Aibon - Land der Druiden
Die Schwäche traf ihn von einem Augenblick auf den anderen!
Der große, kräftige Mann konnte nichts dagegen tun. Er hatte plötzlich das Gefühl, als wären ihm die Beine unter dem Körper weggezogen worden. Gleichzeitig sah er die Wände auf sich zukommen. Sie schwankten, fielen nach vorn, hielten an, verzerrten sich, so dass aus ihnen Schlangenlinien wurden, um einen Moment später zu verschobenen geometrischen Figuren zusammenzuwachsen, die sich himmelan dehnten, ein Dach bildeten und auf den Mann zustürzten. Er spürte den Schlag, schmeckte Blut auf den Lippen, ertastete unter sich den harten Widerstand und hatte dennoch das Gefühl, in eine bodenlose Tiefe zu fallen.
Bäuchlings lag er auf dem Marmorboden, umgeben von einer Pracht, die man als märchenhaft bezeichnen konnte, die aber dem Gestürzten die Besinnung nicht wiederzurückgab. So blieb er liegen. Sein Atem ging nur stoßweise. Speichel rann aus dem rechten Mundwinkel, floss am Kinn entlang und benetzte als eine kleine Pfütze den Boden. Der Mann lag da, wartete, konnte nicht den kleinen Finger bewegen und wartete auf die Stimmen. Er wusste, dass sie kommen würden. Schon bei den ersten beiden Anfällen war es so gewesen, diesmal waren sie noch früher da, und man konnte sie auch als drängender bezeichnen.
»Deine Zeit ist um, Mandra Korab. Die Rache holt dich ein. Du sollst nie mehr der Besitzer deiner sieben Dolche werden. Zwei vermisst du noch, aber sie werden zu deinem Schicksal. Aus der Planke hat man dich herausholen können, aber das Grauen ist dir auf den Fersen geblieben. Du wirst uns nicht mehr entkommen. Wir vernichten dich…«
Vernichten dich,… vernichten dich…
Mehrere Male wiederholte sich das Echo der Worte in seinem Kopf, aber der Inder konnte dagegen nichts tun. Er lag auf dem kalten Boden und fand nicht einmal die Kraft, aufzustehen.
Er war ein Mensch, der sich allen Problemen gestellt hatte. Nie hatte er aufgegeben, doch dieses bewegungslose Liegen deprimierte ihn sehr, weil er nicht in der Lage war, sich zu wehren. Er war einfach auf die Hilfe anderer angewiesen, und so hart wie diesmal hatte es ihn noch nie erwischt.
Mandra Korab atmete noch immer flach und kurz. Vermischt mit einem Röcheln, einem ab und zu aufklingenden Stöhnen und dem Wissen, in den nächsten Minuten völlig apathisch zu bleiben.
Er hatte von seinem Haus aus in den prächtigen Garten gehen wollen und war schon in der Halle, als der Anfall ihn erwischte. Jetzt lag Mandra Korab wie ein Toter und wurde eingerahmt von zwei prächtigen Säulen, deren Mosaik-Motive Szenen aus der indischen Geschichte und Mythologie zeigten.
Allmählich nur verließ ihn die Kraftlosigkeit. Er stellte fest, dass seine Muskeln wieder Reaktionen zeigten. Die vom Gehirn ausgesandten Befehle nahmen sie wieder auf, und Mandra Korab gelang es zuerst, seine Finger zu bewegen. Einen nach dem anderen krümmte er. Mit den Spitzen glitt er dabei über den glatten Boden, er spürte die Kühle, sie war für ihn auch wieder ein Zeichen der Hoffnung und ein Beweis, dass seine Nerven schon reagierten.
Dennoch musste er sich in Geduld fassen. So blieb Mandra liegen und wartete auf das Kribbeln, das automatisch folgen würde, in seinen Fingern begann, hoch in die Arme stieg und dann den gesamten Körper erfasste, um den Blutkreis anzuregen.
Mandra Korab wusste, dass er zahlreiche Gegner besaß. Unter anderem die Göttin Kali und deren Diener. Aber die Feinde, die hier aus dem Unsichtbaren zuschlugen, waren fast noch schlimmer. Sie entstammten einer anderen, fernen Mythologie, die so gar nichts mit der Herkunft des Inders zu tun hatte. Es waren Druiden! Abtrünnige und gefährliche Priester, die sich in dem geheimnisvollen Land Aibon zusammengefunden hatten, in dem sich auch die letzten der beiden Dolche befanden, die Mandra unbedingt zurückhaben wollte. Sieben waren es gewesen. Fünf befanden sich in seinem Besitz, doch die letzten beiden waren in Aibon verschollen.
Die Hölle hatte dafür gesorgt, dass Mandras Dolche verstreut wurden. Daraufhin hatte eine gewaltige Hetzjagd begonnen, und nicht allein der Inder hatte sich daran beteiligt, auch seine englischen Freunde, zu denen er John Sinclair, Suko und Bill Conolly zählte. [1] Daran musste er denken. Dass ihm so etwas gelang, gab ihm wieder Mut. Ein Zeichen, dass sein Kreislauf einigermaßen in Ordnung war. Liegenbleiben wollte Mandra nicht. Er war ein Mensch, der es sich nicht einfach machte, der viel forderte, aber selbst noch
Weitere Kostenlose Bücher