Alcatraz und die letzte Schlacht: Band 4 (German Edition)
mit den Bibliothekaren unterzeichnete. Inzwischen hatte die Lage hier sich beruhigt. Und wie zu erwarten hatten andere Leute– Leute mit mehr Erfahrung als Bastille und ich– die wichtigen Aufgaben übernommen. Ich war zwar ein Smedry und sie ein voll ausgebildeter Ritter von Crystallia, aber wir waren beide erst dreizehn. In den Freien Königreichen maß man dem Alter zwar keine allzu große Bedeutung bei, aber eine gewisse Rolle spielte es eben doch.
Bastille hatte während ihrer Kindheit eine gründliche Ausbildung erhalten und war schon als junges Mädchen zum Ritter geschlagen worden. Die anderen Ritter ihres Ordens erwarteten von ihr, dass sie viel trainierte, um frühere Patzer wettzumachen. Deshalb war sie den halben Tag damit beschäftigt, in Crystallia ihre Pflichten zu erfüllen.
Ich verbrachte meine Tage in Nalhalla gewöhnlich mit Lernen. Zum Glück war das hier viel interessanter als früher in meiner schweigeländischen Schule. Ich lernte zum Beispiel, wie man Okulatorenlinsen benutzte, wie man Verhandlungen führte und wie man mit den Waffen der Freien Untertanen umging. Mir wurde allmählich klar, was von einem Smedry erwartet wurde: Er musste eine Mischung aus einem Geheimagenten, einem Elitesoldaten, einem Diplomaten, einem General und einem Käsekoster sein.
Ich will nicht lügen. Es war total cool. Statt den ganzen Tag herumzusitzen und Biologiearbeiten zu schreiben oder mir anzuhören, wie Mr. Layton, mein früherer Mathelehrer, die Vorzüge des Faktorisierens pries, musste ich Teddybärengranaten werfen und von Gebäuden springen. Am Anfang machte das großen Spaß.
Okay, nicht nur am Anfang, sondern DIE GANZE ZEIT.
Aber etwas fehlte. Davor hatte ich zwar wild herumimprovisiert, ohne so recht zu wissen, was ich tat, doch ich war an wichtigen Missionen beteiligt gewesen. Und Bastille ebenfalls. Jetzt waren wir nur… na ja, eben Kinder. Und das war ärgerlich.
»Es muss etwas geschehen!«, rief ich aus. »Etwas Aufregendes.« Wir schauten erwartungsvoll aus dem Fenster.
Eine Drossel flog vorbei. Doch sie explodierte nicht. Und sie entpuppte sich auch nicht als getarnter Ninja-Vogel der Bibliothekare. Trotz meines dramatischen Ausrufs geschah leider überhaupt nichts Interessantes. Und in den nächsten drei Kapiteln wird auch nichts Interessantes geschehen.
Tut mir leid. Ich fürchte, das wird ein ziemlich langweiliges Buch. Holt tief Luft. Jetzt kommt der schlimmste Teil.
KAPITEL 6
Puh! Das waren ein paar stinklangweilige Kapitel, was? Ich weiß, ihr wolltet gar nicht in allen Einzelheiten erfahren, wie das nalhallische Abwassersystem funktioniert. Und ihr hattet auch keinerlei Interesse an einer gelehrtenhaften Erläuterung des ursprünglichen nalhallischen Alphabets, dessen Schriftzeichen aus logografischen Darstellungen des alten Cabafloo hervorgingen. Und bei der drastischen und detailreichen Beschreibung, wie es sich anfühlt, wenn einem der Magen ausgepumpt wird, ist euch natürlich schlecht geworden.
Aber ärgert euch nicht, denn die Informationen aus den Kapiteln 3, 4 und 5 sind äußerst wichtig für das Verständnis von Kapitel 3 7. Ohne sie würdet ihr weiter hinten im Buch überhaupt nicht mehr durchblicken. Deshalb habe ich sie euch zuliebe eingefügt. Ihr könnt mir später dafür danken.
»Moment mal«, sagte ich und deutete durch die transparente Glaswand des Granatenlagerraumes. »Diesen Vogel kenne ich doch.«
Ich meinte nicht die Drossel, sondern einen riesigen Glasvogel, der unweit von uns aus der Stadt aufflog. Das war die Hawkwind, die mich zum ersten Mal nach Nalhalla gebracht hatte. Sie war ungefähr so groß wie ein kleines Flugzeug und komplett aus einem wunderschönen durchscheinenden Glas erbaut.
Meine Leser aus den Ländern des Schweigens fragen sich vielleicht, wie ich dieses Luftschiff von den vielen anderen, die in Nalhalla starteten und landeten, unterscheiden konnte. Das fragt ihr euch nur deshalb, weil bei euch die Bibliothekare dafür sorgen, dass alle Transportmittel gleich aussehen. Alle Flugzeuge einer bestimmten Größe gleichen sich. Und die meisten Kraftfahrzeuge– vom Lastwagen bis zum Kleinwagen– ähneln sich auch. Eines sieht aus wie das andere. Nur die Farbe dürft ihr selbst auswählen. Ganz toll!
Die Bibliothekare behaupten, das müsste so sein, wegen der Herstellungskosten, der Fließbandfertigung und so. Das ist natürlich gelogen. Der wahre Grund, warum alles gleich aussieht, hat etwas mit Unterhosen zu tun.
Das werde ich
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