Achtung Kurven

lassen. Was meinen Sie dazu, Marianne?«
    »Darüber können wir uns beim Abendessen unterhalten. Ich nehme natürlich Pichelsteiner, schon aus Tradition...«
    »Ich nehme es auch — um in die Tradition des Hauses hineinzuwachsen!«
    »Läuten Sie doch vom Bahnpostamt aus mein Hotel an, Heinz«, sagte sie, »vielleicht ist dort noch ein Zimmer frei. Ich muß sowieso ein Telegramm an meine Mutter aufgeben. Ich habe mich seit drei Tagen nicht mehr bei ihr gemeldet.«
    Er nickte ihr zu. Es fiel ihm nicht auf, daß ein Anruf vielleicht nicht gerade billiger, gewiß aber rascher in Kirst gewesen wäre als das Telegramm. Der Zug fuhr in die große, helle Hauptbahnhofshalle ein und hielt. Heinz Herold stieg als erster aus, er streckte Marianne die Hand entgegen, da die letzte Stufe des Wagens hoch über dem Bahnsteig lag. Er erwartete nicht, daß sie seine Kavaliersgeste in Anspruch nehmen würde, aber sie nahm seine Hilfe an, und für ein paar Sekunden spürte er den Druck ihrer Hand in der seinen. Nebeneinander gingen sie durch die Sperre zum Postamt, wo er eine freie Telefonkabine fand und die Nummer des Hotels wählte. Dabei hatte er das Gefühl, dem Schicksal eine Frage zu stellen. Und er atmete tief auf, als er den Bescheid erhielt, daß ein Einzelzimmer soeben frei geworden sei und für ihn reserviert werde.
    Im Schalterraum stand Marianne an einem der Schreibpulte und malte Druckbuchstaben auf ein Telegrammformular:

    HERRN EMIL ROTHE — ALLES HAT WIE AM SCHNÜRCHEN GEKLAPPT STOP FAHRSCHULE SCHÜTZ UND HEROLD ERÖFFNET BETRIEB MITTE SEPTEMBER STOP BLEIBEN VORAUSSICHTLICH ACHT TAGE IN MÜNCHEN STOP NOCHMALS DANK DANK DANK FÜR ALLES UND HERZLICHE GRÜSSE MARIANNE SCHÜTZ.