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Aetherhertz

Aetherhertz

Titel: Aetherhertz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Bagus
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Experten hinter alle seine möglichen Funktionen kommen würde. So verlagerte er seinen Wissensdurst eher auf die Erforschung des Schiffes, als auf nautische Regeln. Trotzdem saß er am liebsten in dem grünen Sessel und ließ dem Kapitän einen Ähnlichen errichten, ein kleines Stück hinter seinem platziert.
    Sie hatten Annabelle und Paul weggeschickt. Gustav Wissel und Wilhelm Scharenburg deckten das. Er wollte, dass sie eine Chance bekam, sich zu erholen. In Baden-Baden war der Schock über den Skandal einfach zu groß, und die Reaktionen der Bürger waren unterschiedlich. Die Geschichte kam nur in Bruchstücken und grob verfälscht an die Öffentlichkeit. Es herrschte öffentliche Entrüstung und unverhohlene Sensationsgier über die Angelegenheit »Herzblut«. Vieles von dem, was im Adlerhorst geschehen war, wollte man aber nicht der Schaulust preisgeben.
    Innerhalb der Beamtenschaft gab es große personelle Umstukturierungen – es erschütterte Karl, wie viele Frauen abhängig gemacht worden waren. Das Netz der Gauner hatte weit gereicht. Die kriminelle Struktur des Franzosen wurde sicher nur zum Teil zerstört: In ein solches Machtvakuum tritt immer schnell ein neuer Anführer. Karl war sich sicher, dass die Nachtclubs bald wieder geöffnet haben würden.
    Es gab viel zu tun und er kam nicht zur Ruhe. Hoffentlich schafften es wenigstens Annabelle und Paul, am Meer Erholung zu finden.
     
    * * *
     
    Gibt es etwas Schöneres, als mit dem Geräusch des Meeres in den Ohren zu erwachen? Annabelle räkelte sich unter der Decke und lauschte lange, bevor sie die Augen öffnete. Sie fand sich allein im Bett, Paul war wohl schon aufgestanden. Sie ging ans Fenster und sah nach draußen.
    Sie erkannte ihn etwa hundert Meter vom Haus entfernt am Strand. Der Morgen war diesig, die Wolken hingen schwer über dem Meer. Aber der Strand war weiß und die Dünengräser schwankten im Wind, der den Himmel bald von den weißen Schleiern befreien würde. Es war erst Anfang Februar, und selbst hier in der Provence war es um die Jahreszeit kühl.
    Sie zog sich schnell an und rannte dann über den Sand. Sissi entdeckte sie zuerst und begrüßte sie bellend und tanzend. Paul hatte die Brille auf, mit der er sein Käuzchen dirigierte. Sie konnte den Vogel hoch über ihnen kreisen sehen. Als er das Bellen hörte, drehte er sich um und schob die Linsen hoch auf seine Stirn. Er lächelte, als er Annabelle erkannte. Sie atmete tief die salzige Luft ein, und als sie bei ihm ankam, nahm er sie in die Arme und sie war zu Hause.
     
    Später am Tag war sie so angenehm müde, wie man es nur am Meer sein konnte. Wenn man den Wind noch auf der Haut spürt, Sand hinter den Ohren und zwischen den Zähnen knirscht, und der Hunger durch mediterrane Köstlichkeiten gestillt war.
    Sie hatten ein Feuer angezündet und lasen. Sissi schnarchte und winselte im Traum.
    Annabelle betrachtete ihre linke Hand. Sie trug hier fast nie Handschuhe, außer wenn sie Besuch bekamen, oder auf den Markt gingen. Das taube Gefühl der Hand war fast verschwunden, aber sie wusste, dass ihr Problem tiefer lag. Immer wieder spielte sie das Geschehene in Gedanken durch und fragte sich, ob sie es hätte verhindern können. Ob sie eine Wahl gehabt und eine falsche Entscheidung getroffen hatte. Ob sie selbst verantwortlich war.
    Oder, ob sie nur ein Opfer der Umstände, der Behandlung war, die Hartmanns Schergen ihr hatten angedeihen lassen, und sie nicht verantwortlich war. Dann wäre alles leichter. Oder nicht? Wäre es das? Wollte sie nur ein Spielball sein? Ein Opfer? Schwach? Sie blickte zu Paul, der völlig selbstvergessen las. Er war ihr seither nicht von der Seite gewichen und es schien so leicht, sich hinzugeben und seinem Schutz zu überlassen.
    Sie hatten Baden-Baden überstürzt verlassen, da Burger Annabelle aus dem Fokus der vielen neugierigen Augen haben wollte. Wenn sie wieder zurück kamen, sollten einige Entscheidungen getroffen werden. Danach sollte die Stiftung gegründet werden. Und dann? Was würde sie tun? Sie hatte keine Ahnung. Es machte sie nervös und unruhig. Sie sah ihren Weg nicht, fühlte sich nicht wohl bei diesen Gedanken an die Zukunft.
    Sie dachte an die Frauen, die, die gestorben waren und die, die noch auf Heilung hoffen konnten. Annabelle hatte einige Briefe von Onkel Karl erhalten, in denen er sie über die Ereignisse in Baden-Baden auf dem Laufenden hielt. Sie stand auf und holte sie.
     
    Liebe Annabelle , schrieb er in seinem ersten

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