu ändern.
    Der Mexikaner schien es mit den Herzlespitzen sehr eilig zu haben. Das Karlinchen hörte von einem Kontrakte. Der Herr Lehrer setzte ihn auf; dann wurde er unterschrieben, und zwar von beiden Seiten, und hierauf auch von den Zeugen. Als dies geschehen war, schauten alle verwundert auf die Ziege. Die hatte nämlich bis jetzt erwartungsvoll zugesehen. Nun aber sprang sie auf und begann, die Beine zu bewegen, daß jedem, der sich dabei befand, Hören und Sehen vergehen mußte. Sie rannte, wieder einmal wie aus der Pistole geschossen, das Bergle hinab und über das Brückle auf die Wiese hinüber und tanzte dort zunächst eine steifbeinige Polakka, hierauf einen Hüppelschottisch, dann einen feschen Linksumgalopp und endlich gar ein so tolles Ringelrennen, daß der Herr Lehrer ausrief:
    »Wo hat sie das her?! Das sieht doch ganz so aus, als ob sie es in guter Uebung habe! Gibst du ihr etwa heimlich Unterricht, Herzle?«
    Man war über diese großartige, equilibristische Leistung der hochbegabten Ziege so entzückt, daß sie nach ihrer Rückkehr sofort das größte

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