Coogans Fluch (German Edition)
1. Kapitel
Fairbanks, April 1910
Beißende Kälte und einige Schneeflocken wirbelten herein, als sich der Hüne mit eingezogenem Kopf ins Büro zwängte.
Pete Townshead, der alternde City-Marshall Fairbanks, blickte missmutig von seinem heißen Kaffee auf. Fremde, die sein Büro aufsuchten, verhießen für gewöhnlich nichts Gutes. Erwartungsvoll blickte er in die stahlblauen Augen des riesenhaften Mannes. Die restlichen Gesichtszüge ließen sich nur vermuten. Lediglich ein von Eis und Schnee erstarrter Vollbart lugte unter der Kapuze hervor.
Wortlos schob sie der Fremde zurück, langes rotblondes Haar kam zum Vorschein, dann zupfte er ungeduldig die Handschuhe von den Fingern und ohne Pete eines Blickes zu würdigen, stapfte er zum pullernden Ofen in der Mitte des Büros. Pete nutzte die Gelegenheit, um die Kleidung des Fremden eingehender zu betrachten und er kam nicht umhin, bewundernd mit dem Kopf zu nicken. Nur Eskimos stellten solche Kleidung her. Die Stiefel aus Karibuleder, wahrscheinlich mit dem Fell einer jungen Robbe gefüttert, die Hose aus leichtem Material, doch wusste Pete von der Strapazierfähigkeit des dünnen Leders. Der Fremde öffnete seinen Mantel. Darunter kamen mindestens vier leicht zu tragende Jacken zum Vorschein. Jetzt erst fiel Pete auf, dass das Fell der Kapuze keine Eisklümpchen gebildet hatte. Nur das Fell eines Vielfraßes besaß diese Eigenschaft. So gekleidet, ließ sich die bitterste Kälte überstehen, außerdem war diese Kleidung absolut wasserdicht.
Der Marshall lehnte sich in seinem Stuhl zurück und wartete, bis sich der Fremde erwärmt hatte, dann sagte er: „Lausiges Wetter. Was führt Sie in unsere Stadt, Mister?“
Gemächlich wandte sich der Riese um, zupfte Schnee und Eis aus seinem Bart und blickte Pete offen ins Gesicht. „McLeary, Jonathan McLeary. Jäger, ich habe gehört, in der Gegend gibt's Ärger mit einem Wolf.“
Pete Townshead entspannte sich. Der Wolf war nicht sein Problem. Schon gar nicht die Männer, die versuchten, dieses mysteriöse Tier zu erlegen. Schweigend holte er eine weitere Blechtasse irgendwo aus seinem Schreibtisch hervor und reichte sie dem Jäger. „Kaffee ist in der Kanne auf dem Ofen, wird Sie wieder aufwärmen. Sind Sie schon länger in der Gegend?“
„Nein. Was ist mit dem Wolf?“, sagte McLeary, während er sich dampfenden Kaffee in die Tasse goss.
„Nun ja, der gehört nicht in meinen Zuständigkeitsbereich, ich bin nur der Stadt-Marshall. Sie können sich drüben in der County-Administration als offizieller Jäger registrieren lassen. Dort ist auch die Belohnung der Goldsucher und Farmer hinterlegt. Aber bis Sie sich ein wenig aufgewärmt haben, kann ich Ihnen auch alles Wissenswerte über „Coogans Fluch“ erzählen. Da drüben ist noch ein Stuhl.“
Der alte Marshall nickte dem düsteren Mann auffordernd zu. Irgendetwas störte Pete an dem Jäger, von dessen Gesichtszügen nicht die geringste Regung ausging. Eine Aura von Härte und Gefahr umgab den Mann und Petes sonst so unfehlbarer Instinkt versagte ihm diesmal den Dienst. Wenigstens, so fand Pete, hatte der Kerl einen aufrechten Blick.
McLeary setzte sich dem Marshall gegenüber. Trotz seiner Größe, bewegte er sich erstaunlich leichtfüßig. Sowie der Jäger saß, bohrte sich sein Blick in die Augen des Marshalls.
Pete glaubte, sein Blut würde unter diesem Blick gerinnen und nur mit Mühe gelang es ihm, im lässigen Plauderton zu sagen: „Sie sind also an unserem Wolf interessiert, besser gesagt an der Belohnung. Darf ich fragen, woher Sie kommen?“
„Dawson.“
„Dawson?“, prustete Pete. Mit vorher nie gekannter Strenge wütete der Winter über das Land. Schnee- und Eisstürme tobten unentwegt, ließen alles keimende Leben vor Kälte erstarren, bereits seit einigen Wochen blieben die Telegraphen- und Telefondrähte stumm. Der sonst auch im Winter mit Pferdekutschen befahrbare Valdez-Trail war selbst mit Hunden kaum zu bewältigen und die Wegverbindung nach Dawson galt längst als unpassierbar. Dieser wandelnde Kleiderschrank jedoch, saß ihm mit stoischem Gesichtsausdruck gegenüber und sagte, er komme aus Dawson, als wäre dies ein Sonntagsspaziergang.
Dennoch sah der Riese keineswegs so aus, als wolle er ihm einen Bären aufbinden, und so nickte Pete bedächtig und sagte: „Da haben Sie aber verdammtes Schwein gehabt, dass Sie durchgekommen sind. Wie geht's den Hunden?“
„Haben gut
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