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Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition)

Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition)

Titel: Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Boscher
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K.
     
     
    Sofort, als ich diese Zeilen gelesen hatte, sah ich mir den Umschlag an, ja, laut Stempel auf der Briefmarke war es durchaus möglich, dass er die Wahrheit sagte und in der Nähe meiner Eltern wohnte. Dann griff ich zum Telefonhörer, sagte meine Termine für die kommenden Tage ab und buchte übers Internet eine Zugverbindung zum Niederrhein. Ich fuhr zu meinen Eltern. Bis hinter Karlsruhe bezwang ich meine Neugierde und las die Seiten, die er mir mit seinem dritten Brief gesandt hatte, nicht. Du kannst mich mal! , sagte ich mir und blickte demonstrativ aus dem Fenster, sah mir die sommerliche Schwarzwaldlandschaft an (wenn der Zug nicht gerade durch einen der vielen Tunnels fuhr). Schließlich aber nahm ich seine Aufzeichnungen doch zur Hand, es konnte nicht schaden, seinen Gegner zu kennen.
    Wieder hatte er einige meiner Texte (viele Seiten lang, in Teilen wortwörtlich) in seine Geschichte eingebaut, eine Geschichte, die, diesen Eindruck hatte ich mehr und mehr, sich an den Eckdaten meines Lebenslaufes anlehnte. Oder hatte er eine ähnliche Laufbahn hinter sich wie ich? Kindheit und Jugend am Niederrhein, dann Studium in Wuppertal. In dem letzten, kurzen Kapitel, das mir K. geschickt hatte (»Die Ordnung der Dinge«), reiste sein Ich-Erzähler sogar nach Konstanz, also dorthin, wo ich gut ein Jahrzehnt gelebt hatte. Ich glaubte nicht, dass es eine zufällige Übereinstimmung unserer Lebenswege war. Es war unheimlich, dies zu lesen. Dieser Fan interessierte sich für meinen Geschmack etwas zu sehr für mich. Doch woher kam diese Fixiertheit auf mein Werk, meine Person?
    Ich sollte es herausfinden. Er selbst klärte mich auf, denn er sorgte dafür, dass ich ihn fand – und er sorgte dafür, dass ich mich seiner Aufzeichnungen annahm.
    Noch heute, lange, nachdem ich ihn getroffen habe, frage ich mich manchmal, ob ich nicht zu vorsichtig, ja ängstlich gewesen war. Vielleicht hätte ich Nein! sagen sollen und auch Nein! sagen können, ohne dass dies schlimme Folgen gezeitigt hätte. Vielleicht hat er nur ein zwar ärgerliches, aber letztlich harmloses Spiel mit mir gespielt.
    Bin ich ihm auf den Leim gegangen, indem ich seine Briefe, seine bei unserem Treffen geäußerten Drohungen ernst nahm? Indem ich hinter seinen Geschichten, seinem ganzen Gehabe, einen dunkel dräuenden, bedrohlich wahren Kern vermutete?
    Aber vielleicht bestand in Wahrheit nie eine wirkliche Bedrohung. Vielleicht war er nur ein wunderlicher Kauz, der einen Narren an mir gefressen hatte. Alles nur Fiktion, Teil seines Spiels.
    Wie auch immer. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Mir genügte es zu wissen, dass seine Hände so wenig fiktiv waren wie meine eigenen. Hände, die zupacken könnten, eine Bremsflüssigkeit ablassen, ein Feuer legen, ein Messer greifen...
    Also spielte ich K.s Spiel mit. Und heute tue ich, was er von mir verlangt hatte. Und dies war wesentlich mehr gewesen, als dass ich seine Aufzeichnungen nur lese. Veröffentlichen sollte ich sie. Und zwar unter meinem Namen. »Diese Aufzeichnungen sind der Roman, den eigentlich sie hätten schreiben sollen!«, so lautete seine Erklärung für seine Forderung an mich und seinen Wunsch anonym zu bleiben. In diesem Sinne also: Vorhang auf für die Aufzeichnungen des K., für »Abschied ist ein scharfes Schwert«.
     
    R.B.
     
     
     
     
     
     
     

 
     
     
     
     
     
     
     
     
    Abschied ist ein scharfes Schwert
    Die Aufzeichnungen des K.

Erstes Kapitel
    Gelobt sei, was hart macht
      
    1.
     
    Am Tage meiner Geburt regnete es.   Hunde und Katzen , sagte mein Opa. Das schlimmste Unwetter seit Langem. Ein einziges Blitzen und Donnern. »Brandt, dem alten Sack, hat es die Scheune weggefackelt!«, erzählte er. Und während die Freiwillige Feuerwehr ausrückte, um dem Blitzschlag geplagten Bauer Brandt beizustehen, tat ich im baufälligen Krankenhaus der kleinen Gemeinde am Niederrhein meinen ersten Schrei. Doch mochte es draußen auch gießen, als wäre das Ende der Welt angebrochen, ich trug die Sonne im Herzen. Vater hat kurz nach meiner Geburt ein Photo geschossen: meine Mutter, noch gezeichnet von den Strapazen der Geburt, im Hintergrund ein provisorisch aufgestellter Eimer, um von der Decke tropfendes Wasser aufzufangen, und ich, ich, in die Kamera strahlend wie ein sonnenfrischer Frühlingsmorgen.
    Gleichwohl war nicht alles eitel Sonnenschein. Ich war ein schwächliches Kind mit weichen, leicht zu beschädigenden Knochen, die nicht in der rechten

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