Akte X
außerirdischen Rettungskammer mit dem Wrack in die Luft gehoben worden war... und von dort in die Unendlichkeit des Kosmos. Glücklicherweise hatte der Krankenhausaufzug seine Endstation im vierten Stock.
Cassandra Rubicon lag auf ihrem Bett, umgeben von gebleichten Tüchern, den Kopf bandagiert wie ein Bürgerkriegsveteran. Sie sah in einen Fernseher, der unterhalb der Decke an der Wand hing, und verfolgte mit einer Mischung aus Langeweile und Belustigung eine Nachmittagstalkshow für Frauen – heute mit dem Thema: Ist mein Mann ein Alien?
»Ich hätte daran denken sollen, meinen Videorecorder zu programmieren«, meinte Mulder. »Diese Sendung wollte ich nicht verpassen.«
Cassandra sah ihn in der Tür stehen, und ihr Gesicht hellte sich auf. »Es gibt ein paar Dinge, die ich da draußen im Dschungel nie vermisse«, lächelte sie schwach, griff nach der Fernbedienung und drückte auf den OFFKnopf. Nach einem letzten empörten Aufflackern schrumpfte das Bild auf dem Schirm zu einem schwarzen Nichts zusammen.
»Geht es Ihnen besser?« fragte Mulder und trat näher. »Viel... Und Sie sehen auch erheblich besser aus.« Auf dem Tablett neben ihrem Bett stand ihr kaum
angerührtes Mittagessen. »Sie sollten Ihren Nachtisch essen – schließlich haben Sie eine ziemlich harte Zeit hinter sich.«
Erneut lächelte sie etwas gequält. Die dicken Verbände verdeckten den Großteil ihres zimtbraunen Haars. »Nun ja, Archäologie ist nichts für Schwächlinge, Mr. Mulder.«
»Bitte nennen Sie mich einfach Mulder... Ich habe noch immer das Gefühl, daß Mister Mulder der Name meines Vater ist.«
Als Mulder seinen Vater erwähnte, verdüsterte sich der Blick der jungen Frau.
»Ich muß Sie etwas fragen, Cassandra«, sagte er in ernsterem Ton, »da alles, was wir gesehen haben, restlos zerstört worden ist. Hat Ihr Team zufällig irgendwelche Notizen, Fotos, irgendwelche greifbaren Beweise von der Anlage in Xitaclan herausgeschmuggelt?«
Sie schüttelte den Kopf, zuckte schmerzhaft zusammen und verzog das Gesicht. »Nein, nicht das geringste. Mein ganzes Team ist da unten geblieben: John und Cait, Christopher und Kelly – alle tot, umgekommen, als ihre Laufbahn gerade erst anfing... Sogar... mein Vater wurde meinetwegen ermordet, wegen Xitaclan.« Sie schluckte und sah dann zum Fernseher hinauf, als wünschte sie, sich wieder durch die Talkshow ablenken und diesem Gespräch aus dem Weg gehen zu können. »Nein, Mulder, es ist alles weg, einschließlich unserer Aufzeichnungen. Das einzige, was ich habe, sind meine Erinnerungen – und selbst die sind nicht allzu klar.«
Hilflos stand Mulder neben ihr und betrachtete unverwandt seine Fußspitzen, während er nach den richtigen Worten suchte.
Cassandra schien sich in sich selbst zurückzuziehen, als suche sie nach einer inneren Kraftquelle. Als sie sprach, war er überrascht. »Es gibt immer noch tausend Grabungsstätten in Yucatan, Mulder. Vielleicht werde ich eine neue Expedition zusammenstellen, sobald ich wieder auf den Beinen bin... Wer weiß, was wir noch alles finden?«
Mulder gestattete sich ein kleines Lächeln. »Ja – wer weiß?«
39
Scullys Wohnung, Annapolis, Maryland Sonntag, 13. 07 Uhr
Während ihr kleiner Hund zusammengerollt auf dem Sofa schlief, schaltete Scully ihren Computer ein, setzte sich an den Schreibtisch und holte tief Luft.
Das ist doch was anderes, als im insektenverseuchten Dschungel Mittelamerikas herumzuirren, dachte sie. Eine erhebliche Verbesserung.
Nun, da sie wieder zu Hause war, mußte sie ihre Gedanken sammeln, um an dem offiziellen Bericht über Xitaclan zu arbeiten, und so lange mit den Teilen dieses Puzzles jonglieren, bis sie schließlich zusammenpaßten. Es gab noch andere Fälle, andere Ermittlungen... andere X-Akten. Sie mußte den Fall Xitaclan schließen und nach vorn blicken.
Entspannt schlug sie die Beine übereinander und legte sich einen linierten Notizblock aufs Knie, um sich Stichpunkte zu machen und ihre Argumentation zu umreißen, bevor sie den Bericht in den Computer eingab. Sie notierte sich mehrere Gliederungsaspekte und ordnete ihre Ideen in weit abgesteckte Kategorien ein.
Ihr konkreter Auftrag – nach den vermißten Mitgliedern des Archäologenteams zu suchen – war erfüllt. Scully war dankbar, einen Fall als ABGESCHLOSSEN markieren zu können, zumindest offiziell. Assistant Director Skinner würde das zu schätzen wissen.
Auf einem Blatt listete sie die Namen der vier ermordeten Teammitglieder
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