Alex Benedict 01: Die Legende von Christopher Sim
sich vor und streckte die Hand aus. Sie war groß und knochig, hart von vieler Arbeit.
» Wissen Sie, wer er war?« fragte Scott.
»Ja. Die Äbte haben es immer gewußt. Ich fürchte, der Bischof weiß es auch. Doch das war unumgänglich.«
»Dann war er vierzig Jahre lang hier«, rechnete Scott erstaunt nach.
»Er war vierzig Jahre lang sporadisch hier«, sagte Thasangales. »Er war kein Ordensmitglied. Er hat nicht einmal dem Glauben angehört, obwohl einiges darauf hindeutet, daß er stark mit der Kirche sympathisierte.« Der Abt blickte sehnsüchtig zu den fernen Hügeln. »Unseren Unterlagen zufolge kam und ging er ziemlich häufig. Aber es freut uns, daß St. Anthony sein Heim war.«
»Haben Sie irgendwelche Dokumente? Hat er irgendwelche Aussagen gemacht? Hat er erklärt, was geschehen ist?«
»Ja.« Der Abt verschränkte die Arme vor der Brust und sah den größeren Mann freundlich an. »Ja, wir haben mehrere seiner Dokumente, eigentlich sogar Manuskripte. Besonders in einem scheint er den Versuch unternommen zu haben, systematisch den Aufstieg und Fall von Zivilisationen darzustellen. Er ist in dieser Angelegenheit wohl beträchtlich weiter gegangen als jeder vor ihm. Dann haben wir noch mehrere geschichtliche Darstellungen, eine Reihe philosophischer Aufsätze und seine Memoiren.«
Scotts Atem schien zu stocken.
»Das alles haben Sie? Und Sie haben es die Welt nie wissen lassen?«
»Es war sein Wunsch. ›Gebt ihnen nichts davon‹, hat er gesagt, ›bis sie kommen und danach fragen.‹« Er sah Scott eindringlich in die Augen. »Ich nehme an, diese Stunde ist nun wohl gekommen.«
Scott fuhr mit den Fingern über den Grabstein. Trotz der Kälte des Nachmittags fühlte er sich warm an. »Ich glaube, ich nehme das Zimmer, das Sie mir angeboten haben. Und, ja, ich würde gern sehen, was er zu sagen hat.«
ENDE
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