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1661

1661

Titel: 1661 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Lépée
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Rom
    Mittwoch, 2.   Februar 1661, bei Anbruch der Nacht
    Weithin hörbar läuteten die Glocken der Engelsburg zur Abendmesse. Die Gestalt, die geduckt die Festungsmauer des Südturms entlangeilte, wandte sich dem Tiber zu. Gegen Windböen und eisigen Regen ankämpfend, hastete sie die Treppe zum Fluss hinab, wo sie die Schatten der Weiden, die selbst noch aus der Ufermauer wuchsen, verschluckten.
    Am Fuß der Treppe angekommen, blieb François d’Orbay einen Moment stehen und schlug die Kapuze seines tropfnassen grauen Umhangs zurück, bevor er weiter das grasbewachsene Ufer entlanglief. Das Boot wartete schon auf ihn. D’Orbay begrüßte den Schiffer mit einem Kopfnicken und sprang an Bord, wo er sich auf die Ruderbank im Heck setzte, während der Schiffer den Kahn losmachte und ihn vom Ufer abstieß.
    Stromabwärts glitten sie rasch dahin. Der Schiffer hielt das Boot mit geschickten Ruderschlägen in der Nähe des Ufers, so dass es oben von der Uferstraße aus fast nicht zu sehen war. Als sie unter der Ponte Mazzini hindurchfuhren, zog er plötzlich das rechte Ruder ein. Aufgrund der starken Strömung schoss das Boot schon auf den gegenüberliegenden Brückenbogen zu, doch im letzten Moment legte er sich kräftig in die Ruder und lenkte es quer zu einem dicht unter der Wasseroberfläche liegenden Felsvorsprung, wo es auf Grund lief. DerSchiffer tauchte seine Hände ins Wasser und packte ein Seil, an dem er eine kupferne Seiltrommel befestigte. Mit einem Wink bedeutete er seinem Passagier, sich im Bootsrumpf lang auszustrecken.
    Mithilfe des Seilzugs fuhr der Kahn darauf in einen unterirdischen Stollen von äußerst geringer Höhe. Auf dem Rücken liegend, starrte d’Orbay in das moosbewachsene Gewölbe über sich und presste die Kapuze seines Umhangs vor Mund und Nase, um nicht das faulige Wasser riechen zu müssen, dessen Gestank ihn in der Kehle würgte. Je dunkler es in dem Stollen wurde, desto langsamer glitt der Kahn vorwärts.
     
    »Wir sind gleich da, Signore!«, hallte die Stimme des Schiffers durch den Stollen.
    D’Orbay antwortete nicht. Seine ganze Aufmerksamkeit galt dem matten Lichtschein, der unvermittelt in der tiefen Finsternis aufgeschimmert war. Während der Stollen sich allmählich verbreiterte, wurde die Luft immer frischer.
    Wenig später konnte er fünf an der Felswand befestigte Fackeln ausmachen und ihnen gegenüber einen Anlegesteg, von dem aus eine Treppe anstieg. D’Orbay sprang aus dem Boot und verabschiedete sich von seinem Führer. Eilig stieg er die Treppenstufen hinauf. Laut hallten die Schritte seiner Stiefel auf den weißen Steinplatten wider.
     
    Bald vernahm er gedämpfte Stimmen, und kurz darauf schob er einen schweren Vorhang aus dunklem Velours beiseite. Die üppige Ausstattung des Salons, der sich vor ihm auftat, stand in scharfem Kontrast zu den unterirdischen Gängen, die er soeben durchquert hatte; der kalte und feuchte Fels machte einer kostbaren Holztäfelung Platz, die mit Gemälden und zweivenezianischen Spiegeln geschmückt war, in denen sich der fahle Schein flackernder Kerzen spiegelte.
    François d’Orbay stieß einen zufriedenen Seufzer aus, als er die sechs Männer erblickte, die bei seinem Eintreten verstummt waren und ihm nun lächelnd entgegensahen. Sechs von vierzehn, dachte er, und sie sind aus England, Spanien, Norditalien, Österreich und Polen herbeigeeilt.
    Die Männer saßen in schwarzen Ledersesseln um einen großen runden Tisch. Die Sessel sahen allesamt gleich aus. Bis auf einen: Seine Rückenlehne krönte eine Holzschnitzerei in Form einer vergoldeten Sonne, und die Armlehnen endeten in den Klauen eines Greifvogels. Fünf plus einer, dachte d’Orbay und sah den Mann in dem besonderen Sessel voller Ehrerbietung an. Giacomo Del Sarto, treuer Freund und wahre Wunder vollbringender Arzt. Giacomo Del Sarto, der mysteriöse Großmeister   …
    »Giacomo! Wie ich mich freue, Euch wiederzusehen!«
    Stumm nickte ihm der große, hagere Mann, an den er seine Worte gerichtet hatte, zu. D’Orbay legte seinen Umhang ab und warf ihn über einen Sessel. Dann wandte er sich an die anderen Gäste.
    »Entschuldigt bitte tausendmal meine Verspätung, liebe Freunde, aber die Reise hierher war mit etlichen Mühen verbunden. Ich habe   …«
    Noch immer schweigend gab Del Sarto ihm zu verstehen, dass dies jetzt nebensächlich sei und d’Orbay sich setzen solle. Sodann beugte sich der Großmeister vor und nahm eine Ledermappe vom Tisch. Als er sie hochhob,

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