AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN
2010.
http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/DannunzioGabriele/index.html
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-41124004.html
http://www.dieterwunderlich.de/Eleonora_Duse.htm
http://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/eleonora-duse/
http://www.time.com/time/magazine/article/0,9171,727260,00.html
http://www.novelguide.com/a/discover/aww_04/aww_04_01316.html
Alfred Redl und Stefan Horinka
Der Oberst, sein Geliebter und der Verrat
Eine Niederlage war schuld an der Aufdeckung einer Affäre, die Österreich-Ungarn in den Grundfesten erschütterte. Die Fußballmannschaft des „Deutschen Ball Clubs Sturm Prag“ verliert im entscheidenden Match gegen SK Union Holeschowitz mit 5:7 die (deutsche) Prager Meisterschaft, weil ihr bester Spieler nicht zum Anpfiff erschienen ist. Der junge Lokalredakteur Egon Erwin Kisch ist Funktionär des 1898 gegründeten „Deutschen Ball Clubs Sturm Prag“. Er ist entrüstet, weil sein Kicker-Star das Spiel versäumt hat. Es wird Konsequenzen geben. Tschechen und Deutsche spielten nach der Jahrhundertwende in der Habsburger-Monarchie bestenfalls gegeneinander Fußball, keineswegs aber in einer Mannschaft. DBC Sturm Prag (übrigens Vorbild und Namensgeber des heutigen österreichischen Vereins „FK Sturm Graz“) wird niemals Meister.
Der Vereinsvorstand Egon Erwin Kisch, im Hauptberuf Jungredakteur bei der deutschsprachigen Prager Tageszeitung „Bohemia“, ärgert sich über die Disziplinlosigkeit seines Verteidigers Wagner und macht dem Schlosser lautstarke Vorwürfe. Der Handwerker hat freilich eine schlüssige Erklärung für sein sportliches Fehlverhalten: Höchste Militärkreise hätten ihn verpflichtet, die Wohnungstür eines k. u. k. Obersten des Generalstabs aufzusperren und so die Untersuchung der Räumlichkeiten zu ermöglichen. Es sei eine merkwürdige Wohnung gewesen – zitiert das deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ im Jahr 1955 den Schlosser – „wie von einer Dame, mit Brennscheren, parfümierten Briefen und Fotos junger Männer“. Der verhinderte Kicker hat den Namen des Offiziers nicht erfahren, doch er erzählt dem Journalisten Kisch von geheimnisvollen Aktivitäten der Militärs. Es ginge um Spionage, Verrat und um „unerlaubte Beziehungen“. Das Wort „Homosexualität“ ist um 1913 nicht gebräuchlich.
Egon Erwin Kisch hat gerade vom Tod des Obersts Alfred Redl erfahren. Er weiß, dass der Generalstabsoffizier in Prag stationiert ist, er ist einem „Knüller“ auf der Spur. In der Morgenausgabe der angesehenen Zeitung „Bohemia“ lässt der Chronik-Redakteur Kisch ein Dementi in Fettbuchstaben drucken: „Von hoher Stelle werden wir um die Widerlegung der speziell in Militärkreisen aufgetauchten Gerüchte ersucht, dass der Generalstabschef des Prager Korps, Oberst Alfred Redl, der vorgestern in Wien Selbstmord verübte, einen Verrat militärischer Geheimnisse begangen und für Russland Spionage getrieben habe.“
Damit ist die Katze aus dem Sack. Die Geheimhaltung einer der größten Spionageaffären im Vorfeld des Ersten Weltkriegs scheitert. Kaiser Franz Joseph I. in Wien, der Thronfolger und die Reichstagsabgeordneten, alle erfahren aus der kleinen Notiz einer Prager Zeitung Ungeheuerliches.
Der erzwungene Selbstmord des Karriere-Offiziers steht am Ende einer Affäre, deren Tragweite im Mai 1913 noch gar nicht erfasst werden kann. Alfred Redl war seit 1907 Leiter der „Kundschafterabteilung“ im sogenannten „Evidenzbüro“, dem militärischen Nachrichtendienst der k. u. k. Armee. Diese eigentlich dem Außenministerium unterstellte Dienststelle sammelte alle militärisch bedeutsamen Informationen und legte sie täglich dem Chef des Generalstabs und einmal pro Woche auch dem Kaiser persönlich – und handschriftlich – vor. Für diese nachrichtendienstliche Aufgabe hatte die österreichisch-ungarische Armee gerade einmal zwei Dutzend Offiziere zur Verfügung. Das war ein Bruchteil der personellen, aber auch finanziellen Ressourcen, die etwa der russische Zar für Spionageaktivitäten bewilligte. Der angesehene Stabsoffizier Alfred Redl hatte also Zugang zu sämtlichen militärischen Planungen. Er war für die Aufdeckung gegnerischer Spionage verantwortlich und verkaufte nicht nur die geheimsten Aufmarsch-Pläne der Armee an das Zarenreich und an die französische Regierung, er informierte seinen Dienstherrn auch bewusst falsch über Truppenstärken, Rüstungsvorhaben und Mobilisierungspläne der russischen
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