Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect
hätte kurz vor der Explosion jemanden an einem Fenster im ersten Stock gesehen. Jeder, der sich dort aufgehalten hätte, wäre verdampft, meinen die Experten, was erklären würde, warum man nicht einmal einen Fingernagel, eine Faser oder einen einzelnen Zahn gefunden hat. Andererseits frage ich mich, warum D.J. hätte bleiben sollen, nachdem er das Gas aufgedreht und den Zeitzünder eingestellt hatte, der den Kessel zur Explosion gebracht hat. Er hatte reichlich Zeit, das Haus zu verlassen, es sei denn, er hatte einen in jeder Hinsicht »finalen« Akt geplant.
Charlie begreift nicht, dass er all das getan hat. Neulich hat sie mich gefragt, ob ich glaube, dass er im Himmel ist. Am liebsten hätte ich geantwortet: »Ich hoffe bloß, dass er tot ist.«
Seine Konten sind seit zwei Monaten nicht angerührt worden, und kein Mensch hat ihn gesehen. Es gibt keinerlei Belege, dass er das Land verlassen, sich um einen Job beworben, ein Zimmer gemietet, einen Wagen gekauft oder einen Scheck eingelöst hat.
Ruiz hat die Fakten seines frühen Lebens zusammengefügt. D.J. wurde in Blackpool geboren. Seine Mutter, eine Näherin, heiratete Lenny Ende der 60er Jahre. Sie kam bei einem Verkehrsunfall
ums Leben, als D.J. sieben war. Er wuchs bei seinen Großeltern mütterlicherseits auf, bis Lenny wieder heiratete. Dann verfiel er Bridgets Bann.
Ich vermute, dass er genau die gleichen Erfahrungen gemacht hat wie Bobby, obwohl zwei Kinder nie gleich auf Missbrauch oder Sadismus reagieren. Lenny war die zentrale Figur im Leben beider Jungen, und sein Tod lag allem zugrunde.
D.J. beendete seine Lehre in Liverpool und wurde Klempnermeister. Er arbeitete für eine örtliche Firma, in der seine Kollegen sich eher respektvoll als freundlich an ihn erinnern. In einer Kneipe rammte er eines Abends eine zerbrochene Flasche in das Gesicht einer Frau, weil sie nicht über die Pointe seines Witzes gelacht hatte.
Ende der 80er Jahre verschwand er und tauchte in Thailand wieder auf, wo er eine Bar und ein Bordell betrieb. Zwei minderjährige Junkies, die versuchten, ein Kilo Heroin aus Bangkok zu schmuggeln, erklärten gegenüber der Polizei, dass sie den Lieferanten in D. J.s Bar getroffen hatten, doch D. J. hatte das Land bereits heimlich verlassen, bevor man ihn mit der Sache in Verbindung bringen konnte.
Er tauchte in Australien wieder auf, wo er auf diversen Baustellen entlang der Ostküste arbeitete. In Melbourne freundete er sich mit einem anglikanischen Pfarrer an und leitete ein Obdachlosenheim. Eine Zeit lang schien er auf den rechten Weg zurück gefunden zu haben. Keine K.o.-Schläge, gebrochene Nasen oder Rippen mehr.
Aber der äußere Schein kann trügen. Die Polizei in Victoria ermittelt jetzt das Schicksal von sechs Personen, die in einem Zeitraum von vier Jahren in dem Heim verschwunden sind und deren Sozialhilfe bis vor achtzehn Monaten weiterbezogen wurde, als D. J. wieder in Großbritannien auftauchte.
Ich weiß nicht, wie er Bobby gefunden hat, aber allzu schwierig kann es nicht gewesen sein. Bei dem Altersunterschied zum Zeitpunkt von D.J.s Verschwinden müssen sie einander praktisch
fremd gewesen sein, doch sie entdeckten ein gemeinsames Begehren.
Bobbys Rachefantasien waren genau das – Fantasien –, aber D.J. hatte die Erfahrung und Gefühllosigkeit, um sie wahr werden zu lassen. Einer war der Architekt, der andere der Baumeister. Bobby hatte die kreative Vision, D. J. das Werkzeug. Das Endergebnis war ein Psychopath mit einem Plan.
Catherine wurde vermutlich auf dem schmalen Boot gefoltert und getötet. Bobby hatte mich so lange beobachtet, dass er genau wusste, wo er die Leiche begraben musste. Er wusste auch, dass ich zehn Tage später auf dem Friedhof sein würde. Einer von beiden muss von der Telefonzelle bei der Schleuse die Polizei angerufen haben. Und die Schaufel an Tante Gracies Grabstein zu lehnen, war ein makabrer Scherz mit explosivem Ausgang.
Auch andere Teile haben sich im Laufe der Wochen ins Bild gefügt. Bobby hatte von meiner Mutter von unseren Installationsproblemen erfahren. Sie ist berüchtigt dafür, die Leute mit Geschichten von ihren Kindern und Enkeln zu langweilen. Sie hat ihm sogar Fotoalben und die Baupläne gezeigt, die wir beim Bauamt eingereicht hatten.
D.J. hat Flugblätter in die Briefkästen der Häuser in unserer Straße geworfen. Jeder kleine Job war eine weitere Empfehlung und nützlich, als es darum ging, Julianne zu überzeugen. Nachdem er einmal im Haus war, war es
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