Acht Augen sehen mehr als vier

noch mal mit dem Lieferwagen von B&S vorgefahren und haben abgeräumt. Wenn ich zurück bin, nehm ich mir Wolli auf jeden Fall noch mal vor, das schwör ich. Falls er immer noch mein Freund sein will, kriegt er totales Spionageverbot.
    Der echte Kommissar hat sich bei uns bedankt. Mit Handschlag! Und da reißen mich meine Eltern einfach aus dem vollen Leben! Find ich gemein.
    Als wir schon unterwegs waren, hat Emily mir gesimst, dass Frau Leitner fürchterlich geheult habe wegen ihrem Verbrechersohn. Klar, die kann ja nichts dafür.
    Emily. Sie fliegt morgen mit ihren Eltern nach Indien und erst wenn die Schule beginnt, sehe sie wieder. Nicht zum Aushalten schrecklich.
    Ich steck mir die Kopfhörer in die Ohren, ziehe mir Lauras Käppi mit den zwei aufgeklebten Augen über und versuch zu schlafen.
    Die Sonne scheint schon, als ich aufwache und mein Pa auf dem Hotelparkplatz anhält. Auf meinem Handy ist eine neue SMS .
    Hi, Mil, wir treffen uns um 11 Uhr bei mir. Ich hab die Sachen zurückbekommen. Soll ich sie der Werkstatt spenden? Acht Augen sahen mehr als vier! Ein supertolles Team sind wir! LG Laura
    Ich antworte sofort.
    Hi, Laura. Kann nicht kommen. Wir sind an so ’nem See in Südtirol. Das mit dem Spenden find ich gut. Bin in einer Woche zurück. LG Mil
    Ich schicke die SMS ab und gucke in die Landschaft. Bisschen öd hier! Lauter Weinberge. Auf dem Hügel gegenüber wedelt eine Burgruine mit ihrer Fahne. Es gibt auch irgend so ein Biotop mit Wanderweg. Nix für mich. Wenn Emily da wäre, dann schon eher. Meine Eltern rennen überall herum und sind völlig happy.
    Neben meiner Sonnenliege machen sich das Mädchen und der Junge vom Frühstückstisch gegenüber breit. Lina ist ungefähr in meinem Alter und ihr Bruder Max etwas jünger.
    Lina sagt „Hi“ und grinst mich an. Super-Figur, lange Haare bis zum Po. Ihr Bruder sieht auch ganz nett aus.
    Mein Handy piepst. Ich habe wieder eine SMS bekommen:
    Hi, Mil, wir vermissen dich! Buddy hat eine Anzeige wegen Hehlerei am Hals. Michi Stanz hat’s schlimmer getroffen. Einbruch und Diebstahl! Lauras Vater wird beide verteidigen. Er sagt, das dauert noch Wochen, aber wir werden als Zeugen geladen! LG , Finn
    „Was schreibst du?“ Lina guckt neugierig.
    „Ach nur an meinen Freund“, murmele ich. „Bin gleich fertig.“
    Hi, Finn, ganz schön hier, hab 2 Freunde gefunden, Lina und Max. Beide nett. Wir gehen jetzt Tretboot fahren. LG Mil
    Ob ich eine Freundin habe, will Lina wissen. Und was die komischen Augen auf meinem Käppi bedeuten. Wir hocken auf dem Steg und lassen die Füße ins Wasser baumeln. Riesiger Sonnenuntergang. Fiese Mücken.
    SMS von Emily:
    Hi, Mil, habe grad gepackt, bald geht es los. Was machst du am See? HDL , bis in zwei Wochen dann!! Emi
    „Das ist aber jetzt deine Freundin!“(Lina)
    „Kann sein!“ (ich)
    „Mädchen sind doof!“ (Max)
    „Halt dich raus, kleiner Bruder!“
    „Wer ist denn hier klein, du Zwerg?“ Da wirft sie ihr Handtuch nach ihm und sie kloppen sich wieder mal.
    Ich wär gern zu Hause bei Finn und Laura und Emily. Dann wären wir der Club der Acht Augen. Finn nennt uns: Achtauge. Klingt wie ein Monster!
    Also gut, ich erzähl den Streithähnen, was die Augen auf meinem Käppi bedeuten. Am besten fang ich ganz von vorne an.

Nortrud Boge-Erli wurde 1943 in Ungarn geboren und wuchs in Ravensburg auf. Nach dem Studium der Germanistik, Kunstgeschichte und Pädagogik arbeitete sie als Lehrerin und in der Jugendarbeit. Sie veröffentlichte zahlreiche Kinder- und Jugendbücher und lebt heute in der Nähe von Düsseldorf.