Achtung, Gutmenschen!: Warum sie uns nerven. Womit sie uns quälen. Wie wir sie loswerden.
Kantine. Es riecht sonderbar. Wissen Sie eigentlich, frage ich den Koch, woher Ihr Mais kommt? Aus der Dose, sagt er. Meine Güte. Und die Milch, frage ich, wissen Sie, ob die Kühe genmanipuliertes Futter bekommen haben? Er starrt mich an. Hilfloses Opfer der Multis.
14 Uhr. Ächz. Den Obstsalat hätte ich nicht essen sollen. Fühle mich ausgepowert. Die Südfrüchte enthielten vermutlich Pestizide, vor allem Blei. Jetzt kommen Blähungen, die auspuffmäßig rauswollen. Bleibe aber standhaft, weil das entweichende Gas die Atmosphäre nur weiter anheizen würde.
15 Uhr. Kurzes Nickerchen. Der Elektrosmog im Büro macht müde. Sehe mir im Web die Genmais-Karte von Foodwatch an. Mensch, ganz in der Nähe sind Versuchsfelder! Da gehen wir an meinem Geburtstag mit den Jungs auf Nachttour und machen den Mais platt. Einer muss ja was tun!
16 Uhr. Die Kollegen fiebern dem Fußballspiel heute Abend entgegen. Wisst ihr eigentlich, prüfe ich sie, wie viel Fußballfelder Regenwald pro Minute abgeholzt werden? Nöö, keine Ahnung, mosern sie, Hauptsache, der Rasen ist bespielbar! Faschisten. Ich wette, die fläzen sich zu Hause in Tropenholzsesseln.
17 Uhr. Anruf von Anja. Sie will am Abend kurz reinschauen. Bevor sie kommt, soll ich gründlich lüften. Mein Gott! Ich versuche, die Temperatur in der Wohnung durch meine eigene Körperwärme einigermaßen stabil zu halten. Da kann ich Wind und Zugluft nicht gebrauchen!
18 Uhr. Schock im Bioladen. Sehe ich da herkömmliche Glühbirnen in den Deckenlampen? Die müssen Sie durch Energiesparlampen ersetzen!, belehre ich die Frau an der Kasse. Darf ich Sie zu einem zielgruppenspezifischen Kursus in die Umweltbehörde einladen? Uff. Sie scheint kein Deutsch zu verstehen.
19 Uhr. Wieder zu Hause. Verdammt, ich hatte nicht gespült! Jetzt muss ich doch ausgiebig lüften. Habe das Gefühl, Anjas Besuch untergräbt meine kompromisslose Klimastrategie. Während unserer gesamten Beziehung hat sie sich auch nie eindeutig zum Kyoto-Protokoll bekannt.
20 Uhr. Anja da. Schnuppert angewidert. Seit sie ausgezogen ist, trägt sie die gesunden kratzigen Filzpullover nicht mehr. Ihr neuer Typ scheint für den Wiedereinstieg in die Kernenergie zu sein. Auch ihre selbstgemachten ranzigen Hautcremes hat sie aussortiert. Erst jetzt. Unfair.
21 Uhr. Endlich rückt sie mit dem Grund ihres Besuches raus: Geld. Sie will mehr Unterhalt für Lisa. Willst du etwa auf Wegwerf-Windeln umsteigen?, frage ich entgeistert. Nicht, wenn du die Wolldinger wäschst, erwidert sie. Aber das geht nicht. Häufiges Waschen muss ich ablehnen.
22 Uhr. Mutter am Telefon. Ihr Nachbar habe den Fernseher wieder in Gang gekriegt. Na, toll. Du hattest ihn ja kaputt gemacht, behauptet sie. So ein Quatsch! Mutter, sage ich, du kommst bald in eine kompostierbare Urne, damit du endlich mal was für die Umwelt tust! Kapiert sie nicht.
23 Uhr. Bettlektüre über den Anstieg des Meeresspiegels. Schlimm! Allerdings: Wenn es in diesem Tempo weitergeht, könnte ich bald unten an der Straße einen Strandkorb aufstellen. Wäre ja auch nicht schlecht! Bedenkenswert.
24 Uhr. Liege grübelnd wach. Sollte ich vielleicht doch zur globalen Erwärmung beitragen? Genehmige es mir auf die Weise, die Anja zum Auszug veranlasste. Anschließend kurz lüften. Entspannung.
Die neun quälendsten Hobbys der Umwelt-Gutmenschen
… und die schönsten Gegengifte
1. Sie wittern überall Chemie
Gute Menschen erkennt man im Supermarkt daran, dass sie eine Lesebrille aufsetzen, um den Inhalt einer Packung zu entziffern. Ist da etwa Chemie drin? Ja, höchstwahrscheinlich. Chemie spielt dummerweise die entscheidende Rolle bei allen Lebensvorgängen. Etwa beim Stoffwechsel. Der menschliche Körper ist voller chemischer Inhaltsstoffe. Ein Apfel auch, egal, wie biologisch er gereift ist. Aber jetzt lesen wir erst mal die Packung. Was denn – Pektin? Glukose? Saccharose? Natrium? Phosphor? Niacin? Müssen wir uns das alles antun?
Nein, müssen wir nicht. Aber das sind nun mal die natürlichen Bestandteile eines Apfels. Nur scheinen sie, so präzise benannt, ein bisschen beängstigend. Und genau das ist die Krux bei den Bestandteilen, die zwangsläufig chemische Namen tragen. Kaum jemand weiß so richtig, was dahintersteckt. Amaranth, hieß es jüngst auf den Umwelt-Foren, soll hochgiftig sein! In den USA, Australien, Russland, Norwegen, Griechenland ist es bereits verboten. Aber im deutschen Bio-Müsli ist es immer noch drin! Amaranth, gepoppt,
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