Aerzte zum Verlieben Band 52
Obduktionsbericht. Vierzehnte Woche.
Neben ihr lag ein Brief an ihre Mutter in Kanada.
Heute Abend werde ich Luke endlich sagen, dass wir ein Kind bekommen. Ich warte schon die ganze Zeit auf den richtigen Moment … vielleicht bei einem romantischen Essen zu zweit. Aber er arbeitet so viel, dass wir uns kaum sehen. Das muss er jetzt ändern, ich möchte, dass er Zeit für uns hat. Und ich wünsche mir, dass es ein Junge wird. Hoffentlich hat er rote Haare, so wie ich. Ich möchte ihn Jessie nennen.
Heute Abend, vier Jahre später, war er nicht in der Lage gewesen, einen rothaarigen Jungen namens Jessie zu retten.
Die Frau in seinen Armen hielt ihn fest. Sie roch sauber nach Krankenhaus. Doch dann nahm er den Hauch eines lieblichen Parfums, einen schwachen Duft nach Rosen wahr. Gleichzeitig spürte Luke, wie ihr feines, seidiges Haar sein Gesicht streifte.
Er war hierhergekommen, um sich wieder zu fangen. Er hatte zwei Stunden, bevor seine erste OP auf einer langen Liste anfing. Bis dahin musste er sich im Griff haben.
Jessie.
Hannah.
Die Frau, die ihre Arme um ihn geschlungen hatte, erbebte, und er dachte: Sie ist genauso erschüttert wie ich. Luke lehnte sich ein Stück zurück und blickte ihr forschend ins Gesicht.
Dunkle Schatten verdüsterten ihre wunderschönen blauen Augen. Er begriff, dass sie ihren eigenen Albtraum durchlebte. „Lily …?“
„Halt mich einfach“, sagte sie. „Bitte.“ Und dann zog sie ihn wieder an sich.
Lass sie los, riet ihm sein Verstand. Mit dem Du, wie selbstverständlich ausgesprochen, hatte sie eine Grenze überschritten.
Aber Luke konnte nicht. Er hielt sie an sich gedrückt, und je mehr Sekunden verstrichen, umso stärker erwachte etwas anderes in ihm.
Ein Mann und eine Frau. Verlangen, das wie schwelende Glut sich ausbreitete und nur auf den Funken wartete, der das Feuer auflodern ließ.
Dumm. Verrückt. Leichtsinnig?
Es spielte keine Rolle.
Er schob die Hände unter ihre Bluse, spürte warme, samtige Haut. Ihre Brüste drückten gegen seine Brust. Ihr biegsamer Körper strahlte eine Hitze aus, die ihn benommen machte. Luke dachte an nichts anderes mehr, er musste Lily küssen, musste diese weichen, bebenden Lippen berühren.
Und dann eroberte er ihren Mund, verzweifelt, hungrig und getrieben von einer Gier nach Leben, die alles andere verblassen ließ.
„Luke …“
„Halt mich nur fest“, verlangte er jetzt, und sie tat es.
Versunken in einen leidenschaftlichen Kuss, der ihre innere Kälte überwand, klammerten sie sich aneinander.
Bis zwei Minuten später eine Pflegeschülerin ins Zimmer platzte, auf der Suche nach Lektüre für ihre Kaffeepause. Sie sah einen Mann und eine Frau in eindeutiger Umarmung.
Sprachlos begriff sie, wen sie vor sich hatte: Luke Williams, Chefarzt der Plastischen Chirurgie, ein Einzelgänger, der auf Avancen nicht einmal reagierte.
Er küsste eine Vertretungsschwester. Hatte die Hände unter ihrer Bluse. Oh, und was für ein Kuss …
Die verdutzte Zeugin keuchte ungläubig auf und trat schleunigst den Rückzug an. An ihre Lektüre dachte sie nicht mehr. Wer brauchte schon Zeitschriften, wenn das wahre Leben viel spannendere Geschichten schrieb? Direkt vor ihrer Nase …
Was für Neuigkeiten! Sie konnte es kaum erwarten, davon zu erzählen.
3. KAPITEL
Lily hatte sich für vier Wochen am Sydney Harbour Hospital verpflichtet. Das war genau drei Wochen und sechs Tage zu lang, wie ihr gleich klar wurde, als sie am Abend ihren Dienst antrat.
Von der Floristin im Blumenladen in der Eingangshalle über Pfleger, Krankenschwestern und Assistenzärzte in der Notaufnahme, wo sie eingeteilt war … jeder schien zu wissen, was am Morgen passiert war.
Sie kannten sie nicht, aber sie kannten Luke Williams. Die Gerüchteküche hatte den Siedepunkt überschritten. Dass sie sich nur getröstet hatten, dass daraus unbeabsichtigt ein leidenschaftlicher Kuss geworden war, das konnte niemand genau wissen. Was aber alle zu wissen glaubten, war eindeutig: Sie und Dr. Williams hatten im Dienstzimmer wilden Sex gehabt.
Es hatte Lily ihre gesamte Willenskraft gekostet, zur Nachtschicht zu kommen. Aber dank ihrer Mutter war sie so gut wie pleite, sie brauchte den Job. Lass sie reden, machte sie sich Mut. Man hat dich in den Armen des Chefarztes erwischt, na und? In vier Wochen bekam sie ihr Geld ausbezahlt und konnte weiterziehen.
Meinst du?, meldete sich eine feine gehässige Stimme. Was hast du dir dabei gedacht, dich diesem Mann in die
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