Abraham Kann Nichts Dafür. 66 Neue Satiren.
über die Aufnahmezeremonien zu erfahren, doch bedeutete man mir, daß alle Freimaurer eidesstattlich verpflichtet wären, niemanden in ihre Geheimnisse einzuweihen, nicht einmal ihre gesetzlich angetrauten Ehefrauen.
Ich wollte schon die Flinte ins Korn werfen, als ich durch Zufall einen Zipfel des Schleiers lüften konnte.
Es war der junge Kugler, der Apotheker in unserer Straße, der mir dazu verhalf.
Der junge Kugler war vom Tag seiner Eheschließung an ein seelisches Wrack. Nicht, daß er seine Frau nicht geliebt hätte, nur konnte er nicht umhin, den Frauen anderer Männer mindestens ebenso zärtliche Gefühle entgegenzubringen. Eigentlich war er ein netter Kerl, dieser Kugler, und was gibt mir das Recht, über ihn den Stab zu brechen? Er war nur so unvorsichtig gewesen, das eifersüchtigste Weib seit Erfindung der Monogamie zu ehelichen.
Frau Kugler spionierte hinter ihrem Mann her, durchsuchte seine Taschen, las regelmäßig seinen Terminkalender und verlangte Rechenschaft über jede Minute, die er außerhalb ihres Blickfeldes verbrachte.
Der arme Kugler konnte nicht einmal eine Schachtel Zigaretten kaufen, ohne den Verdacht seiner Frau zu erregen. Der Ärmste wurde zusehends dünner und verhärmter. Er verlor seine ganze Lebensfreude, um so mehr, als er notfalls in der Lage war, ohne Zigaretten auszukommen, keinesfalls aber ohne gelegentlichen Seitensprung . . .
Und dann geschah das Wunder.
Eines späten Abends traf ich den jungen Kugler in der Innenstadt, und er schien wieder ganz der alte zu sein. Seine Wangen glühten, seine Augen strahlten, und er war von einer Vitalität, die mich an ein Eichhörnchen im Hochfrühling erinnerte.
»Kugler«, begrüßte ich ihn überschwenglich. »Was ist mit Ihnen passiert?«
»Ich bin erlöst«, schwärmte der junge Apotheker. »Ich bin den Freimaurern beigetreten.«
Das also ist die fabelhafte Geschichte einer verlorenen Seele, die von der großen internationalen Bruderschaft gerettet wurde. Alle Achtung und dreimal Hoch auf die guten Freimaurer.
Was sie mauern, werden wir nie erfahren, aber eines ist sicher – frei sind sie.
Literatur
Neulich war ich leichtfertig genug, in einem Literatencafé eine kleine Stärkung zu mir zu nehmen. Nicht etwa, weil ich ein kleines Stündchen in der erhebenden Atmosphäre der Literatur verweilen wollte, sondern eher deshalb, weil mir der Sinn nach einem Kaffee und einem Nußhörnchen stand.
Am Nebentisch saßen zwei stadtbekannte Literaturagenten, deren lebhafte Konversation ich, ohne dies zu beabsichtigen, mit höchstem Interesse verfolgte.
»Na«, sagte der eine, »was hast du anzubieten?«
»Ich habe drei tolle Norman Mailer.«
»Spannend?«
»Keine Ahnung. Ich lese keine Bücher. Eines dürfte eine Liebesgeschichte sein, die beiden anderen gehören eher zur Protestliteratur.«
»Was verlangst du?«
»60000 pro Stück.«
»Zu teuer. Für das Geld bekomme ich 400 Seiten Solschenizyn. Was tut sich bei Bellow?«
»Bellow führe ich nicht. Aber ich kann dir jede Menge Sagan besorgen, wenn du mir dafür Sex beschaffst.«
»Kein Problem. Ich habe 600 Seiten Hartporno, illustriert mit Gebrauchsanweisung.«
»Hast du irgendwas von Erica Jong auf Lager?«
»Ja, den letzten Schlager. Knapp 280 Seiten Schweinereien.«
»Wie heißt das Zeugs?«
»Egal. Auf dem Umschlag leckt eine nackte Puppe eine Banane. Kostet dich 81500.«
»Warum soviel?«
»Der Bananenpreis ist gestiegen. Aber wenn dir das zu teuer ist, kannst du einen neuen Updike für zirka 20000 haben. Übrigens, Philip Roth oder Proust stehen im Augenblick auf 100000 pro Zentner. Hast du etwas in Science fiction?«
»Soviel du willst. Raumfahrt mit Zeitmaschine einschließlich 80 Farbfotos, 15000 pro Kilogramm.«
»In Ordnung. Ich nehme ein viertel Kilo. Und was ist jetzt mit Mailer. Willst du ihn?«
»Nur die halbe Liebesgeschichte. Das genügt mir im Augenblick. Dazu vielleicht noch 100 Gramm
Hemingway oder Xaviera Hollander.« »Geht in Ordnung. Schick einen Lastwagen.«
Platzpiraten
Welche Meinung auch immer man über mich haben kann, was meine Einstellung zum Sport betrifft, gilt nur eine einzige: der Kerl ist total verrückt.
Ich bin es tatsächlich und auch noch stolz darauf. Schon Wochen vor Beginn eines wichtigen Fußballspiels verlange ich am Kassenschalter mit meinem männlichsten Baß:
»Hören Sie, Mann, ich brauche den besten Platz im Stadion, egal, was er kostet.«
Diesmal aber, beim Länderspiel gegen Brasilien, wollte ich auf
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