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Aetherhertz

Aetherhertz

Titel: Aetherhertz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Bagus
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bewegte die Finger ein wenig und wappnete sich gegen einen Strom von Empfindungen, der normalerweise stattfand. Aber es fühlte sich eher an, als hätte sie eine dünne Hornhaut an der ganzen Hand, oder einen Handschuh.
    Sie erschrak, als sich plötzlich eine andere Hand auf die ihre legte. Nun öffnete sie doch die Augen und begegnete braunen Augen, die sie besorgt, aber auch ein wenig erleichtert anschauten.
    „ Paul“, wollte sie sagen, aber ihre Kehle war zu trocken.
    Er legte die andere Hand auf ihre Stirn und strich ihr über die Haare.
    „ Schsch.“
    Sie runzelte die Stirn. Er schüttelte den Kopf.
    „ Du musst liegen bleiben. Streng dich nicht an. Du hast einen Schlag gegen den Kopf bekommen.“
    Ja, sie erinnerte sich – der Leibwächter, sie hatte etwas mit seiner Hand gemacht, und er hatte sich gewehrt ... Oh Gott, was hatte sie da gemacht?
    „ Paul“, sagte sie nun doch und fing zu allem Überfluss an zu weinen.
    „ Es ist gut. Wir haben gewonnen. Depuis ist tot und Hartmann – keine Ahnung. Aber du lebst, und das ist die Hauptsache.“
    „ Friedrich?“
    Paul erzählte ihr alles. Zwischendurch gab er ihr zu trinken, und als sie endlich zu Wort kam, holte er eine Krankenschwester, die ihr auf die Toilette half. Sie bekam etwas zu essen. Die ganze Zeit wachte er über sie, als wäre sie zerbrechlich und beantwortete all ihre Fragen.
    Aber je mehr er erzählte, umso mehr schämte sie sich. Sie hatte versucht Hartmann zu töten! Sie erinnerte sich genau an das Gefühl der brodelnden, pulsierenden Wut und der zerstörerischen Macht, die sie nutzen konnte. Sie hatte ihre Hand zum Vergiften benutzt, genauso wie sie sie zum Heilen benutzen konnte. Sie war also doch verdorben, sie hatte sich nur etwas vorgemacht. Ganz kurz war dieser Zustand unterbrochen worden: als sie den Geflügelten gesehen hatte, der Hartmanns Bruder war.
    „ Ich möchte mit jemandem sprechen, der den Geflügelten kannte, eine Schwester oder einen Arzt.“
    „ Du solltest dich schonen“, widersprach Paul.
    „ Bitte, ich muss etwas wissen! Paul, ich schäme mich so. Ich muss wenigstens ein paar Geheimnisse lüften, sonst war alles umsonst!“
    Paul nickte und sprach mit einem Arzt. Kurze Zeit später betrat eine junge Frau das Zimmer. Sie hatte eine Schwesternuniform an.
    „ Das ist Schwester Ina“, sagte der Wachmann.
    „ Bitte, setzen Sie sich“, bat Annabelle die schüchterne Frau. Schwester Ina war eine zierliche kleine Person mit blasser Haut und Sommersprossen. Ihre Haare waren unter einer makellosen Haube verborgen, aber man konnte erkennen, dass sie ein rötliches blond waren – erdbeerblond, wie man es auch nannte.
    „ Erzählen Sie mir bitte von dem Geflügelten”, bat Annabelle.
    „ Nun, was soll ich sagen ... ich arbeite seit drei Jahren hier.“ Schwester Ina sprach ganz leise und Annabelle musste sich mühen, sie zu verstehen.
    „ Bitte sprechen Sie etwas lauter“, bat sie.
    Schwester Ina nickte und bemühte sich: “Er war schon immer hier. Naja, zumindest seit ich hier arbeite. In einem Sonderzimmer. Es war besonders schallisoliert und auch in den Nebenräumen wurde nur in Notfällen jemand untergebracht. Er war so empfindlich! Das kleinste Geräusch brachte ihn völlig aus der Fassung! Wir waren angewiesen, nicht mit ihm zu sprechen und nicht in seinem Raum zu verweilen. Kein Parfum, keine Seife zu benutzen, die Kleidung wurde mit viel Wasser gewaschen, damit sie nicht roch. Trotzdem hat er gelitten. Er war so tapfer! Es gab keine Heilung, sagten die Ärzte. Sich vorzustellen, dass er für immer in seiner Zelle bleiben müsste, machte mich sehr traurig.“
    Annabelle rief sich das Bild des Geflügelten vor Augen. Inmitten von all dem Chaos, dem Geschrei, dem Schneesturm, dem Dröhnen der Propeller und den Schüssen der Kämpfenden war er völlig ruhig, kraftvoll und gefasst gewesen. Das passte nicht zu der Beschreibung der Schwester.
    „ Was ist dann passiert?“
    „ Als die ersten Schüsse zu hören waren, wurde er unruhig. Zunächst hat er nur da gesessen und seine blutigen Tränen geweint, wie immer. Aber dann war sein Bruder gekommen.“
    „ Walter Hartmann?“
    „ Ja. Er hatte die Schwester auf dem Arm. Das arme Ding. Sie hatte die Behandlung noch nicht überstanden und er schleppte sie einfach herum! Aber niemand konnte ihn aufhalten, noch nie.“
     
    Paul verstand: Das Bündel, das der Geflügelte getragen hatte, war dann wahrscheinlich Katharina Hartmann gewesen. Warum ihr Bruder ihr

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