Absolute Power (Der Präsident)
Burton hinauswollte, doch es war ihr noch nicht völlig klar.
»Wenn er nicht Fotos davon behält, die jederzeit auf der Titelseite der Post erscheinen könnten. Ein vergrößertes Bild des Handflächenabdrucks des Präsidenten auf einem Brieföffner aus Christine Sullivans Schlafzimmer auf Seite eins. Würde wahrscheinlich eine interessante Artikelreihe abgeben. Auf jeden Fall Anlaß genug für die Zeitungen, tiefer zu graben. Der kleinste Hinweis auf eine Verbindung zwischen dem Präsidenten und dem Mord an Sullivan genügt, und alles ist vorbei. Sicher können wir argumentieren, daß der Typ ein Spinner und das Foto eine gute Fälschung ist, vielleicht kommen wir sogar damit durch. Aber eines dieser Bilder in der Post bereitet mir nicht halb so viel Sorgen wie unser anderes Problem.«
»Und das wäre?« Russell saß mittlerweile vorgebeugt. Sie sprach leise, beinahe heiser, denn etwas Entsetzliches dämmerte ihr.
»Anscheinend haben Sie vergessen, daß der Kerl alles gesehen hat, was wir in dieser Nacht gemacht haben. Alles. Was wir anhatten. Er kennt alle Namen. Er weiß, wie wir das Zimmer desinfiziert haben; ich bin sicher, darüber zerbricht sich die Polizei immer noch den Kopf. Er kann ihnen sagen, wie wir gekommen und gegangen sind. Er kann sie auffordern, den Arm des Präsidenten auf Spuren einer Schnittverletzung zu untersuchen. Er kann ihnen beschreiben, wie wir eine Kugel aus der Wand gekratzt haben, und wo wir standen, als wir abgedrückt haben. Zuerst werden sie annehmen, er weiß nur deshalb soviel, weil er dort war und selbst geschossen hat. Aber dann werden die Bullen herausfinden, daß es für die ganze Sache mehr als einen Mann gebraucht hat. Sie werden sich fragen, woher er das alles weiß. Sie können einiges überprüfen, das er sich nicht ausgedacht haben kann. All die kleinen Einzelheiten, welche einfach keinen Sinn ergeben, die dieser Bursche aber einwandfrei zu erklären vermag.«
Russell stand auf, ging an die Bar und goß sich einen Scotch ein. Auch für Burton goß sie einen ein. Sie dachte über Burtons Ausführungen nach. Der Mann hatte alles mit angesehen. Einschließlich ihres Geschlechtsverkehrs mit dem bewußtlosen Präsidenten. Den gräßlichen Gedanken verdrängte sie.
»Weshalb sollte er sich stellen, nachdem er sein Geld kassiert hat?«
»Wer sagt, daß er sich stellen muß? Erinnern Sie sich nicht daran, was Sie damals gesagt haben? Er könnte es auch aus der Entfernung tun. Auf dem Weg zur Bank könnte er sich ins Fäustchen lachen und eine Regierung zu Fall bringen. Ach, er kann es auch niederschreiben und an die Bullen faxen. Sie müßten der Sache nachgehen, und wer unterschreibt mir, daß sie nicht irgend etwas finden? Wenn sie auch nur ein Beweisstück aus dem Schlafzimmer haben, eine Haarwurzel, Speichel, Samenflüssigkeit, brauchen sie nur noch jemanden, zu dem es paßt. Im Augenblick haben sie keinen Grund, bei uns nach demjenigen zu suchen, aber wer weiß, wie es dann aussieht? Wenn sie eine DNA-Probe haben, die zu Richmond paßt, sind wir erledigt. Erledigt.
Aber selbst, wenn der Kerl nichts dergleichen tut. Der Ermittler an dem Fall ist kein Dummkopf. Mein Gefühl sagt mir, daß er den Hundesohn irgendwie früher oder später aufspürt. Und jemand, der ein Leben im Gefängnis oder möglicherweise gar die Todesstrafe zu erwarten hat, redet sich den Mund fusselig, glauben Sie mir. Ich habe das oft genug miterlebt.«
Russell fühlte plötzlich Eiseskälte. Was Burton sagte, hörte sich durch und durch vernünftig an. Der Präsident hatte so überzeugend geklungen. Weder er noch sie hatten sich je Gedanken dieser Art gemacht.
»Außerdem, ich weiß ja nicht, wie das mit Ihnen ist, aber ich habe nicht vor, den Rest meines Lebens mit der Angst zu verbringen, das Beil könnte jeden Augenblick heruntersausen.«
»Aber wie sollen wir ihn finden?«
Es amüsierte Burton, daß die Stabschefin offensichtlich ohne große Widerworte mit seinem Plan einverstanden war. Ein Leben war dieser Frau anscheinend nicht viel wert, wenn ihr eigenes Wohlbefinden auf dem Spiel stand. Nichts anderes hatte er erwartet.
»Bevor ich von den Briefen erfahren habe, dachte ich, es sei aussichtslos. Aber bei einer Erpressung gibt es immer irgendwann eine Übergabe. Das ist sein wunder Punkt.«
»Er wird einfach verlangen, daß wir es überweisen. Wenn Sie recht haben, dann ist der Kerl zu gerissen, um in einem Abfalleimer nach dem Geld zu kramen. Und wir erfahren erst, wo sich das Messer
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