Aerzte zum Verlieben Band 52
Harbour werden händeringend Leute gesucht.“
Lily suchte sich eine billige Pension, lud ihr Gepäck ab und buchte die Unterkunft ab dem nächsten Tag. Um zehn Uhr morgens konnte sie rein.
Jetzt sah sie auf ihre Armbanduhr. Noch fünf Stunden. Aber sie war so müde, dass sie im Stehen schlafen könnte. Und sie hatte wieder diese Bauchschmerzen.
Blicklos starrte sie auf ihren Spind, während sie versuchte, nachzudenken. Bei der Vorstellung, sich noch fünf Stunden in irgendeiner Kneipe herumdrücken zu müssen, wurde ihr erst recht schlecht. Hier muss es doch Dienstzimmer für die Nachtschichtler geben, überlegte sie.
Schlafen, zwei Stündchen nur. Bis sie frühstücken gehen und in ihr Zimmer einziehen konnte.
Er hatte eine Stunde, um darüber nachzudenken, ob er alles richtig gemacht hatte. Eine lausige Stunde, dann klingelte das Telefon an seinem Bett.
„Es gibt Probleme.“ Finn war am anderen Ende der Leitung. Wer sonst … schlief der Mann denn nie?
Allerdings hatte er ihn bisher nie ohne schwerwiegenden Grund geweckt. Luke schnappte sich seine Hose, bevor Finn die nächsten Worte ausgesprochen hatte.
„Jessie“, sagte er. „Wie’s aussieht, hat er einen angeborenen Herzfehler. Jetzt droht Herzversagen. Kommst du, oder soll ich mich darum kümmern?“
„Bin schon unterwegs.“
Sie wurde wach, und da war er. Luke Williams, der attraktive Chefarzt mit den tiefgründigen Augen. Und er sah aus, als hätte er den Tod gesehen.
Das Dienstzimmer war winzig. Ein breites durchgesessenes Sofa, ein Fernseher, ein Couchtisch mit ein paar alten Zeitschriften, mehr stand nicht darin. Lily hatte sich in einer Ecke des Sofas zusammengerollt und wie ein Stein geschlafen. Bis jetzt.
Der Mann bemerkte sie nicht. Gedankenverloren starrte er auf die schwarze Mattscheibe.
Noch nie hatte sie jemanden so trostlos gesehen. „Was ist los?“, flüsterte sie.
Er zuckte zusammen. „Was tun Sie hier?“
„Ich kann erst um zehn in meine Unterkunft. Deshalb habe ich mich eine Weile hingelegt. Was ist passiert? Etwas mit Jessie?“
„Er ist tot. Herzstillstand. Er hatte einen Herzfehler, das hat uns niemand erzählt. Aber wer hatte auch die Zeit, seine Unterlagen durchzusehen? Die Aufnahmeschwester war so erschüttert, dass sie kaum einen Blick auf die Akte geworfen hat. Wir haben ihn zusammengeflickt, wir haben gedacht, er schafft es, und die ganze Zeit war sein Herzchen eine tickende Zeitbombe.“
„Wir hatten keine Wahl“, sagte sie bewegt.
„Doch. Wenn ich davon gewusst hätte … ich hätte erst dafür gesorgt, dass sein Herz stabil ist. Hauttransplantationen später.“
„Was wäre das für ein Leben gewesen?“ Ohne die sofortige Operation hätte Jessie ein jahrelanges Leiden vor sich gehabt, mit zahlreichen Transplantationen, mit einem Gesicht, das nicht sein eigenes war.
„Wenigstens hätte er gelebt. Ich …“
Sie ertrug seinen Schmerz nicht länger. Ohne nachzudenken, nahm sie seine Hände.
Als er sie ansah, begriff sie, dass es nicht nur um dieses Kind ging. Luke hatte sicher nicht zum ersten Mal einen Patienten verloren. Lily ahnte, dass eine andere Tragödie dahintersteckte.
„Ich habe ihn getötet.“
„Der Hund hat ihn getötet. Sie haben versucht, ihn zu retten.“
„Ich hätte …“
„Nicht. Tun Sie sich das nicht an.“
Ein Schaudern ging durch seinen großen, starken Körper. Lily konnte nicht anders, sie zog ihn in ihre Arme. Seine breiten Schultern bebten, während er sich seinem Kummer ergab, und Lily hielt ihn einfach nur fest.
Er hatte die Arme um sie gelegt, und ohne es zu wollen, spürte sie selbst plötzlich Halt in dieser Umarmung.
Nach den Geschehnissen der letzten Tage fühlte sich Lily wie ausgebrannt. Ihre Mutter … der Pfarrer … Dass sie ihren Job verloren hatte. Die geballte Abneigung der Stadt.
Lily wollte ihn trösten, brauchte Trost aber genauso sehr wie er.
Er durfte nicht hier sein. Er sollte diese Frau nicht in den Armen halten.
Aber daran dachte er kaum. Er dachte an Jessie, einen kleinen Rotschopf, vier Jahre alt.
Mit ihm war die Vergangenheit schlagartig wieder da gewesen wie eine verlorene Seele, die keine Ruhe fand. Vor vier Jahren war er in die Wohnung gekommen, nach einer OP, die vierzehn Stunden gedauert hatte. Erschöpft, aber glücklich hatte er nach Hannah gerufen: „Ich bin zu Hause. Wir haben es geschafft, sie wird überleben. Hannah …?“
Er fand sie im Schlafzimmer.
Bauchhöhlenschwangerschaft stand später im
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