Acht cropped
Gelegenheit gibst, dich zu sehen.
In der Zwischenzeit darf ich abwarten, was als Nächstes passiert, und darauf hoffen, dass du mir mal wieder eine Audienz gewährst."
»So würde ich das nicht sehen. Wir müssten uns auf ein bestimmtes Ritual einigen. Vielleicht ein Treffen pro Monat. Immer zur gleichen Zeit am gleichen Ort. Ich will nicht, dass du das Gefühl bekommst, nur benutzt zu werden. Schließlich bedeutest du mir sehr viel. Aber mehr kann ich dir leider nicht anbieten. Bedenke, dass ich ein verheirateter Mann bin."
Marc zögerte lange, bevor er ihm antwortete. »Gut, ich lasse mich auf diesen Kuhhandel ein. Ich würde zwar viel lieber mehr Zeit mit dir verbringen und dich unter anderen Umständen treffen als heimlich in irgendeinem Hotel. Dir sollte klar sein, dass ich dich liebe und meine Gefühle für dich nicht in ein monatliches Rendezvous stecken kann, um sie ansonsten zu unterdrücken. Ich kann mir nicht vorstellen, wie das funktionieren soll. Außerdem finde ich es scheiße, dass ich mit niemandem über meine Gefühle sprechen kann. Es ist die eine Sache, sich zu outen, aber die andere, jemandem anzuvertrauen, dass man sich heimlich mit einem verheirateten Mann trifft. Wer würde dafür Verständnis haben? Niemand! Deshalb werde ich wohl oder übel weiter schweigen müssen. Aber ich muss zugeben, dass mir zum jetzigen Zeitpunkt keine andere Lösung einfällt als die, die du mir gerade versucht hast, schmackhaft zu machen. Welches Hotel nehmen wir also?"
Seine Zivildienstzeit war kurze Zeit später beendet, und Marc hatte sein Studium an der Universität in Paderborn begonnen, sodass er Andreas nicht mehr jeden Tag bei der Arbeit sah. Er lernte an der Uni schnell neue Freunde kennen, denen er auch nach und nach erzählte, dass er schwul war. Von seiner Liaison mit Andreas erzählte er ihnen aber nichts.
Allerdings fielen ihm in den nächsten Monaten zwei Veränderungen auf. Erstens fand er schnell heraus, dass es auch in Paderborn interessante Männer gab, die nicht die Schwierigkeiten mit sich brachten wie Andreas. Sie flirteten mit ihm, boten ihm ihre Freundschaft an und vermittelten Marc das Gefühl, dass es durchaus möglich war, schwul zu leben, auch gemeinsam mit einem Partner.
Zweitens stellte er fest, dass seine starken Gefühle Andreas gegenüber immer weiter übergingen in eine Mischung aus Faszination und Spannung. Andreas war für ihn irgendwann einfach nicht mehr der Traummann, mit dem er ein Leben lang zusammen sein wollte, dafür empfand er ihre Treffen ab einem bestimmten Zeitpunkt zu oberflächlich. Die freundschaftlichen Gespräche traten immer mehr in den Hintergrund, stattdessen war die körperliche Kommunikation zu ihrem Verständigungsmittel geworden. Sie brauchten keine Worte mehr, um sich zu verstehen. In der Vereinigung ihrer Körper erlebten sie eine neue Welt, in der Gespräche sogar störend wirkten. Jeder Kuss, jede Berührung, jede Intimität war ihnen bedeutender geworden als das Reden über ihren Alltag, ihre Mitmenschen, den Beruf oder das Studium.
Marc gewann etwas, was er zu diesem Zeitpunkt seines Lebens viel mehr wollte.
Ein Gefühl, das ihm Selbstbewusstsein und Kraft gab. Er musste sich nicht kopflos in Beziehungen stürzen, wenn er es nicht wirklich wollte, denn da war ja immer noch jemand, der ihm nach wie vor das Gefühl gab, begehrenswert zu sein.
Er machte deshalb nicht den Fehler vieler seiner neuen Bekannten, die sich schnell auf irgendwelche Männer einließen, aus Angst heraus, keinen Partner zu finden.
Er genoss viel mehr die Abenteuer, die sich ihm boten, und wechselte die Männer ebenso häufig wie die Seminare, die er an der Uni besuchte.
Er nahm sich die Zeit herauszufinden, was er wirklich wollte. Und was er hatte, war die Sicherheit, einmal im Monat mit einem Mann Sex zu haben, den kein anderer Mann kriegen würde.
Andreas hatte damals seine Ehe mit Sonja fortgesetzt, als wäre nichts geschehen. Für ihn stellte das Ausleben seiner schwulen Seite höchstens ein Terminproblem da, aber sie stürzte ihn weder in einen Gewissenskonflikt, noch machte er sich ernsthaft Gedanken um eine Trennung von Sonja, um für Marc frei zu sein.
Es war regelrecht bequem für Andreas, die Fassade einer intakten Beziehung mit seiner Frau aufrechtzuerhalten. Alles lief wie am Schnürchen für ihn. Sonja bekam ein Baby; sie waren endlich die Familie, die sie sich schon langeerträumt hatten, und nebenher war da noch ein junger Mann, der ihm die
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