AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN
darüber etwas zu erzählen hatten. Eine hieß Kathleen Willey und behauptete, der 42. Präsident der USA habe sie ins „Oval Office“ zitiert und dort ihre Hand auf sein erigiertes Glied gelegt. Als Zeugin vor Gericht steht man unter Wahrheitspflicht, nicht nur in Amerika.
Das Internet war im Januar 1998 noch jung, keineswegs das allgegenwärtige Massenmedium unserer Zeit. Matthew Nathan Drudge, ein „konservativer Populist“ (Eigendefinition), mailte das Gerücht, das Nachrichtenmagazin „Newsweek“ habe eine Geschichte von Michael Isikoff über eine sexuelle Affäre des Präsidenten mit einer Praktikantin unterdrückt, an rund 85.000 Bezieher seines „Drudge“-Reports. Am nächsten Tag schon wusste der Poster den Namen der Clinton-Gespielin: Monica Lewinsky.
Die seriösen Magazine und Zeitungen zögerten noch ein paar Tage, die schmutzige Geschichte zu drucken, doch es fand sich auch für die „Washington Post“ ein Weg, die Affäre zu publizieren und doch den Anschein von Seriosität zu wahren. Monica Lewinsky war 21 Jahre alt, studierte Psychologie und hatte ihren „Bachelor“-Abschluss gemacht. Durch gute Beziehungen durfte sie einen Ferienjob im Weißen Haus absolvieren und suchte die Nähe zum Präsidenten. Die Praktikantin ging dabei zielgerichtet vor und signalisierte Bill Clinton bei diversen Gelegenheiten, dass mehr möglich wäre: „Intensives Flirten“ nannte Lewinsky ihre Anbahnungstaktik.
Und dann kam ihr eine schwere Budgetkrise zu Hilfe. Im Herbst 1995 konnte das amerikanische Haushaltsgesetz nicht rechtzeitig beschlossen werden. Alle Beamten wurden nach Hause geschickt. Auch die 430 Mitarbeiter des Weißen Hauses hatten Zwangsurlaub. Nur die Praktikanten durften weiter arbeiten, sie bekamen ohnehin kein Honorar. Frau Lewinsky nutzt diese Chance. Die Studentin rückt ins Zentrum der Macht, sie übernimmt den Telefondienst bei Kabinettschef Leon Panetta und kommt damit dem Präsidenten endlich nahe, gefährlich nahe.
Schon am zweiten Tag der Budgetkrise testet Monica die sexuellen Rezeptoren des Politikers. Allein im Büro des Stabschefs plaudert sie mit dem damals 49-jährigen Bill, sie schenkt dem Präsidenten ein Lächeln und bückt sich derart dekorativ, dass der Spitzensaum eines – offenbar – winzigen Tangas sichtbar wird. Bill gefällt, was er sieht. Erotische Gedanken lenken sofort vom schwierigen Geschäft, die Welt zu regieren, ab.
Auf dem kurzen Weg zur Toilette kommt Lewinsky wenig später am Büro von George Stephanopoulos vorbei. Die Türe ist offen, der Präsident befindet sich allein im Arbeitszimmer seines Presse-Sekretärs. Er bittet die Praktikantin herein, ein Scherz. Sie gesteht frank und frei, auf „Mister President zu stehen“. Clinton lacht und nimmt Witterung auf. Ob sie sein privates Büro gern sehen würde? Aber natürlich! Die junge Frau und der Präsident im Oval Office. Es ist ein trüber Abend im November und es ist schon dunkel draußen. Der Mann und die junge Frau kommen einander näher. „Darf ich Sie küssen?“, fragt der Präsident höflich. „Ja“, haucht Monica. Und dann passiert es.
Die Hände des verheirateten Politikers betasten ihre Brüste, er zieht ihr den BH aus, küsst sie, seine Finger gleiten einige Regionen tiefer. Der Präsident erweist sich als „multitaskingfähig“. Ein Anruf wird durchgestellt. Bill Clinton verhandelt mit einem Senator, es geht ums Budget. Die Praktikantin agiert professionell. Während der Präsident Politik macht, widmet sich die oben herum entblößte junge Frau der allerhöchsten Genitalregion. Und, nein, es kommt nicht zum Höhepunkt. Die Aktion bleibt unvollendet. Und wird in den nächsten Tagen wiederholt. Ein-, zwei-, mehrmals. Die Spielarten variieren leicht, der Präsident benützt eine Zigarre für sexuelle Spiele. Die Angst vor peinlicher Entdeckung gehört zum sexuellen Reiz dieser Beziehung. Während der Treffen, der Knutschereien, erinnert sich Lewinsky später, „war uns beiden klar, dass wir Lärm machten. Und manchmal … biss ich mich in die Hand, damit ich keine Geräusche machte“. Der Präsident hält der Praktikantin den Mund zu, damit sie nicht zu laut stöhnt. Wie ein Liebespaar in einer dunklen Straßenecke behalten sie die Kleidung an, weil sie jederzeit damit rechnen müssen, gestört zu werden: von einem Minister, einem Anruf eines ausländischen Staatsoberhaupts oder von einem Berater.
Einzig Clintons Privatsekretärin, Betty Currie, ist eingeweiht und agiert wie eine
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