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Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition)

Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition)

Titel: Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Boscher
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schwer schließenden Schloss für ein so großes, kräftiges Tier ein Leichtes gewesen war, die Zwingertür aufzustoßen. Und da die Türen der Waschküche zur fraglichen Zeit anscheinend sowohl zum Garten, als auch zum Flur offengestanden hatten, war schließlich auch die Treppe hoch zum Zimmer, in dem meine Schwester schlief, kein Hindernis gewesen. Es hieß, solche Fälle von todbringender Eifersucht seien auch bei kinderlieben, ansonsten sanften Tieren schon vorgekommen.
    Kümmerte sich meine Mutter fortan auch verstärkt um mich, ihr nun mehr einziges Kind, so hatte sich ein Riss in meiner heilen Welt aufgetan. Zusammen mit meinem Hund war die Unbekümmertheit meiner Kindheit gestorben. War ich auch weiterhin mit allen Kindern gut Freund, so fühlte ich mich infolge des schrecklichen Ereignisses dennoch einsam, ja, isoliert vom Rest der Welt. Ich hatte eine Erfahrung gemacht, wie niemand sonst. Ich hatte nicht allein meinen besten Freund verloren, sondern es war der eigene Vater gewesen, durch dessen Hand dies Unglück geschehen war.
    Mein Opa versuchte, mich meinen Kummer vergessen zu lassen, indem er mich dazu brachte, mit ihm eines unserer langjährigen Lieblingsspiele Schneckenslalom zu spielen. Aber über diese Art von Spiel war ich in der Zwischenzeit hinausgewachsen, so dass es mir keine rechte Freude mehr machen wollte, ihn nach einem Regenguss über die Wege in der näheren Umgebung zu schieben, um mit seinem Rollstuhl die vom Regen herausgelockten Schnecken zu überfahren. Doch da ich es rührend fand, wie ihm mein Wohl am Herzen lag und ich auch wusste, wie viel Freude ihm diese Ausflüge bereiteten, wenn er alle Arten von Ungeziefer, die langsamer als er waren, überrollen konnte, tat ich ihm den Gefallen, mit ihm auszufahren.
    Ein wenig besser fühlte ich mich, als er mich einen Blick auf seine – wie er es nannte – Notration werfen ließ (Mutter ahnte natürlich nichts vom Inhalt seiner alten, verkratzten Kiste). »Man weiß ja nie, ob der Iwan nicht doch irgendwann über die Mauer klettert!«, meinte mein Opa. Leider, denn auf welchen Jungen hätten Pistole und Gewehr keinen Eindruck gemacht, blieb es bei diesem Blick. Ich solle noch ein wenig Geduld haben, tröstete er mich, bis ich noch etwas älter wäre, dann würde er mir beibringen, wie mit Maschinenpistole und Sturmgewehr umzugehen sei. Dazu kam es allerdings nicht mehr. Aber allein schon dieser eine Tag war etwas Besonderes, vor allem da er mir noch seine Handgranaten zeigte. Eine Handvoll waren es. Dunkel glänzende, äußerst gefährlich aussehende Metallkugeln (»Und glaube mal, dass die losgehen wie eine Eins!«). Zeigte mir sogar, wie ich sie halten muss, ließ mich mit Rüben Würfe üben (»Die machen keinen Lärm! Deine Mutter würde mich umbringen!«), und als ich – während er mir den Rücken zukehrte, weil er in seine Flasche pinkeln musste – mir eine der Handgranaten in meine Hosentasche steckte, hatte ich für einige Momente all meinen Kummer vergessen.
     
    5.
     
    Aber schließlich starb auch er (bei dieser Gelegenheit hat Opa mir auch seine Notration vererbt, die Mutter aber sofort konfiszierte), und als auch die anderen Kinder den unschuldigen Spielen der Kindheit entwuchsen und mit der Pubertät für uns alle der Ernst des Lebens unaufhaltsam näher rückte, wuchs meine Einsamkeit noch. Unaufhaltsam sickerte sie durch den Riss, der meine Welt durchzog. Denn nun begann jene Zeit, zu der sich Jungs und Mädels, die jahrelang zusammengespielt hatten, in getrennten Grüppchen versammelten. Die Jungs versuchten auf dem Spielfeld zu beeindrucken, die Mädchen am Rand. Wussten wir anfangs noch nicht so genau, worauf diese sich geradezu instinktiv vollziehende Trennung hinauslaufen sollte – auch wenn so mancher vorgab, schon Bescheid zu wissen – fühlten wir doch alle, dass diese Trennung von einer ebenso ernsten Wichtigkeit war, wie ihre anschließende Überwindung.
    Leider brachte ich dafür keine allzu guten Voraussetzungen mit. Zwar war die Formung meiner Statur durch das Streckbett so erfolgreich gewesen, dass ich es mittlerweile schaffte, aufrecht zu gehen, aber dennoch konnte ich beim Sport nicht mithalten. Mochten mich auch alle leiden, so wollte mich doch niemand in seiner Mannschaft haben. Es ergab sich für mich also das Problem, dass ich den Mädchen auf der einen Seite sehr nahe kam – denn auch ich saß am Rand –, dass ich mich aber auf der anderen Seite gerade durch diese räumliche Nähe einer

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