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Acht Tage im August

Acht Tage im August

Titel: Acht Tage im August Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Winter
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Monitor lief eine grüne Herzschlag-Kurve, darunter leuchteten Werte für Puls und Blutdruck, aus einem Schlauch tropfte Urin in einen Beutel unten am Bett.
    Waldhauser schlug die Augen auf. Das Blitzen in ihnen stand in krassem Gegensatz zu seiner jammervollen Erscheinung.
    »Was ist das für ein Schafscheiß da in der Zeitung?«, fragte er und deutete auf Grimms Machwerke der letzten Tage, die auf einem Sessel neben dem Bett lagen. ›Abgetaucht!‹ lautete die Schlagzeile des zuoberst liegenden Blatts über einem Foto Walter Frieses.
    Hammer erstattete Rapport. Ausführlich. Detailliert. Unter besonderer Berücksichtigung von Petra Gerstmanns Rolle. Auch die Aufnahme in seinem Handy spielte er vor.
    »Nach dem gegenwärtigen Stand«, resümierte er schließlich, »haben wir Dreierlei: erstens: ein nacktes, totes Mädchen, zweitens: den Vater, der höchstwahrscheinlich ihren Selbstmord auf dem Gewissen hat, was dieses«, er hielt die Zeitungen hoch, »widerwärtige Haberfeldtreiben 9 auf Verdacht aber keinesfalls rechtfertigt, und drittens: keine Ahnung, wie wir dem Mann was nachweisen sollen.«
    »Anfänger«, knurrte Waldhauser. »Was hab’ ich euch beigebracht, was ist das Allerwichtigste?«
    »Augen auf am Tatort!«, zitierte Hammer.
    »Richtig, und dann?«
    »Fragen wie ein Kind.«
    »Wieder richtig. Und«, er nahm einen Tonfall an, als spräche er mit zwei Schulbuben, »was hätte ein Kind dort gefragt?«
    »Warum springt ein Mädchen nackt von einem Kirchturm?«
    »Schmarrn!«
    »Dann steh’ ich auf der Leitung.«
    »Allerdings, mit beide Füß’ und Nagelschuh’! Ein Kind hätte einfach gefragt: ›… warum hat das Mädchen nichts an?‹ Und da sie da oben im Turm vermutlich nicht duschen wollte …«
    »Ich Rindvieh!«, rief Hammer.
    »Wir Rindviecher!«, korrigierte Assauer.
    »Und was hätte ein Kind noch gefragt?« Der Satz kam wieder im Oberlehrer-Ton.
    »Ist das Mädchen da runtergesprungen?«
    »Na also, geht doch!«, meinte Waldhauser spöttisch. »Und was sagt euch Intelligenzbestien eigentlich«, fragte er dann, »dass das eine was mit dem anderen zu tun hat?«
    Hammer und Assauer schauten, als hätte ihnen der Chef einen Kübel Wasser übergeschüttet.
    »Da schau her, sie haben’s kapiert«, rief Waldhauser mit Blick nach oben, »es besteht noch Hoffnung!« Er richtete sich in seinen Kissen auf. »Also, ihr zwei«, befahl er, »macht euch gefälligst auf die Socken und räumt auf.«
    »Da gibt’s aber ein Problem – die Gerstmann«, gab Assauer zu bedenken.
    »Haben wir gleich«, Waldhausers Augen funkelten. »Nimm einen Zettel und schreib’!«
    Assauer setzte sich, zog seinen Notizblock heraus und der Chef diktierte.
    Hammer sah ihnen über die Schulter, wobei sein Gesicht rasch den Ausdruck tiefster Zufriedenheit annahm. Drei Zeilen, das war alles.
    »So, jetzt noch Ort und Datum«, sagte der Chef schließlich. »Im Büro tippen und ausdrucken.«
    »Sie müssen aber unterschreiben«, warf Assauer ein.
    »Kannst du vielleicht meine Unterschrift nicht nachmachen?«
    »Schon.«
    »Hiermit angeordnet. Und jetzt raus mit euch, ich brauch’ meinen Schlaf, damit meine volle Arbeitskraft dem Steuerzahler baldmöglichst wieder zur Verfügung steht«, brummte Waldhauser.
    »Und«, setzte er noch eine Nuance brummiger hinzu, »steigt gefälligst diesem sogenannten Journalisten auf die Zehen. Und zwar so, dass er nie wieder Schwimmflossen braucht!«
    »Das übernehm’ ich, ich bin das schwerere Rindvieh«, sagte Hammer und schloss die Tür.
    »Und ich Leichtgewicht beschäftige mich mit höherer Mathematik und zähl’ endlich zwei und zwei zusammen«, murmelte Assauer draußen auf dem Gang.

    ***

    Zurück im Büro, tippte Assauer die Zeilen, die der Chef diktiert hatte, in den Computer, druckte sie aus, unterzeichnete das Papier ohne zu zögern ›grafologiefest‹ mit Waldhausers Namen, faltete das Schreiben sorgfältig, schob es in einen Umschlag und steckte es in seine Jackentasche. Er war nun im Besitz einer Handgranate. Zufrieden nahm er seine, wie er es nannte, ›bevorzugte Arbeitshaltung‹ ein.
    Das hieß, er schlüpfte aus den Schuhen, lehnte sich in seinem Bürostuhl zurück, verschränkte die Arme hinter dem Kopf, legte die Füße auf den Schreibtisch, schloss die Augen und leitete alle Energie seinem Hirn zu.
    Der Vater schied also aus, das war klar. Er hatte seine Tochter niemals angefasst. Seinetwegen hatte sie sich nicht umgebracht. Nur noch einer konnte die Antwort wissen:

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