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Ärger mit dem Borstenvieh

Ärger mit dem Borstenvieh

Titel: Ärger mit dem Borstenvieh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holgate John
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führte dann ihr Kalb von uns fort auf die andere Seite der leicht abfallenden Weide. Sie spürte vielleicht, daß wir es mit uns fortnehmen wollten.
    Howard begutachtete das Kalb zwei Tage später, als es gerade von Shirley und den Kleinen mit der Flasche gefüttert wurde.
    »Alles was man dir für es über fünfzig Pfund bezahlt, ist ein echtes Geschenk von der Kuh«, war sein Kommentar.
    »Die muß jetzt so an die hundertvierzig Pfund wert sein.«
    Er war anwesend, als vierzehn Tage später das Kalb für vierundfünfzig Pfund verkauft wurde.
    »Manche hab’n Verstand, manche hab’n Glück«, meinte er.—
    »Und manche«, erwiderte ich selbstgefällig, »riechen ein Schnäppchen, wenn’s in ihre Nähe kommt.

19

Eine Linkshänderkuh und ein Klumpfuss

    N ach der Auktion auf der Scrivener Farm wurde mir die Bedeutung einer Aussage des alten Bauern erst richtig klar, der eines Abends in der Gastwirtschaft zu mir sagte: »Wissen ist zwar eine feine Angelegenheit, aber Wissen, wie man es anwendet, kommt einer Handvoll Silbermünzen gleich.«
    Danach wurde erfolgreich eine zunehmende Eingebildetheit meinerseits abgebaut, daß ich allmählich, wie meine einheimischen Freunde, etwas von Tieren verstünde.
    Als Ellis, der Kuhspezialist, und ich auf der Farm ankamen, wimmelte es dort bereits von Leuten. Wir waren hingefahren, weil der kleine Mann ein Freund des Bauern gewesen war, dessen plötzlicher Tod die Ursache für die Auktion darstellte.
    »Gaffer Lewis wußte mit Kühen umzugehen; es werden keine schlechten dabei sein«, bemerkte er, als wir Old Lil parkten. Recht schmuck sah er mit seiner flachen Kappe und dem etwas sackartigen Tweedanzug aus, den ich vorher noch nie gesehen hatte.
    Das mochte schon stimmen, aber es schien keine große Hoffnung zu bestehen, daß ich hier Kühe finden würde, die meiner Brieftasche entsprachen. Das dachte ich, als wir uns der Prozession von Männern anschlossen, die die Herde inspizierten. Sie bestand aus vierzig Kühen der Friesenrasse und zwei weiteren Jersey-Kühen mit Rehaugen, die wegen ihrer besonders sahnigen Milch gehalten wurden. Sie waren alle in einem länglichen, niedrigen und würfelartigen Schuppen untergebracht, und zwar standen sie in zwei Reihen, in der Mitte getrennt durch die Dungrille, in der wir jetzt entlangliefen.
    Im großen und ganzen reagierten die Kühe auf so viel Aufmerksamkeit mit rindviehischer Gleichgültigkeit. Sie konzentrierten sich lieber auf das Heu in den Trögen oder waren es zufrieden, in aller Ruhe Wiederkäuen zu können, was sie mit bedächtigen, seitlichen Bewegungen des Unterkiefers genüßlich taten. Mit Ausnahme eines jungen Tieres: es wehrte sich gegen alles und jedes, was in seine Nähe kam, und kickte jeden Mann, der Mut genug hatte, es irgendwie zu berühren. Vielleicht hatte der Lärm die Kuh in eine derartige Aufregung versetzt. Doch was auch immer der Grund gewesen sein mag, wir konnten etliche witzige Bemerkungen über ihre Reaktion von einigen Typen aufschnappen, die beinahe ihr Hinterbein zu spüren bekommen hätten.
    »Menschenskind, ich hab’ schon ‘n paar wirklich wilde Biester in meinem Leben erlebt, aber die hier ist eines der schlimmsten«, sagte uns ein Mann voller Schrecken, der es gewagt hatte, ihr Euter zu berühren.
    Darauf stimmte ein anderer lachend zu. »Wenn Sie mich fragen... sie is’n bißchen verrückt. Die kann sich jemand anderer holen — ich hab’ schon Ärger genug zu Haus, den brauch’ ich mir nicht auch noch zu kaufen.«
    Genauso empfand ich auch.
    Die Tiere versorgte ein Mann von kräftiger Gestalt mit Halbglatze; er schwitzte stark, obgleich er seine Jacke ausgezogen und ein nicht allzu sauberes Hemd zur Schau gestellt hatte. Er hatte für den Verstorbenen gearbeitet und kannte Ellis.
    »Die Kühe war’n nich meine Arbeit«, erzählte er uns. »Gaffer hat sich selbst drum gekümmert. Man wagte kaum, auch nur einen einzigen Schritt in den Stall zu tun, wenn er in der Nähe war.«
    »Und was ist mit der hier los?« fragte ich ihn und zeigte auf die aufgebrachte Kuh.
    »Weiß der Teufel!« meinte er ein wenig hilflos. »War ein dolles Theater, das blöde Biest in den blöden Stall zu kriegen!«
    Ellis beruhigte ihn. »Du hast dich gut um sie gekümmert. Die hab’n sich alle recht gut rausgemacht.« Dankbar nahm der andere seine Worte auf.
    Der Landarbeiter und ein halbes Dutzend weiterer Männer, ich eingeschlossen, beobachteten mit Spannung meinen Freund, als er an die Kuh herantrat und

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